OFD Frankfurt, Verfügung v. 11.9.2013, S 2244 A - 37 - St 214
Der Bundesfinanzhof orientiert sich in seinen Entscheidungen zur Berücksichtigung von Darlehen und Bürgschaften als nachträgliche Anschaffungskosten bei § 17 EStG bisher strikt an den im Gesellschaftsrecht normierten Eigenkapitalersatzregeln (vgl. BMF-Schreiben vom 8.6.1999, BStBl 1999 I S. 545). Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) wurde das Eigenkapitalersatzrecht zum 1.11.2008 grundlegend dereguliert. Die Bestimmungen über kapitalersetzende Darlehen (§§ 32a, 32b GmbHG) wurden aus dem GmbHG entfernt und im Insolvenzrecht sowie im Anfechtungsgesetz neu geordnet. Die gesetzlichen Neuerungen sind auf Insolvenzverfahren anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten des MoMiG am 1.11.2008 eröffnet worden sind. Für Insolvenzeröffnungen vor dem 1.11.2008 gelten die bisherigen gesetzlichen Regelungen fort (Art. 103d EGInsO).
I. Zwerganteilsprivileg
1. Rechtslage für Insolvenzeröffnungen bis 30.10.2008 (§ 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG)
Die Regeln über den Eigenkapitalersatz gelten gemäß § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG nicht für Gesellschafter, die mit 10 % oder weniger am Kapital der GmbH beteiligt und nicht Geschäftsführer der Gesellschaft sind. Für den persönlichen Geltungsbereich der Eigenkapitalersatzregeln kommt es auf die Verhältnisse nach Kriseneintritt an (BFH-Urteil vom 2.4.2008, BStBl 2008 II S. 706).
Zivilrechtlich und wirtschaftlich betrachtet stellt dieses Zwerganteilsprivileg eine Erleichterung für die Gesellschafter dar, da die grundsätzlich eigenkapitalersetzenden Darlehen und sonstigen Finanzierungshilfen im Ergebnis wie die fremder Dritter behandelt werden (kein Rangrücktritt hinter den übrigen Gläubigern) und insbesondere nicht der Rückzahlungssperre des § 30 GmbHG unterliegen. Die zivilrechtliche Privilegierung führt jedoch zu nachfolgend genannten einkommensteuerrechtlichen Benachteiligungen im Bereich des § 17 EStG:
Ein Gesellschafter, der unter das Zwerganteilsprivileg fällt, kann aufgrund des Absenkens der maßgeblichen Beteiligungsgrenze in § 17 Abs. 1 EStG auf 10 % bzw. 1 % zwar eine Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 1 EStG innehaben. Ihm können jedoch infolge der zwingenden Vorgabe durch das Kapitalersatzrecht in § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG keine nachträglichen Anschaffungskosten aus dem Verlust von Finanzierungshilfen entstehen (BFH-Urteil vom 20.8.2013, Az. IX R 43/12). Dies gilt auch für Finanzplandarlehen (FG Rheinland-Pfalz vom 23.7.2008, EFG 2008 S. 1602; FG Köln vom 25.6.2009, EFG 2009 S. 1740; FG Düsseldorf vom 23.7.2009, EFG 2009 S. 1830).
Das Gleiche gilt für Dritte, die der Gesellschaft aufgrund eigener Verpflichtungen Beträge zuwenden. Auch ihre Finanzierungshilfen können nur als Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters berücksichtigt werden, wenn die Finanzierungshilfen eigenkapitalersetzend sind. Ist also der Gesellschafter, aus dessen Vermögen diese Leistungen wirtschaftlich erfolgen sollen, nicht zu mehr als 10 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und ist er kein Geschäftsführer, können derartige Aufwendungen steuerlich nicht berücksichtigt werden.
2. Rechtslage für Insolvenzeröffnungen ab 1.11.2008 (§ 39 Abs. 5 InsO)
Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO treten grundsätzlich alle Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens im Rang zurück. Hiervon ausgenommen sind nach § 39 Abs. 5 InsO Darlehen eines nicht geschäftsführenden Gesellschafters mit einer Beteiligung von 10 % oder weniger. Damit gelten auch für Insolvenzeröffnungen nach dem 31.10.2008 die gleichen steuerlichen Folgen wie im bisherigen Eigenkapitalersatzrecht des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG.
3. Auswirkungen der Abgeltungsteuer ab VZ 2009
Seit Einführung der Abgeltungsteuer wird der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art der Besteuerung unterworfen (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG). Hierzu zählt u.a. die Veräußerung von Darlehensforderungen, wenn diese nach dem 31.12.2008 angeschafft bzw. begründet wurden (vgl. BMF-Schreiben vom 22.12.2009 Rz. 58, BStBl 2010 I S. 94).
Entgegen der in der Literatur vertretenen Auffassung fällt der Darlehensausfall eines Zwerganteilsgesellschafters infolge der Insolvenz der Gesellschaft nicht unter § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG, da § 17 EStG wegen § 20 Abs. 8 EStG vorrangig Anwendung findet. Unabhängig davon zählt der Forderungsausfall bei § 20 EStG nicht als Veräußerung (vgl. BMF-Schreiben vom 22.12.2009 Rz. 60, BStBl 2010 I S. 94). Gleiches gilt für den Verzicht auf die Darlehensforderung, soweit keine verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft vorliegt, die Forderung also bereits wertlos ist (vgl. BMF-Schreiben vom 22.12.2009 Rz. 61, BStBl 2010 I S. 94).
4. Auswirkungen auf das Aktienrecht
Im Aktienrecht fehlt eine dem § 32a Abs. 3 GmbHG entsprechende Regelung. Daher ist bei einer AG das Eigenkapitalersatzrecht regelmäßig erst ab einer Beteiligungsquote von mehr als 25 % (Sperrminorität) anwendbar. Erst ab einer solchen Beteiligung ist ein Gesellschafter „unternehm...