Leitsatz

Zivilprozesskosten sind unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (Rechtslage bis einschließlich VZ 2012)

 

Sachverhalt

Im Streitfall wurde im Rahmen einer Ehescheidung vor dem Amtsgericht ein Vergleich geschlossen, der hinsichtlich seiner Durchführung zu einer den Steuerpflichtigen belastenden Entscheidung sowie zu einer hiergegen gerichteten Beschwerde des Steuerpflichtigen vor dem OLG führte. Das Beschwerdeverfahren wurde durch den Verkauf einer im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehenden Immobilie sowie Tilgung einer Darlehensverbindlichkeit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die hieraus resultierenden Kosten sowie weitere, außerhalb des Gerichtsverfahrens angefallene Anwaltskosten machte der Steuerpflichtige unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des BFH als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend.

 

Entscheidung

Das FG gab dem Steuerpflichtigen insoweit Recht, als die durch das Beschwerdeverfahren verursachten Kosten nach der geänderten Rechtsprechung des BFH als zwangsläufig i. S. v. § 33 EStG anzusehen sind. Denn im Hinblick auf das staatliche Gewaltmonopol lassen sich streitige Ansprüche regelmäßig nur gerichtlich durchsetzen oder abwehren. Die Parteien sind zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten auf den Weg vor die Gerichte verwiesen. Zivilprozesskosten erwachsen deshalb unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Derartige Aufwendungen sind jedoch nur als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat, sondern das Kostenrisiko unter verständiger Würdigung des Für und Wider eingegangen ist. Im Streitfall waren die Prozesskosten für das Amtsgerichtsverfahren ebenso wie die Verfahrenskosten für das nach dem Fehlurteil notwendig gewordene Beschwerdeverfahren beim OLG zwangsläufig entstanden, nicht jedoch darüber hinaus geltend gemachte Anwaltskosten zur Abwendung eines Verfahrens, das bereits Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung im Beschwerdeverfahren vor dem OLG war.

 

Hinweis

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt, die unter dem Az. VI R 19/13 beim BFH anhängig ist. Damit sind bereits eine Reihe von Revisionsverfahren anhängig, die daraus resultieren, dass die Finanzverwaltung die geänderte Rechtsprechung des BFH nicht allgemein anwendet. Die noch ausstehenden Revisionsentscheidungen haben allerdings nur Bedeutung für die Rechtslage bis einschließlich VZ 2012. Ab dem VZ 2013 hat der Gesetzgeber die bisherige (engere) Verwaltungs- und bisherige Rechtsprechungssicht in § 33 Abs. 1 EStG gesetzlich festgeschrieben.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.12.2012, 5 K 155/12

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