Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Für die Zeit bis zum 1. Januar 1955 erkennt der Senat die Rechtsgrundsätze des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/49 vom 3. Juni 1949 (MinBlFin. S. 333, Bay. FMBl. 1949 S. 205) an. Ab 1. Januar 1955 ist dem Gutachten mit Rücksicht auf die gesetzliche Regelung im § 51 Abs. 1 Ziff. 2b EStG 1955 die Grundlage entzogen, soweit es sich mit dem Wirtschaftsproblem der Preisschwankungen befaßt.
Lediglich anlageähnliches Vorratsvermögen, nicht aber das sonstige gebundene Vorratsvermögen im Sinne Schmalenbachs kann zu einem eisernen Bestand zusammengefaßt werden.
Die Frage, inwieweit Betriebsvermögensgegenstände im Wege der Gruppenbewertung oder Standardbewertung in der Bilanz angesetzt werden können, entscheidet sich nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung.
Normenkette
EStG § 6 Ziff. 2, § 51/1/2/b
Tatbestand
Die beschwerdeführende GmbH betreibt die Fabrikation von Wollgarnen, eine Strickerei und Wirkerei, eine Färberei sowie in geringem Umfang den Großhandel mit unverarbeiteten Rohgarnen. Ihr Geschäftsjahr läuft vom 1. Juli bis zum 30. Juni.
Beginnend mit dem 21. Juni 1948 hat die Beschwerdeführerin (Bfin.) in ihren Abschlüssen einen Teil ihrer Vorräte an Rohgarnen als "Eisernen Bestand" besonders ausgewiesen. Sie betrachtet als eisernen Bestand den Teil ihrer Vorräte an Rohgarnen, der als vom Betrieb benötigtes Minimum an Vorräten stets vorhanden sein müsse, um einen stetigen Ablauf ihrer Produktion zu gewährleisten. Als Minimum an Vorräten bezeichnet sie einen Rohstoffbedarf für sechs Wochen. In der DM-Eröffnungsbilanz ist dieser "Eiserne Bestand" in gleicher Weise wie die übrigen, in einem Posten "Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe" zusammengefaßten Vorräte, nach § 20 des D- Markbilanzgesetzes (DMBG) bewertet worden. Bei den Abschlüssen vom 30. Juni 1949 und 30. Juni 1950 hat die Bfin. den Posten "Eiserner Bestand" nach der inzwischen eingetretenen Verstärkung ihrer Belegschaft erhöht und die Zugänge nach den Durchschnittspreisen der in 1948/1949 und in 1949/1950 zugekauften Garne angesetzt. Am 30. Juni 1949 wird in der Handelsbilanz ein eiserner Bestand von rd. 5000 kg Rohgarn mit rd. 50 000 DM und am 30. Juni 1950 ein solcher von rd. 8000 kg mit rd. 95 000 DM ausgewiesen. Bei einer Bewertung nach Anschaffungspreisen gemäß § 6 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 hätten sich für die unter dem Posten "Eiserner Bestand" zusammengefaßten Vorräte Bilanzansätze von rd. 48000 DM am 30. Juni 1949 und von rd. 115 000 DM am 30. Juni 1950 ergeben. Die Erhöhung der Garnbestände entspricht der Erweiterung der Produktion und der Verstärkung der Belegschaft. Die Zusammensetzung der Garnbestände zeigt nach den in der Hauptsache vorhandenen Garntypen im wesentlichen das gleiche Bild.
Das Finanzamt hat im Steuerbescheid vom 12. September 1951 unter Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht die Bildung des eisernen Bestandes, die die Bfin. unter Bezugnahme auf das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/49 vom 3. Juni 1949 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen - MinBlFin. - 1949/1950 S. 333, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen - Bay. FMBl. - 1949 S. 205) in Anspruch nahm, deswegen nicht anerkannt, weil als anlageähnliche Vorräte nur Rohstoffe im eigentlichen Sinne, nicht aber im Wege der Bearbeitung aus dem Rohstoff Wolle entstandene Garne angesehen werden könnten, zumal diese nicht aus reiner Wolle, sondern aus einem Gemisch beständen. Die umstrittenen Vorräte sind deshalb vom Finanzamt mit den oben angegebenen Anschaffungspreisen angesetzt worden. Hieraus ergab sich für 1948/1949 eine Gewinnminderung um rd. 2000 DM und für 1949/1950 eine Gewinnerhöhung von rd. 22 000 DM.
In der Berufung machte die Bfin. unter Bezug auf die Stellungnahmen im Schrifttum zu dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs geltend, daß auch bei solchen Wirtschaftsgütern die Bildung eines Postens "Eiserner Bestand" möglich sei, die vor dem Erwerb bereits eine Bearbeitung erfahren hätten.
Das Finanzgericht hat der Berufung mit folgender Begründung nicht entsprochen.
Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens habe die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs die Festbewertung eines eisernen Bestandes unter gewissen Voraussetzungen für statthaft erklärt, z. B. für Werkzeuge, Flaschen, Hotelgeschirr und ähnliche Güter, die dauernd in etwa gleicher Menge von dem Unternehmen benötigt würden. Neuanschaffungen seien in diesen Fällen als Betriebsausgaben sofort abzubuchen. Nur bei Erweiterung des Betriebes und erheblicher Vergrößerung des Bestandes sei ein Zugang bei diesen Posten mit den Anschaffungskosten zuzuschlagen. Diese Bewertungsmethode werde bei Anlagegütern solcher Art nicht als den Bewertungsvorschriften des EStG widersprechend angesehen.
Für zum Umlaufsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter habe der Reichsfinanzhof dagegen die Festbewertung eines eisernen Bestandes nicht anerkannt (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 593/38 vom 19. Oktober 1938, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1939 S. 26).
