Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Die Tarifermäßigung für eine Abfindung setzt eine Zusammenballung von Einkünften voraus. Diese Zusammenballung liegt vor, wenn die Abfindung höher als die Summe der entgangenen Einnahmen des Veranlagungszeitraums ist. Die Zusammenballung berechnet sich nicht stets nach den Lohneinkünften der Vorjahre.
Sachverhalt
Dem Kläger, einem Arbeitnehmer, wurde zum 31.12.2002 betriebsbedingt gekündigt. Zum 1.1.2003 schloss er mit seinem Arbeitgeber einen neuen Arbeitsvertrag mit neuen arbeitszeitlichen und finanziellen Bedingungen ab. Dadurch verringerte sich der monatliche Arbeitslohn. Im März 2003 wurde ein Abwicklungsvertrag abgeschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis beendet werden sollte. Als Ausgleich für die entgehenden Lohneinkünfte zahlte der Arbeitgeber dem Kläger eine Abfindung, für die in der Steuererklärung 2003 die Tarifermäßigung gem. § 34 EStG beantragt wurde. Dies lehnte das Finanzamt jedoch ab, da es an einer Zusammenballung von Einkünften fehlte. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt. Der Senat vertritt die Auffassung, dass eine die Tarifbegünstigung rechtfertigende Entschädigung im Falle eine Abfindung nur dann vorliegt, wenn die Höhe der Abfindung die Summe der Einnahmen bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Veranlagungszeitraum übersteigt. Die Tarifbegünstigung soll ein Ausgleich sein für die progressionsbedingte Steuermehrbelastung von Einkünften, die in einem Veranlagungszeitraum zufließen, obwohl sie sich wirtschaftlich auf mehrere Veranlagungszeiträume beziehen. Bei der Feststellung, ob eine Zusammenballung vorliegt, sind nicht in jedem Fall die Lohneinkünfte der Vorjahre zugrunde zu legen. Vielmehr sind Änderungen des Arbeitsvertrages (z.B. Änderungskündigung), die zu einem geringeren Lohn führen, zu berücksichtigen.
Hinweis
Das Urteil des FG ist nicht rechtskräftig (Az. beim BFH XI R 23/07). Das FG weicht insoweit von der bisherigen Rechtsprechung ab, als es sich bei der Berechnung der Zusammenballung nicht an den Lohneinkünften der Vorjahre orientiert. So muss sich der BFH insbesondre mit der Problematik der Berechnung einer Zusammenballung beschäftigen. Wirtschaftlich betrachtet ist die Argumentation des FG überzeugend.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 14.06.2007, 3 K 3466/05 E