6.1 Grundsätzliche Abgrenzung
Rz. 70
Mit unterschiedlichen Transparenzstandards nutzt die Börse ihren Gestaltungsspielraum über die gesetzlich definierten Marktsegmente hinaus, entsprechende Rahmenbedingungen für den Kapitalmarktzugang bereitzustellen. Dabei ist für den Emittenten jeweils eine Notierung im Amtlichen Handel oder im Geregelten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse Voraussetzung zur Aufnahme in einen der beiden Standards. So müssen Emittenten im General Standard und Prime Standard erweiterte Transparenzanforderungen erfüllen. Emittenten im Prime Standard müssen über das Maß des General Standards hinausgehende internationale Informationsanforderungen erfüllen. Der Scale ermöglicht insbesondere kleineren und mittleren Unternehmen eine einfache, schnelle und kosteneffiziente Einbeziehung in den Börsenhandel.
Rz. 71
Vor allem der Prime Standard verpflichtet die Emittenten zu umfangreichen, über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Zulassungsfolgepflichten. Hierzu gehört gerade auch die Zwischenberichterstattung.
6.2 General Standard
Rz. 72
Im General Standard sind die Mindestanforderungen des Gesetzgebers für den Geregelten Markt relevant. Somit gelten für Emittenten des Börsensegments General Standard die gesetzlichen Vorschriften des § 115 WpHG (bis 2.1.2018 § 37w WpHG) für die Zwischenberichterstattung. Damit sind auch die im General Standard notierten Emittenten zumindest zur Halbjahresberichterstattung verpflichtet. Grundsätzlich ergibt sich daraus aber nicht zwingend eine Zwischenberichterstattung nach IAS 34. Als Rechnungslegungsmethode kommen aber für Mutterunternehmen dennoch die IFRS zur Anwendung, da es sich um börsennotierte Unternehmen handelt. Denn nur in Ausnahmefällen sind börsennotierte Gesellschaften nicht zur Konzernrechnungslegung verpflichtet.
6.3 Prime Standard
Rz. 73
Unternehmen, die im Prime Standard notiert sind, erfüllen über die Anforderungen des General Standard hinausgehende Transparenzanforderungen. § 51 BörsO FWB orientiert sich an den gesetzlichen Anforderungen des WpHG. Für konzernrechnungspflichtige Unternehmen im Prime Standard verlangt § 52 Abs. 1 BörsO FWB einen Halbjahresfinanzbericht gemäß § 115 Abs. 2–4 WpHG (bis 2.1.2018 § 37w WpHG) und eine Quartalsmitteilung gemäß § 53 BörsO FWB. Diese beinhaltet vor allem Informationen über die Geschäftstätigkeit des Emittenten im entsprechenden Zeitraum einschließlich Aussagen zu wesentlichen Ereignissen und Geschäften. Darüber hinaus ist auf die Auswirkungen auf die Finanzlage einzugehen. Des Weiteren sind Abweichungen zu früheren Prognosen anzugeben. Ein Quartalsfinanzbericht kann die Quartalsmitteilung ersetzen (§ 53 Abs. 6 BörsO FWB).
Rz. 74
Alle Berichte sind nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BörsO FWB bzw. § 53 Abs. 4 Satz 1 BörsO FWB grundsätzlich in deutscher und englischer Sprache abzufassen. Für Emittenten mit Sitz im Ausland reicht eine englische Version aus (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BörsO FWB bzw. § 53 Abs. 4 Satz 2 BörsO FWB). Eine Pflicht zur prüferischen Durchsicht besteht analog zu § 115 Abs. 5 WpHG (bis 2.1.2018 § 37w WpHG) nicht (§ 52 Abs. 3 BörsO FWB). Der Halbjahresfinanzbericht muss innerhalb von 3 Monaten und die Quartalsmitteilung innerhalb von 2 Monaten der Börse übermittelt werden (§ 52 Abs. 4 Satz 1 BörsO FWB, § 53 Abs. 5 Satz 1 BörsO FWB).
6.4 Scale Standard
Rz. 75
Der Scale (ehemalig Entry Standard) ist für alle Unternehmen offen, die einen effizienten Handel ihrer Aktien bei geringen formalen Pflichten anstreben. Besonders attraktiv ist er für junge und etablierte mittelständische Unternehmen. Private Equity- und Venture-Capital-Investoren können ihn als Exit-Kanal nutzen. Es gibt keinen Branchenfokus und keine Mindestanforderungen an Unternehmensalter oder -größe. Die im Scale einbezogenen Unternehmen wollen sich von der großen Zahl der im Freiverkehr notierten Emittenten abheben und unterwerfen sich deshalb weitergehenden Transparenzpflichten. Die Regelungen zum Freiverkehr und zum Transparenz-Level Scale sind in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse (AGB FV) geregelt. § 21 AGB FV sieht eine unterjährige Zwischenberichterstattung vor. Diese hat allerdings nur innerhalb von 4 Monaten nach dem Abschluss der ersten Hälfte des Geschäftsjahres zu erfolgen. Eine Verpflichtung zur Zwischenberichterstattung i. S. d. §§ 115 WpHG (bis 2.1.2018 § 37w WpHG) ist nicht gegeben. Der Umfang orientiert sich an § 115 WpHG (bis 2.1.2018 § 37w WpHG) und umfasst eine verkürzte Bilanz, eine verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung und einen verkürzten Anhang sowie einen Zwischenlagebericht (§ 21 Abs. 1 lit. b AGB FV).