Auch das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs vom 3. Juni 1949 lehne im Grundsatz die Festbewertung eines eisernen Bestandes beim Umlaufsvermögen entsprechend der bisherigen Rechtsprechung ab. Es werde jedoch für vertretbar gehalten, demjenigen Teil des Vorratsvermögens einen anlageähnlichen Charakter zuzuerkennen, der den Mindestbestand an Waren, insbesondere an Vorräten darstelle, die zur reibungslosen Fortführung des Betriebes bis zum Eingang von Ersatzgütern unter gemeingewöhnlichen Verhältnissen im Sinne des von Schmalenbach entwickelten Begriffs der "gebundenen Vorräte" dauernd vorhanden sein müßten. Der Begriff des anlageähnlichen Charakters müsse dabei eng gefaßt werden. In Frage kämen nur solche Güter, die sich ihrer Natur nach zur Sammelbewertung eigneten. Das Finanzgericht sei jedoch der Auffassung, daß der Festwert für Güter des Umlaufsvermögens mit § 6 Ziff. 2 EStG 1949 nicht vereinbar sei. Es lehne deshalb den von der Bfin. gebildeten eisernen Bestand ab.
Die Bfin. stützt sich in der Hauptsache auf das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs vom 3. Juni 1949. Hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit der Bildung eines eisernen Bestandes an Vorratsvermögen und dessen Bewertung mit Festwerten führt sie aus, daß dieses Verfahren Preisschwankungen neutralisiere und der Substanzerhaltung diene. Die Bfin. verweist u. a. auf Geldmacher (in "Wirtschaftsunruhen" S. II, Betriebswirtschaftliche Zeitfragen). Die eiserne Bestandsrechnung sei danach als eine betriebswirtschaftliche Maßnahme zu bezeichnen, um den Aufwand bei solchen Vorräten richtig zu errechnen, die dauernd zur Gewährleistung ununterbrochener Arbeit in einem dem Betrieb individuell angemessenen Umfang in Quantität und Qualität vorhanden sein müßten. Die Durchhaltung eines eisernen Bestandes sei ein "lebensnotwendiges Gebaren".
Bezüglich der handelsrechtlichen Zulässigkeit der eisernen Bestandsbildung verweist die Bfin. u. a. auf Barth "Die Bewertung mit eisernen Beständen": Nach dem Handelsrecht sei eine Bewertung zum Festpreis, wie sie beim eisernen Bestand erfolge, nicht ausgeschlossen, falls die Höchstwerte nicht überschritten würden. Lediglich insoweit, als den Höchstwertvorschriften nicht entsprochen sei, liege ein Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des Handelsrechts vor.
Des weiteren wird auf Trumpler "Die Bilanz der Aktiengesellschaft" (Verlag für Recht und Gesellschaft AG in Basel 1950) Bezug genommen:
"Bei den meisten Unternehmungen ist ein gewisser Mindestvorrat an Gegenständen des Umlaufsvermögens notwendig, um Stockungen des Betriebs zu vermeiden. So braucht der Groß- und Einzelhandel ein aussortiertes Lager, um die Bedürfnisse des regelmäßigen Geschäftsverkehrs zu befriedigen. Eine Fabrik benötigt einen bestimmten Vorrat an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und Halbfabrikaten, um ungestört weiterarbeiten zu können. Dieser Warenvorrat wird eiserner Bestand, Normalbestand oder gebundener Warenvorrat genannt. Er nimmt eine gewisse Mittelstellung zwischen Anlage- und Umlaufsvermögen ein. Die einzelnen Gegenstände sind Umlaufsvermögen, weil sie zur Veräußerung, ihre Gesamtheit ist Anlagevermögen, weil sie dauernd zum Geschäftsbetrieb der Gesellschaft bestimmt sind. Die Betriebswissenschaft vertritt mit guten Gründen den Standpunkt, daß grundsätzlich der eiserne Bestand ebenso wie das Anlagevermögen zu gleichbleibenden Preisen angesetzt werden soll. Einer solchen Bewertung steht von dem Standpunkt des Handelsrechts nichts entgegen, wenn der angesetzte Wert unter dem Börsen- oder Marktpreis bzw. gemeinen Wert am Bilanzstichtag und nicht über dem Anschaffungs- oder Herstellungspreis liegt".
Geldmacher habe in seiner Abhandlung "Gegen den Substanzschwund in den Betrieben" (Industriekurier vom 15. Februar 1952) zusammenfassend festgestellt:
"1. Die eiserne Bestandsrechnung ist eine Rechnungsmaßnahme, die einen richtigen Wertansatz für den betrieblichen Verbrauch (Aufwand) bei Vorratsvermögen mit anlageähnlichem Charakter auch in Zeiten ungewöhnlich großer Marktpreisveränderungen gewährleistet.
Daher entspricht die eiserne Bestandsrechnung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Die Anwendung der eisernen Bestandsrechnung verstößt nicht gegen die handelsrechtlichen Bestimmungen über die Wertansätze in der Jahresbilanz (§ 133 Ziff. 3 des Aktiengesetzes)".
Die steuerrechtliche Zulässigkeit der Bildung eines eisernen Bestandes von Vorratsvermögen habe das Finanzgericht zu Unrecht verneint. Es könne sich nicht darum handeln, ob die Bewertungsvorschriften des § 6 Ziff. 1 EStG 1949 auf die Bewertung eines eisernen Bestandes an Vorratsvermögen zu übertragen seien, sondern es handle sich nur darum, ob die Rechtsprechung über die Festbewertung beim Anlagevermögen auf den eisernen Bestand an Vorratsvermögen anwendbar sei. Liege der Umfang des eisernen Bestandes fest, so dienten Ersatzbeschaffungen nur dazu, diesen festgelegten Bestand immer auf der gleichen Höhe zu halten. Es könne sich also auch hier nur um die Frage handeln, ob bei dem Wechsel der einzelnen Güter des eisernen Bestandes eine Gewinnrealisierung eintrete. Die Vorratsgüter des eisernen Bestandes hätten keine Umsatzbestimmung, sie seien betriebsgebunden, hätten eine bestimmte betriebliche Funktion und die Ersatzgüter, die an ihre Stelle träten, erhielten die gleiche betriebliche Funktion. Eine Gewinnrealisierung könne demgemäß nicht angenommen werden (Urteil des Bundesfinanzhofs I 4/52 U vom 17. Mai 1952, Slg. Bd. 56 S. 536, Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 208).
Der Senat hat dem Bundesminister der Finanzen, dem Bundesminister für Wirtschaft und dem Deutschen Industrie- und Handelstag die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben. Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.
