Leitsatz
Leistet der Arbeitgeber im Rahmen eines ausgelagerten Optionsmodells zur Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer Zuschüsse an einen Dritten als Entgelt für die Übernahme von Kursrisiken, so führt dies bei den Arbeitnehmern zu Sachlohn, wenn die Risikoübernahme des Dritten auf einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beruht.
Normenkette
§ 8 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 2 Satz 9, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine AG, bot ihren Arbeitnehmern Vermögensbeteiligungen u.a. im Rahmen eines sog. innovativen Modells an. Insoweit bestand für die Arbeitnehmer der Klägerin und ihrer Konzernunternehmen die Möglichkeit, sich an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (Beteiligungs-GbR) zu beteiligen. Alleiniger Geschäftszweck der Beteiligungs-GbR war es, ein Paket Aktien der Klägerin zu erwerben, zu halten und zu verwalten.
Die Arbeitnehmer erhielten für eine Bareinlage von 300 DM einen Anteil am Aktienpaket im Emissionswert von 1 500 DM. Der Differenzbetrag von 1 200 DM wurde durch ein verzinsliches Darlehen der X (Bank) an die Beteiligungs-GbR finanziert. Zur Verwaltungsoptimierung und Risikoverlagerung wurde das Aktienpaket der Beteiligungs-GbR im Rahmen einer Wertpapierleihe gegen Kompensationszahlungen und eine Leihgebühr auf die Bank übertragen.
Während der Dauer der Wertpapierleihe konnte die Bank über die geliehenen Aktien frei verfügen. Anstelle der jährlichen Zinszahlung konnte die Beteiligungs-GbR wahlweise ihre Ansprüche aus der Wertpapierleihe an Erfüllungs Statt an die Bank abtreten. Das Darlehen hatte eine Laufzeit von etwas mehr als fünf Jahren. So lange sollte auch die Beteiligungs-GbR bestehen. Am Laufzeitende war das Darlehen an die Bank zurückzuzahlen, wobei der Rückzahlungsbetrag von der Notierung der Aktie der Klägerin am Rückzahlungstag abhängig war. Lag der Wert der Aktie unter dem Wert bei Darlehensabschluss, fiel der Rückzahlungsbetrag um den Unterschiedsbetrag, sodass die Arbeitnehmer ihre Bareinlage von 300 DM in voller Höhe zurückerhielten. Für die Übernahme des Kursrisikos und die Gewährleistung der Rückzahlung der Bareinlage zahlte die Klägerin der Bank einen Modellkostenzuschuss (Zuschuss) von insgesamt 220 DM für jeden beteiligten Arbeitnehmer, der bis zum Laufzeitende der Beteiligungs-GbR in monatlichen Teilbeträgen geleistet wurde.
Im Anschluss an eine LSt-Außenprüfung sah das FA den Zuschuss für die Streitjahre (1996 und 1997) als steuerpflichtigen Arbeitslohn an, da der Zuschuss eine Kostenerstattung seitens der Klägerin gegenüber den Arbeitnehmern für die Absicherung des Kursrisikos durch die Bank darstelle. Das FA erließ u.a. einen Nachforderungsbescheid über LSt nebst Annexsteuern. Das FG gab der Klage statt (EFG 2004, 1368).
Entscheidung
Die Revision des FA blieb erfolglos. Der Zuschuss der Klägerin an die Bank stelle einen Sachbezug dar. Die Klägerin habe durch den Zuschuss nicht eine fremde Dienstleistung im abgekürzten Zahlungsweg finanziert, sondern den Arbeitnehmern selbst über die Bank eine Dienstleistung verschafft (vgl. auch BFH, Urteil vom 26.11.2002, VI R 161/01, BFH-PR 2003, 177). Die geldwerten Vorteile der Arbeitnehmer überstiegen den Betrag von 50 DM im Kalendermonat nicht. Der Sachbezug sei folglich nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (a.F.) steuerfrei.
Hinweis
1. Die Abgrenzung von Barlohn und Sachlohn sowie die Bewertung von Bezügen nach § 8 EStG bereiten in vielen Fällen nicht unerhebliche Schwierigkeiten.
Wendet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Geld zu, ist dieses mit dem Nennwert anzusetzen; einer Bewertung bedarf es nicht. Eine Abweichung vom Nominalprinzip ist weder geboten noch statthaft.
Besteht der Arbeitslohn in einem Sachbezug, ist deren Geldeswert nach § 8 Abs. 2 (bzw. Abs. 3) EStG zu bestimmen. Satz 1 der Vorschrift bestimmt (als Grundnorm), dass bei Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, grundsätzlich als Bewertungsmaßstab die -- um übliche Preisnachlässe geminderten -- üblichen Endpreise am Abgabeort anzusetzen sind. Spezialregelungen finden sich in Abs. 2 Sätze 2 bis 5 hinsichtlich der Bewertung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines Kfz an Arbeitnehmer; die Sätze 6 bis 8 enthalten spezielle Vorschriften für die Bewertung anderer Sachbezüge.
Schließlich enthält Satz 9 eine Freigrenze für die nach Abs. 2 Satz 1 zu bewertenden Sachbezüge (derzeit 44 €, im Besprechungsfall: 50 DM).
2. Die Bestimmung, ob Bar- oder Sachlohn des Arbeitnehmers vorliegt, bereitet mitunter -- wie auch im Besprechungsfall -- erhebliche Schwierigkeiten. Insoweit obliegt es in erster Linie den FG, die entscheidenden vertraglichen Leistungsbeziehungen zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und ggf. einem Dritten zu ermitteln.
Im Besprechungsfall war entscheidend, dass die Klägerin (Arbeitgeberin) einen Zuschuss zugunsten der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen Verpflichtung gegenüber einer Bank geleistet hatte. Der Zuschuss bildete das Entgelt dafür, dass die Bank das Risiko aus der Wertentwicklung der von den Arbeitnehmern über...