Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat tritt den in der Entscheidung I 140/52 U vom 1. März 1955, BStBl. III S. 144, vertretenen Rechtsgrundsätzen hinsichtlich des "Eisernen Bestandes" beim Vorratsvermögen bei.
Lediglich anlageähnliches Vorratsvermögen, nicht aber das sonstige gebundene Vermögen im Sinne Schmalenbachs kann zu einem "Eisernen Bestand" zusammengefaßt werden.
2. Zur Bilanzierung schwebender Verträge in der DM- Eröffnungsbilanz.
Normenkette
DMBG § 5; DMBG § 20; EStG § 6 Ziff. 2
Tatbestand
Anmerkung: Die unten aufgeführten Zahlen sind gegenüber den tatsächlichen Werten abgeändert.
Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt den Großhandel mit Schrott, Maschinen, Metallen und Feldbahnmaterial. Er wendet sich in zwei Punkten gegen die Vorentscheidung.
1. Der Bf. hat eine besondere Gruppe von Nichteisenmetallen seit 1945 mit unveränderten Werten geführt, die er in der DM- Eröffnungsbilanz als "Eisernen Bestand" mit einem Wertansatz von 10 000 DM ausweist. Das Finanzamt hat diese Gruppe wie die anderen Buntmetalle mit 40 000 DM in der DM-Eröffnungsbilanz und mit 50 000 DM in der Bilanz zum 31. Dezember 1949 bewertet mit der Begründung, daß bei der Art des Betriebes zwar die Menge, nicht aber die körperliche Identität der Bestände über Jahre erhalten geblieben sein könne, und weil nach der zur Zeit herrschenden Auffassung wohl Industriebetrieben, nicht aber Handelsbetrieben die Möglichkeit zustehe, für Teile des Warenlagers Festwerte zu bilden. Das Finanzgericht ist dieser Auffassung im Berufungsverfahren beigetreten. Es stützte sich in gleicher Weise wie das Finanzamt auf das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/49 S vom 3. Juni 1949 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1950 S. 333). Nach diesem Gutachten könne beim Vorratsvermögen die Bildung eines eisernen Bestandes nur für Vorratsvermögen mit anlageähnlichem Charakter anerkannt werden. Unbestritten seien im Streitfalle diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Bf. sei Großhändler in Schrott, Eisen und Nichteisenmetallen. Es müsse daher unterstellt werden, daß die zum "Eisernen Bestand" zusammengefaßten Warenvorräte wie Schwerkupfer, Rotgußabfälle, Schwermessing, Weichblei usw. zum Umsatz bestimmt seien, also keinen anlageähnlichen Charakter hätten.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) erkennt an, daß die Entscheidung des Finanzgerichts in den Grundsätzen des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/49 S vom 3. Juni 1949 ihre Stütze finde. Sie ist aber der Auffassung, daß auch die umstrittenen Vorräte zu einem eisernen Bestand zusammengefaßt werden könnten, um eine Scheingewinnbesteuerung zu vermeiden. Hierbei bezieht sie sich insbesondere auf die Schrift von Dr. Odilo Binder "Scheingewinnbesteuerung - Eiserner Bestand - Substanzerhaltungsrücklage".
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist in diesem Punkt unbegründet. Der Oberste Finanzgerichtshof hat in seinem Gutachten in eingehenden Ausführungen dargestellt, daß nach dem geltenden Einkommensteuerrecht für das sogenannte gebundene Vorratsvermögen im Sinne Schmalenbachs die Bewertung mit Festwerten nicht zulässig ist. Er hat es deshalb abgelehnt, für Halbfabrikate, Fertigwaren sowie die Waren bei Handelsbetrieben den eisernen Bestand anzuerkennen. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat zu dem Problem in der Entscheidung I 140/52 U vom 1. März 1955 (BStBl. III S. 144) eingehend Stellung genommen. Der erkennende Senat tritt den grundsätzlichen Ausführungen dieser Entscheidung bei. Es ist hiernach nicht zulässig, die umstrittenen Waren zu einem eisernen Bestand mit einem Festwert zusammenzufassen.
Eine weitere strittige Bewertungsfrage bilden die Bestände an Schiffswracks, die der Bf. für den 21. Juni 1948 mit 45 000 DM, das Finanzamt jedoch nur mit 15 000 DM bewertet hat. Der Bf. hat mit der Reederei A Anfang Januar 1948 einen Kaufvertrag über rd. 600 to geborgene und rd. 1 200 to noch zu bergende Schiffswracks abgeschlossen. Der Kaufpreis betrug 30 RM je to und galt auch nach der Währungsumstellung in DM unverändert weiter.
Der Bf. ist der Ansicht, daß es möglich sei, die Bestände am 21. Juni 1948 nach den Anteilen an Eisenschrott, Buntmetallen, Maschinen usw., die in den Wracks enthalten seien, im einzelnen zu bewerten. Er hat einen Teil der Bestände als Mischschrott mit 20 000 DM (50 DM je to) bewertet. Das Finanzamt hat der Bewertung den nach der Währungsreform geltenden Preis von 30 DM je to zugrunde gelegt.