Der Bundesminister der Finanzen lehnt den eisernen Bestand bei den Gütern des Vorratsvermögens ab. Er habe hiergegen bereits handelsrechtliche Bedenken. Das Handelsrecht grenze das Anlagevermögen und das Umlaufsvermögen klar ab. Es sei keine Möglichkeit gegeben, Teile des Vorratsvermögens nach den Vorschriften über Anlagevermögen zu bewerten. Der Ansatz eines Festwertes für Vorratsvermögen führe bei sinkenden Preisen zu einer Verletzung des § 133 Ziff. 3 Abs. 2 des Aktiengesetzes, wenn der Festwert über dem Börsen- oder Marktpreis am Bilanzstichtag liege. Durch Herabsetzung des Ansatzes mit Rücksicht auf die sinkenden Preise verliere der eiserne Bestand den Charakter des Festwertes. Auch das DMBG lasse eine Bewertung eines Teiles des Vorratsvermögens als eiserner Bestand nicht zu. Es kenne keine Sonderbewertung eines Teiles des Vorratsvermögens als bewegliches Anlagevermögen. Würde einem Teil des Vorratsvermögens anlageähnlicher Charakter zugebilligt, so führe das dazu, daß dieser Teil des Vorratsvermögens nach § 18 DMBG zu bewerten sei. Es könnte dann § 20 Abs. 2 DMBG auf diese Wirtschaftsgüter nicht angewendet werden. Auch nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften sei die Bildung eines eisernen Bestandes nicht zulässig. Sie stehe mit § 6 Ziff. 2 EStG 1949 im Widerspruch. Das Problem der Scheingewinnbesteuerung hänge eng mit der Währungspolitik zusammen. Die Bildung eines eisernen Bestandes beruhe auf einem Sachwertdenken, das mit dem geltenden Bilanzrecht nicht vereinbar sei. Das Bilanzrecht gründe sich auf eine Geldwertrechnung. Hierzu komme, daß die Abgrenzung des anlageähnlichen Vermögens vom sonstigen Vorratsvermögen auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoße. Die Besteuerung außerordentlicher Preissteigerungsgewinne könne nur durch den Gesetzgeber geregelt werden. Auf Grund der Vorschriften des EStG 1955 sei für die Anerkennung eines eisernen Bestandes zur Verhinderung der Preissteigerungsgewinne kein sachliches Bedürfnis mehr gegeben. Schwierigkeiten würden sich für die Wirtschaft aus der Ablehnung des eisernen Bestandes durch den Bundesfinanzhof nicht ergeben. Bei den Beratungen im Finanzausschuss des Bundestages habe übereinstimmung darüber geherrscht, daß Härten, die etwa durch die Auflösung bisher gebildeter eiserner Bestände entstehen könnten, durch langfristige Stundung weitestgehend gemildert werden sollten.
Im Gegensatz hierzu befürwortet der Bundesminister für Wirtschaft die Anerkennung von eisernen Beständen beim Vorratsvermögen nachdrücklich. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus bestehe ein wesentliches Interesse daran, die Besteuerung von Scheingewinnen zu verhindern. Volkswirtschaftlich betrachtet sei der eiserne Bestand die gegebene Methode, um gegen den Substanzentzug durch die Besteuerung im Falle von Preissteigerungen bei den Gütern des Vorratsvermögens zu wirken. In ihrem Neutralisationseffekt sei diese Methode stärker als das Verfahren der Rücklagenbildung mit Hilfe der Preisdifferenzrücklage in der nunmehr vom Gesetzgeber beschlossenen Form. Die Methode des eisernen Bestandes entspreche den wirtschaftlichen Notwendigkeiten besser als die Preisdifferenzrücklage, die zudem den Nachteil habe, daß bei Bildung der Rücklagen auch spekulative, also nicht betriebsnotwendige Bestände berücksichtigt würden. Die handels- und steuerrechtlichen Bedenken gegen die Bildung von eisernen Beständen seien unbegründet. Die Bewertung nach dem eisernen Bestand entspreche den handelsrechtlichen Grundsätzen, sofern man das Niederstwertprinzip beachte. Bei sinkenden Preisen müsse der Festwert herabgesetzt werden. Auch § 6 Ziff. 2 EStG 1949 widerspreche dem System des eisernen Bestandes nicht. Vielmehr erlaube und erfordere § 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) eine wirtschaftliche Interpretation dieser Bestimmung im Sinne des eisernen Bestandes. Bei einer allgemeinen Preissteigerung könne man den steuerlichen Belangen dadurch Rechnung tragen, daß durch ein Korrekturverfahren ein Aufstockungsbetrag ermittelt werde, der der Besteuerung unterworfen werden könnte.
Der Bundesminister für Wirtschaft ist der Ansicht, daß das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs die Grenzen für den eisernen Bestand zu eng gezogen habe. Das gesamte gebundene Vorratsvermögen müsse zu einem eisernen Bestand zusammengefaßt werden können. Auf diese Weise sei es möglich, die mit der Besteuerung von Scheingewinnen verbundenen wirtschaftlichen Gefahren zu bannen. Als solche Gefahren kämen in Betracht: Produktionseinschränkungen mit ihren Folgen, Anschein von Rentabilität mit ungünstigen Auswirkungen auf die Investitions- und Ausschüttungspolitik der Unternehmen, Verstärkung einer inflationären Entwicklung.
Der Bundesminister für Wirtschaft faßt seine Grundsätze wie folgt zusammen: "Die Scheingewinnbesteuerung ist volkswirtschaftlich unerwünscht. Mit der eisernen Bestandsmethode kann der erwünschte Neutralisationseffekt erzielt werden ... Die Festwertbildung muß den betriebsnotwendigen Bestand erfassen können. Die Identität des Sammelpostens "Eiserner Bestand" ist entsprechend § 1 StAnpG nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszulegen".
Der Deutsche Industrie- und Handelstag vertritt im wesentlichen die gleichen Ansichten wie der Bundesminister für Wirtschaft. Darüber hinaus führt er unter anderem noch aus:
Während ursprünglich der eiserne Bestand von Schmalenbach als eine ausreichende Vorratshaltung mit dem Ziele der Versicherung gegen Betriebsunterbrechungen gedacht gewesen sei, habe er später eine neue Funktion erhalten, insbesondere während der Inflation der 20er Jahre, indem er in den Dienst der Eliminierung von Scheingewinnen gestellt worden sei. Auch in England und Frankreich habe man in der gleichen Zeit den Begriff des eisernen Bestandes entwickelt. Daß der Oberste Finanzgerichtshof ihn zu eng gefaßt habe, entspreche auch der Auffassung Schmalenbachs in der II. Aufl. der "Dynamischen Bilanz". Der eiserne Bestand sei berechenbar und abgrenzbar. Es handle sich um den von Schmalenbach als "benötigtes Minimum der Vorräte" bezeichneten Bestand der Vorräte, der zur Deckung des Bedarfs bis zur Anlieferung neuer Wirtschaftsgüter erforderlich sei. Der Oberste Finanzgerichtshof habe sie mit Recht als überbrückungsgüter bezeichnet. Eine Umfrage bei den Industrie- und Handelskammern habe ergeben, daß die Festbewertung bei den Vorräten vielfach üblich sei und unter Innehaltung der Bestimmungen des HGB angewendet werde. Auch Becker habe in seinem Kommentar zur Reichsabgabenordnung (AO) 1. Aufl. Berlin 1920 zu § 139 Abs. 2 Anm. 6 ausgeführt, daß zu den dauernd dem Betrieb gewidmeten Gegenständen auch solche Sachen gerechnet werden müßten, die wie Rohstoffe und Kohlen gleich verbraucht würden, aber nicht zur Veräußerung bestimmt seien, und von denen dauernd ein gewisser Bestand vorrätig gehalten werden müsse. Die Feststellungen des Deutschen Industrie- und Handelstags sowie Betriebsbesichtigungen hätten ergeben, daß bei den Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung die Abgrenzung des eisernen Bestandes keine besonderen Schwierigkeiten gemacht habe. Der eiserne Bestand sei eine betriebswirtschaftliche Erkenntnis, wie sie von den namhaftesten Vertretern der Betriebswirtschaftslehre vertreten werde.
Mit der Frage des eisernen Bestandes haben sich neben den von der Rechtsbeschwerde (Rb.) bereits erwähnten Schriftstellern insbesondere Findeisen "Der Eiserne Bestand in betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Beziehung" (Späth und Linde Berlin 1923), Walb "Das Problem der Scheingewinne" (Freiburg 1921) und Nicklisch "Die Betriebswirtschaft" (7. Aufl. Pöschel- Verlag Stuttgart 1932) befaßt. Eine eingehende Zusammenstellung der Literatur findet sich bei Barth "Die Bewertung mit eisernen Beständen" (Selbstverlag Stuttgart 1951).
Die Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) II/1948 und 1949 haben in Abschn. 52 die wesentlichen Ausführungen des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs übernommen.
Mit Rücksicht auf die Preissteigerungen während der Koreakrise haben die Länder 1952 Erlasse betreffend Berücksichtigung der Preissteigerungen von Gegenständen des Vorratsvermögens bei den Steuern vom Einkommen für die Kalenderjahre 1950 und 1951 herausgegeben. Im einzelnen siehe den Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. August 1952 S. 2130 - 7696 VB - 1, BStBl. 1952 II S. 98. Nachträglich wurden die Erlasse nach § 131 Abs. 4 AO n. F. auf die Gewerbesteuer ausgedehnt.
Auch in außerdeutschen Staaten wurden Regelungen getroffen, die die Besteuerung der Gewinne, die sich in Verbindung mit derartigen Preissteigerungen errechneten, mildern sollten. Eine Zusammenstellung hierüber enthält das Blattei-Handbuch Rechts- und Wirtschaftspraxis 14 Steuer-R D Ausland-Steuerrecht Lieferung 147 und 150.
Entscheidungsgründe
Im Benehmen mit dem IV. Senat des Bundesfinanzhofs wird zu dem Rechtsproblem wie folgt Stellung genommen:
Gegenstand des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs war das wirtschaftliche Problem der starken Preisschwankungen in II/1948 und 1949. Ihre steuerlichen Auswirkungen bei einer formalen Anwendung des Gesetzes stellt das Gutachten an einem Beispiel dar. Bei den hohen Einkommensteuer- und Körperschaftsteuertarifen konnte es vorkommen, daß ein Kaufmann nach Abzug der auf den Veräußerungspreis der Waren anteilig entfallenden Personensteuern nicht mehr in der Lage war, das Ersatzgut zu kaufen. Es wäre für ihn günstiger gewesen, das Geschäft zu unterlassen. In weiten Kreisen wurde verneint, daß die formal errechneten Gewinne echte Gewinne seien. Bei dem Fehlen besonderer gesetzlicher Vorschriften im Bundesgebiet halfen sich die Länder durch Billigkeitsmaßnahmen. Die gemeinsame Steuer- und Zollabteilung der Finanzminister der britischen Zone erkannte in einem Erlaß vom 8. Oktober 1948 Gem. S. 2130 - 109/St 1 A (vgl. Barth a. a. O. S. 99) unter bestimmten Voraussetzungen bei den Waren das "Last in - First out - Verfahren" an. Sie stützte sich auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 899/28 vom 13. Dezember 1928, RStBl. 1929 S. 136. Nach Bekanntgabe des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs haben einzelne Länder (so Nordrhein-Westfalen in dem Erlaß des Finanzministers vom 3. August 1948, Finanzrundschau 1949 S. 238) ausdrücklich auf die Möglichkeit des eisernen Bestandes hingewiesen.
Schon vor dem ersten Weltkrieg beunruhigten Preisschwankungen bei einzelnen Warengattungen die Märkte und führten zu Krisen. Die Preisbewegungen waren aber wesentlich geringer als in den späteren Zeiten, da damals die Stabilität der Währungen entgegenwirkte. Nach dem ersten Weltkrieg steigerten sich die Preis- und Geldwertschwankungen wesentlich. Die Betriebswirtschaft suchte dem Rechnung zu tragen. Die Auffassung der Organischen Tageswertbilanz von Schmidt und der Dynamischen Bilanz von Schmalenbach erregten starkes Interesse. Die politische und wirtschaftliche Unruhe nach dem zweiten Weltkrieg verstärkte die Preisbewegungen weiter und schuf in Verbindung mit den wesentlich erhöhten Steuersätzen das Wirtschafts- und Rechtsproblem. Dies erklärt, warum es in Deutschland erst nach der Währungsumstellung in großem Ausmaß erörtert worden ist.