Im Betriebsprüfungsbericht wird folgendes ausgeführt: "Die von der Firma erwogene Bewertung nach dem Inhalt der Wracks entsprechend der späteren Ausbeute an Schrott, N. E.-Metallen usw. müßte bei Berücksichtigung aller Bearbeitungskosten, der Ausfälle durch (im Gewicht mit bezahlten) Schlick und Ballast und der Gemeinkosten (als Passiva) wieder auf den Wert von 30 DM je to führen. Da der Kaufvertrag Wracks zum Gegenstand hat, nicht aber deren gewinn- oder verlustbringende Bestandteile, ist nur die Bewertung der Wracks als Ganzes möglich".
Das Finanzgericht sah den Antrag des Bf. als unbegründet an. Der Bf. habe nicht Metalle, sondern Schrott gekauft. Der Bf. sei der Auffassung, daß mindestens die gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten für Mischschrott angesetzt werden könnten, und zwar 50 DM je to. Er verkenne jedoch, daß sich die erworbenen Wracks nicht nur vom Mischschrott, sondern auch von anderen Wracks, in einem wesentlichen Punkt unterscheiden würden, nämlich darin, daß sie nach einem Anfang Januar 1948 abgeschlossenen Kaufvertrag für 30 RM (DM) je to laufend zu erwerben seien, bis der Kaufvertrag erfüllt sei. Die Käufe hätten sich bis in das Jahr 1950 erstreckt, und zwar zu gleichbleibendem Kaufpreis von 30 DM je to. Dieser Preis stelle auch im vorliegenden Falle die gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten nach
§ 20 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) dar. Die Rb. ist der Auffassung, daß es sich bei den vereinbarten Preisen um außergewöhnliche Wiederbeschaffungskosten handele, nicht um gewöhnliche Wiederbeschaffungskosten im Sinne des DMBG. Der Bf. habe einen außerordentlich günstigen Vertrag mit der Reederei abgeschlossen. Der Umstand, daß besonders große Mengen hochwertiger Metalle geborgen worden seien, habe die Reederei veranlaßt, das Vertragswerk anzugreifen. Es sei eine Einigung dahingehend zustande gekommen, daß der Bf. sich bereit gefunden habe, einen Aufpreis von einmalig 8 000 DM zu zahlen. Sicherlich wäre der Kaufvertrag unter dem Einfluß der nach dem 21. Juni 1948, ja schon im April 1948 einsetzenden erheblichen Preissteigerung unter ungünstigeren Bedingungen abgeschlossen worden. An den für die Wertfindung maßgebenden Stichtagen des DMBG hätten Wracks dieser Art unter gleichen Bedingungen nicht wiederbeschafft werden können.
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes: Der Tatbestand liegt nicht vollkommen klar. Zunächst muß angenommen werden, daß es sich bei den umstrittenen Wirtschaftsgütern um Wracks handelt, die dem Bf. zur Ausbeute übereignet worden sind. Hierfür spricht auch das Vorbringen der Rb., nach der bei den Wracks feststand, welche Mindestausbeute an Buntmetallen, Motoren usw. zu erzielen gewesen sei. Dem Bf. sind jeweils gesprengte und auf Land gesetzte Teile der Wracks zu liefern gewesen. Es wird davon ausgegangen, daß es sich weder um die Ausbeute der nicht übereigneten im Wasser liegenden Wracks handelt, noch um die Ausbeute selbst.
Dem Bf. ist darin beizupflichten, daß der Wert dieser Wracks nicht durch den Kaufvertrag mit der Reederei endgültig bestimmt wird, sondern durch die gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten. Sonderverhältnisse, also ein außerhalb des Schätzungsrahmens der gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten liegender Preis, scheiden aus. Sofern es dem Bf. gelungen ist, einen sehr günstigen Vertrag abzuschließen, der einen außergewöhnlich niedrigen Preis je to enthält, stellt dieser Preis nicht die gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten im Sinne des Gesetzes dar. Die Würdigung des Finanzgerichts in dieser Richtung ist rechtsirrig. Die Höhe der gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten ist Tatsachenwürdigung. Es spricht die Vermutung dafür, daß der mit der Reederei vereinbarte Preis ein angemessener Preis ist. Der Bf. ist aber berechtigt, den Gegenbeweis zu führen.
Die Vorentscheidung muß aufgehoben werden. Die Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen, das ggf. die Reederei zu hören hat, wie der Preis zustande gekommen ist.
Anders ist die Rechtslage hinsichtlich der zukünftigen Ausbeuten aus nicht übereigneten im Wasser liegenden Wracks. Hier handelt es sich um die Bilanzierung eines schwebenden Vertrages, der in der DM-Eröffnungsbilanz nicht ausgewiesen werden kann, auch dann nicht, wenn es sich um einen verhältnismäßig sehr günstigen Kaufvertrag gehandelt haben sollte. Das Ausweisen von Gewinnen aus schwebenden Verträgen in der DM-Eröffnungsbilanz ist mit dem handelsrechtlichen Grundsatz des Verbotes des Ausweisens nicht realisierter Gewinne nicht vereinbar. Die gegenteilige Auffassung des Bf. ist abzulehnen.
Die aus den Wracks bereits geborgene Ausbeute an Maschinen, Metallen usw. kann mit den Preisen angesetzt werden, die sich nach §§ 5, 20 DMBG hierfür ergeben.
Fundstellen
Haufe-Index 408141 |
BStBl III 1955, 222 |
BFHE 1956, 63 |
BFHE 61, 63 |
DB 1955, 679 |