Das Rechtsproblem DER Gewinnrealisierung beschränkt sich nicht auf das Anlagevermögen. Es berührt insbesondere das umlaufende Betriebsvermögen. Im einzelnen vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 4/52 U vom 17. Mai 1952.
Den vom Bundesminister der Finanzen geltend gemachten handelsrechtlichen Bedenken kann nicht gefolgt werden. Das Niederstwertprinzip beim umlaufenden Betriebsvermögen steht der Bildung eiserner Bestände nicht entgegen. Die Zusammenfassung von Gütern zu einem eisernen Bestand bedeutet nicht, daß hierdurch die Höchstwertvorschriften des Handelsrechts ausgeschaltet werden sollen. Der Festwert muß gesenkt werden, wenn er über dem zulässigen Wert des Handelsrechts liegt. Das gilt für das Anlagevermögen in gleicher Weise wie für das Umlaufsvermögen. Werden Flaschen, Spaten, Schaufeln und dergl. zu einem eisernen Bestand zusammengefaßt, und fallen die gesamten tatsächlichen Anschaffungskosten der Güter des Bestandes unter den Festwert, so tritt beim Anlagevermögen die gleiche Frage auf, wie sie der Bundesminister der Finanzen für das umlaufende Vermögen angeschnitten hat. Aus diesem Grunde hat der Reichsminister der Finanzen während der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1932 in seinem Erlaß vom 22. Juli 1932 - S 2141 - 10 III - RStBl. 1932 S. 617, 621 eine änderung der Durchschnittswerte für Vieh bei der Landwirtschaft erwogen. Es ist hierbei zu beachten, daß die Viehbestände sowohl zum Anlage- wie zum Umlaufsvermögen gehören können.
Auf einem anderen Gebiet liegt die Frage, inwieweit vorübergehende Preisschwankungen mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Natur des eisernen Bestandes den Bilanzansatz beeinflussen.
Die Gründe, den eisernen Bestand beim Umlaufsvermögen im allgemeinen abzulehnen, beruhen, wie sowohl in dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs, wie in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 4/52 U eingehend dargestellt wird, nicht so sehr auf der formellen Fassung der gesetzlichen Vorschriften, als auf der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Umlaufsvermögens.
Man kann aus formellen Bedenken die Bildung eiserner Bestände allgemein ablehnen. Bejaht man sie aber für das Anlagevermögen, so kann man sie nicht mit formellen Bedenken beim Vorratsvermögen als unmöglich bezeichnen.
Auch das DMBG steht der Bildung eiserner Bestände nicht entgegen. Das anlageähnliche Vorratsvermögen im Sinne des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs und der Betriebswirtschaftslehre bleibt Umlaufsvermögen. In der DM- Eröffnungsbilanz müssen diese Wirtschaftsgüter nach den für Vorräte vorgesehenen Werten angesetzt werden. Das Problem des eisernen Bestandes gewinnt erst in den folgenden Bilanzen Bedeutung und zwar auch hier im Rahmen der allgemeinen Frage der Gewinnverwirklichung.
Schmalenbach unterscheidet die sogenannten spekulativen Vorräte, die gebundenen Vorräte und den eisernen Bestand. Spekulative Vorräte sollen im Gegensatz zu den gebundenen Vorräten nach ihrer Veräußerung nicht mehr ersetzt werden. Als "Eisernen Bestand" bezeichnet er das vom Betrieb benötigte Minimum der Vorräte (Schmalenbach 10. Aufl. S. 139, 141 und 146). Hinsichtlich der spekulativen Vorräte lehnt er Festwerte ab. Bei ihrer Veräußerung werde der Gewinn in vollem Umfange, berechnet auf den Gestehungskosten, realisiert. Dagegen verneint er bei dem gebundenen Vorratsvermögen und dem eisernen Bestand die Gewinnrealisierung, soweit das Ersatzgut zu einem höheren Preis als das veräußerte Wirtschaftsgut angeschafft werden muß. Der Oberste Finanzgerichtshof hat lediglich für das anlageähnliche Vorratsvermögen die Grundsätze Schmalenbachs übernommen. Die Ausführungen des Finanzgerichts hinsichtlich des gebundenen Vorratsvermögens sind nicht zutreffend. Das Finanzgericht verkennt den Begriff des gebundenen Vorratsvermögens.
Der Bundesminister für Wirtschaft und der Deutsche Industrie- und Handelstag sind der Ansicht, daß für das gesamte gebundene Vorratsvermögen gleichartige Grundsätze angewandt werden sollten, wie sie der Oberste Finanzgerichtshof für die anlageähnlichen Güter aufgestellt hat. Nur auf diese Weise würden Scheingewinne in vollem Umfange verhindert.
Der Oberste Finanzgerichtshof hat die Auffassung vertreten, daß nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes bei den Vorräten im allgemeinen der Gewinn in vollem Umfang realisiert sei, wenn die Ware veräußert ist. Er ist insoweit der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 593/38 vom 19. Oktober 1938 beigetreten. Auch der erkennende Senat hat diese Grundsätze in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 4/52 U übernommen. "Werden zum Umsatz bestimmte Güter, in denen stille Reserven ruhen, veräußert, so spricht die Vermutung für die Absicht des Kaufmannes, diese stillen Reserven zu realisieren. Für die Produktionsmittel gilt diese Vermutung nicht". Auch bei erneuter Prüfung der Frage bleibt der Senat bei dieser Auffassung. Der Ansatz eines Standardwertes für das gesamte gebundene Vorratsvermögen widerspricht dem Grundgedanken des Einkommensteuerrechts. Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung, die in der Entscheidung I 57/52 U vom 8. September 1953, Slg. Bd. 58 S. 138, BStBl. III S. 344, zusammengestellt ist, die Auffassung vertreten, daß die wirtschaftliche Betrachtungsweise, soweit der Wortlaut des Gesetzes nicht verschiedenartige Auslegungen zuläßt, nicht dazu führen darf, den Gesetzesbefehl in abgewandelter Form auszuführen. Nur dort, wo in einem Sonderfall die formale Anwendung einer Vorschrift zu einem Ergebnis führt, das wohl dem Wortlaut, aber nicht dem Sinn des Gesetzes gerecht wird, kann auf Grund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entgegen dem Wortlaut nach dem Sinn des Gesetzes entschieden werden. Das Gesetz fordert die Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter mit den Anschaffungskosten. Die Möglichkeit einer Ausdehnung des eisernen Bestandes auf das gesamte Vorratsvermögen, soweit es nicht spekulativer Art im Sinne Schmalenbachs ist, kann nur der Gesetzgeber selbst gewähren. Das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs hat deshalb nachdrücklich auf die Grenzen der Rechtsprechung in dieser Frage hingewiesen.
Die Ausdehnung des eisernen Bestandes auf das gesamte gebundene Vorratsvermögen würde eine Ausdehnung des Sachwertdenkens in der Bilanz in einem Ausmaße bedeuten, die sich stark der organischen Tageswertbilanz von Schmidt nähert. Die Auffassungen Schmidts hat der Reichsfinanzhof in der Entscheidung I A 254/30 vom 16. April / 22. Oktober 1931, RStBl. 1932 S. 22 für das Steuerrecht abgelehnt. Die Vorschriften des Gesetzes über die Anschaffungskosten und über die Bilanzkontinuität, sowie die Grundsätze der Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Identität von Gegenständen haben wohl die Geldwertrechnung in ihrer reinen Form, wie sie im gemeinen Wert zum Ausdruck kommt, eingeschränkt. Die Ausdehnung der Festbewertung auf die gebundenen Vorräte würde aber die vom Gesetz vorgesehenen Grenzen wesentlich überschreiten.
4. Der Oberste Finanzgerichtshof hat es für vertretbar angesehen, für das sogenannte anlageähnliche Vorratsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen die Grundsätze der Rechtsprechung für den eisernen Bestand anzuwenden.
Die Festbewertung der zu einem eisernen Bestand zusammengefaßten Wirtschaftsgüter ist eine Weiterentwicklung der sogenannten Gruppenbewertung, die in der Buchführung schon mit Rücksicht auf die notwendigen Vereinfachungen in erheblichem Umfange vorgenommen wird. Die Möglichkeiten und Grenzen der Gruppenbewertung hat die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 1756/32 vom 5. Juli 1933, Slg. Bd. 34 S. 17, RStBl 1933 S. 763, behandelt. Rechtsprechung und Verwaltung haben insbesondere für die Güter des Anlagevermögens die Gruppenbewertung zur Standardbewertung weiterentwickelt. Das Wesen der Standardbewertung ist in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 588/35 vom 16. Dezember 1936, Slg. Bd. 40 S. 312, RStBl. 1937 S. 272, dargestellt. Hinsichtlich der Verwaltungsübung wird auf die Erlasse des Reichsministers der Finanzen vom 20. Dezember 1934 S 2158 - 45 III S 1430 B - 121 III, RStBl. 1935 S. 1, 2 und vom 4. Juni 1935 S 2209 - 250 III, RStBl. 1935 S. 785, 787, hingewiesen. Beachtlich ist, daß nach Ansicht des Reichsministers der Finanzen die Standardbewertung nicht nur für kurzlebige, sondern auch für langlebige Wirtschaftsgüter zulässig ist. Die Rechtsprechung ist in dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs und in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 4/52 U im einzelnen wiedergegeben. Die Festbewertung hat eine weittragende Bedeutung insbesondere bei der Bewertung von Bahnanlagen und von Massengütern des Anlagevermögens. Auch bei Grubenanlagen von Bergwerken wird sie vielfach angewandt. Beim Umlaufsvermögen trat sie nur in geringem Umfang auf. Sie war aber auch hier nicht ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat sie bei der Durchschnittsbewertung des Viehs in der Landwirtschaft vorgesehen (siehe Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 5. September 1925 - III e 5200 - RStBl. 1925 S. 184, 187). Auch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zur Veräußerung von Wertpapieren (Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 899/28 vom 13. Dezember 1928) gründet sich auf Erwägungen, die verwandte Züge mit der Festbewertung aufweisen. Auch hier wird aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht an der formellen Identität des Gutes festgehalten. Die ablehnende Haltung gegenüber der Standardbewertung beim Umlaufsvermögen ist, wie oben ausgeführt, auf die wirtschaftliche Zweckbestimmung der Vorräte zurückzuführen. Soweit dem Senat jedoch bekannt, hat man aber trotzdem vielfach keine Bedenken gegen die Anwendung von Pauschbeträgen (Festwerten) bei Hilfsstoffen, wie ölen, Fetten usw. erhoben. Auch der Maschinenbelag in der Textilindustrie und die im Durchlauf durch die Apparate befindlichen Stoffe bei der chemischen Industrie wurden teilweise mit Festwerten angesetzt, ohne daß man hierin einen Verstoß gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung gesehen hat.
Bei dem Wirtschaftsproblem der Finanzierung werden die eisernen Bestände dem Anlagevermögen gleichgestellt (Nicklisch "Die Betriebswirtschaft" 7. Aufl. S. 377).
5. Das Problem der Gruppenbewertung und der Festbewertung muß aus den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung heraus gelöst werden (siehe auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 118/28 vom 8. Februar 1928, RStBl. 1928 S. 342). Ihre Grundsätze bauen sich auf betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen auf. Die betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse müssen unter Berücksichtigung des geltenden Steuerrechts die Möglichkeiten und Grenzen derartiger Bewertungsmethoden bestimmen. Durch die Standardbewertung darf die ordnungsmäßige Gewinnermittlung nicht gefährdet werden. Andererseits dürfen an eine Buchführung keine Anforderungen gestellt werden, die mit dem wirtschaftlichen Zweck der Buchführung nicht mehr im Einklang stehen. Bei dieser Frage wird es vielfach auf die Verhältnisse des einzelnen Betriebs ankommen (siehe auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 1883 bis 1885/31 vom 1. Februar 1933, RStBl. 1933 S. 1062). Der Kleinbetrieb kann auch hier nicht ohne weiteres dem Großunternehmen gleichgesetzt werden.
Die wirtschaftliche Tragweite der Standardbewertung kommt im Rahmen der Rechtsprechung insbesondere bei den Bahnanlagen und bei den Grubenanlagen der Bergwerke zum Ausdruck.
Die Gruppen- und die Standardbewertung können durch verschiedene Ursachen veranlaßt sein. Zunächst spielt der Gedanke der Vereinfachung eine erhebliche Rolle. Insbesondere bei geringwertigen Massengütern wäre die Einzelbewertung eine dem Kaufmann vielfach nicht zumutbare Belastung. Die Standardbewertung kann aber auch darin begründet sein, den Aufwand richtig zu ermitteln. Wenn abnutzbare Wirtschaftsgüter zu einem Sammelposten zusammengefaßt werden (Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 4. Juni 1935 S. 2209 - 250 III), so handelt es sich hierbei um eine besondere Art, die Absetzungen für Abnutzung und damit den Aufwand zu errechnen. Für den Gesamtbestand wird der Aufwand in den Kosten der neu angeschafften Ersatzgüter gesehen. Des weiteren ist es auch denkbar, daß ein Kaufmann eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen, z. B. Kohlen, Getreide, Mehl und dergl. als wirtschaftliche Einheit ansieht; er betrachtet den Zukauf des Ersatzes für die verbrauchte Menge als laufenden Aufwand, ähnlich wie den Reparaturaufwand beim Hausgrundstück. Die steuerrechtliche Frage besteht hierbei darin, inwieweit es vertretbar ist, die wirtschaftliche Identität der verbrauchten mit den ersatzbeschafften Gütern anzuerkennen. Eine abschließende Stellungnahme ist dem Senat zu dieser Frage nicht möglich, da ausreichendes Material für die betriebswirtschaftliche und rechtliche Würdigung nicht vorliegt.
In den Erörterungen wurde auch die Frage allgemeiner Preiserhöhungen und damit einer Verminderung der Kaufkraft des Geldes angeschnitten.
Das geltende Einkommensteuerrecht geht von einer stabilen Währung aus. Das Problem des eisernen Bestandes darf lediglich unter dem Gesichtswinkel von Preisänderungen (Preisschwankungen) bei einzelnen Wirtschaftsgütern geprüft werden. Es muß angenommen werden, daß im allgemeinen der Preiserhöhung eine entsprechende Preissenkung zu gegebener Zeit folgt. Der eiserne Bestand führt, auf dieser Grundlage betrachtet, nur zu Gewinnverschiebungen. Das Problem der Geldwertänderung (Inflation) ist ein Sonderproblem für das gesamte Recht, bei dem die Gerichte meist vor schwierige Fragen gestellt werden. Ausdruck der Rechtsprechung zu diesem Problem waren die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 39/51 U vom 13. März 1952, Slg. Bd. 56 S. 305, BStBl. III S. 120; I 42/51 U vom 13. Juni 1952, Slg. Bd. 56 S. 510, BStBl III S. 199, und IV 241/52 U vom 3. Dezember 1953, Slg. Bd. 58 S. 417, BStBl. III S. 72.
Der Oberste Finanzgerichtshof war der Ansicht, es vertreten zu können, die Grundsätze der Rechtsprechung und Verwaltungsübung hinsichtlich der Festbewertung in begrenztem Rahmen dazu verwerten zu können, um die oben dargestellten steuerlichen Auswirkungen stark schwankender Preise zu mildern. Der Senat tritt dem Obersten Finanzgerichtshof hinsichtlich der Bildung der eisernen Bestände beim Vorratsvermögen innerhalb der in dem Gutachten gezogenen Grenzen für II/1948 und 1949 bei.
Es kann zweifelhaft sein, ob die vom Obersten Finanzgerichtshof vorgenommene Ausweitung der Möglichkeit der Festbewertung sich auf die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung im vollen Umfange stützen läßt. Es darf aber nicht verkannt werden, daß hier zusätzlich der Gedanke, ein wirtschaftliches Problem innerhalb bestimmter Grenzen zu lösen, eine entscheidende Rolle gespielt hat. Diesem Gesichtspunkt darf die steuerrechtliche Bedeutung nicht abgesprochen werden. Bei der Stichtagsbewertung hat bereits die bisherige Rechtsprechung versucht, bei schwankenden Preisen durch Lösung von Tageskurs der Ware zu einem wirtschaftlich richtigen Ergebnis zu kommen. Siehe hierzu Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 62/53 U vom 30. Juli 1954, BStBl. III 1954 S. 310, Slg. Bd. 59 S. 252.
Die EStR II/1948 und 1949 (Streitjahre) haben die Grundsätze des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs anerkannt. Erst nachträglich wurden von Teilen der Verwaltung Bedenken geltend gemacht. Im Zusammenhang mit der Koreakrise sah sich aber die Verwaltung gezwungen, die formalen Bedenken zurückzustellen und dem Vorbringen der Wirtschaft Rechnung zu tragen. Dies ist in den oben mitgeteilten Ländererlassen geschehen.
Der Oberste Finanzgerichtshof hatte die Möglichkeit des eisernen Bestandes und des Preisdifferenzkontos geprüft. Er ist zu der überzeugung gelangt, daß der eiserne Bestand in dem von ihm vertretenen Rahmen, nicht aber das Preisdifferenzkonto mit zeitlich bemessener von der Preisbewegung unabhängiger Auflösung, mit dem Gesetz vereinbar sei. Ein Preisdifferenzkonto in diesem Sinne erfordere die Regelung durch den Gesetzgeber (vorletzter Absatz des Gutachtens).
Der Oberste Finanzgerichtshof war bestrebt, das Wirtschaftsproblem auf der Grundlage der betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse, insbesondere der dynamischen Bilanz zu lösen. Hierin wurde er dadurch bestärkt, daß, wie ihm bekannt war, das Betriebsprüfungssachgebiet des Reichsfinanzministeriums den Ansichten Schmalenbachs hinsichtlich des eisernen Bestandes günstig gegenübergestanden war. In der flüssigen Grenze zum übrigen Vorratsvermögen schien dem Obersten Finanzgerichtshof eine geeignete Möglichkeit zu liegen, den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere denjenigen des einzelnen Betriebes angemessen Rechnung zu tragen. Des weiteren war bedeutsam, daß Becker und Mirre in den von ihnen herausgegebenen Erläuterungsbüchern sich zur Bildung eiserner Bestände in dem hier vorgesehenen engen Rahmen günstig aussprachen (siehe Mirre- Dreutter, Erläuterungsbuch zum Körperschaftsteuergesetz - Verlag Bergmann und Springer München-Berlin 1939 - S. 243, Becker EStG 1925 S. 1166). Es war anzunehmen, daß ihre Auffassungen der Ansicht entsprachen, die seinerzeit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zugrunde lag.
Die Verwaltung ist in den Ländererlassen des Jahres 1952 den Weg des Preisdifferenzkontos gegangen und hat sich hierbei auf § 131 AO gestützt. Es kann zweifelhaft sein, ob auf diese Regelung nicht die Grundsätze anzuwenden sind, die die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 9. Mai 1951 III A 336/50 (Die öffentliche Verwaltung 1952 S. 188) entwickelt hat. Die Härte wird im Ergebnis in der Versteuerung der durch die Preissteigerungen sich ergebenden Gewinne erblickt, die die Wirtschaft als Scheingewinne bezeichnet. Die Unbilligkeit gründet sich somit auf Bedenken gegen die wirtschaftliche Natur der formal errechneten Gewinne. Würde man in den Gewinnen echte Gewinne erblicken, so wäre es unklar, worin die Unbilligkeit im Sinne des § 131 AO in der steuerlichen Erfassung dieser Gewinne liegt. Die wirtschaftliche Beurteilung des Vorgangs ist jedoch bereits ein Teil der Veranlagung. Es müssen deshalb auch hier die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 241/52 U vom 3. Dezember 1953 beachtet werden.
Die Maßnahmen der Verwaltung in Verbindung mit der Koreakrise, die wesentlich über das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs hinausgegangen sind, die Anordnungen in den außerdeutschen Staaten, die Stellungnahmen der Länder zu den Preisschwankungen II/1948 und 1949, des weiteren die Ermächtigung im EStG 1955 sprechen dafür, daß hier ein besonderes wirtschaftliches Problem vorliegt. Man könnte für die Zeit von der Währungsumstellung bis zum 1. Januar 1955 eine Lücke im Gesetz annehmen, die auszufüllen die Rechtsprechung sich bemüht hat.
Auf Grund dieser Erwägungen kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß der Rechtsauffassung des Obersten Finanzgerichtshofs die Anerkennung für die Streitjahre nicht versagt werden kann.
Der Bundesminister der Finanzen macht geltend, daß durch § 51 Abs. 2 Ziff. 2b EStG 1955 die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bildung eines eisernen Bestandes im Rahmen des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs weggefallen seien. Diesem Vorbringen kann grundsätzlich die Bedeutung nicht versagt werden.
Der Gesetzgeber hat durch das EStG 1955 das Wirtschaftsproblem der Preisschwankungen ab 1. Januar 1955 in einem bestimmten Sinne geregelt. Die Regelung ist ohne Einschränkung erfolgt. Das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs verliert damit mit Wirkung vom 1. Januar 1955 die Grundlage, soweit es darauf gerichtet ist, die Preisschwankungen auszugleichen. Zugänge zu den entsprechend dem Gutachten gebildeten eisernen Beständen sind von diesem Zeitpunkt ab im allgemeinen mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Unberührt bleibt jedoch, inwieweit nach den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung Gegenstände des Vorratsvermögens gruppenweise zusammengefaßt und ggf. in einem Festwert angesetzt werden können.
Der Bundesminister der Finanzen hat des weiteren die Frage der Abgrenzung der anlageähnlichen Vorräte von den übrigen Vorräten angeschnitten. Soweit bekannt, bilden hierbei die Hilfsstoffe, wie öle, Fette, Kohle, keine Schwierigkeit. Bei ihnen kann der Durchschnittsbestand zu einem eisernen Bestand zusammengefaßt werden. Schwieriger ist die Frage bei den Wirtschaftsgütern, die das Unternehmen für die Herstellung der eigenen Produkte benötigt. Als anlageähnlich sind alle Stoffe anzusehen, die das Unternehmen nicht selbst herstellt, sondern für die eigene Produktion von anderen Firmen bezieht. Die Ansicht des Finanzamts, daß hierunter nur Rohstoffe, wie Rohwolle, Mineralien zu erblicken sind, ist nicht zutreffend. Von anderen Betrieben angelieferte Waren, die für die eigene Erzeugung benötigt werden, so z. B. Garne in einer Weberei, sind ebenfalls als anlageähnliche Vorräte anzusehen. Sie können aber nur insoweit mit einem Festwert angesetzt werden, als es sich um überbrückungsvorräte handelt. Das sind Vorräte, die dazu dienen, einer Stockung der Zufuhr, also Notständen Rechnung zu tragen. Es kann sich hierbei nur um einen Bestand von wenigen Wochen handeln.
Nicht anlageähnlich sind alle Vorräte, die sich bereits im Fertigungsgang befinden. Neben den Fertigfabrikaten scheiden alle im Fertigungsprozeß befindlichen Wirtschaftsgüter, insbesondere also die Halbfabrikate aus.
Das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs ist insofern nicht ganz folgerichtig, als es auch den Maschinenbelag in der Textilindustrie und die Rohstoffe, die sich bei der chemischen Industrie im Durchlauf durch die Apparate befinden, aufgeführt hat. Die Ausführungen wurden dadurch veranlaßt, daß, wie bereits oben dargestellt, der Maschinenbelag und die Rohstoffe häufig mit einem Festwert im Interesse der Vereinfachung der Bilanzierung ausgewiesen werden.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben und die Sache zur Entscheidung im Einspruchsverfahren unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 408138 |
BStBl III 1955, 144 |
BFHE 1955, 376 |
BFHE 60, 376 |
BB 1955, 441 |
DB 1955, 447 |