Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewirtungskosten anläßlich einer dienstlichen Beförderung
Leitsatz (amtlich)
Bewirtungskosten, die einem Steuerpflichtigen wegen einer Feierstunde aus Anlaß der Beförderung vom Direktor zum Präsidenten des Amtsgerichts entstehen, sind wegen des in § 12 Nr.1 Satz 2 EStG enthaltenen Aufteilungs- und Abzugsverbots für Repräsentationsaufwendungen nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
Für die Frage, ob eine Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen durch den Beruf eines Steuerpflichtigen oder durch Repräsentationspflichten vorliegt, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige selbst oder sein Dienstvorgesetzter die Einladung zu der Feierstunde ausgesprochen hat (vgl. umfangreiche Rechtsprechung zu Bewirtungsaufwendungen im beruflichen Bereich, die durch ein persönliches Ereignis mitveranlaßt worden sind).
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1 S. 2, § 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
FG Münster (Entscheidung vom 10.03.1992; Aktenzeichen 2 K 202/91 E) |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte als Direktor des Amtsgerichts A Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Anläßlich seiner Ernennung zum Präsidenten des Amtsgerichts B wurde er im Rahmen einer Feierstunde in den Diensträumen des Amtsgerichts A von seinem Dienstvorgesetzten, dem Präsidenten des Landgerichts, verabschiedet und der Nachfolger in sein Amt eingeführt. Zu der Feierstunde und dem anschließenden Empfang, bei dem etwa 200 Gäste bewirtet wurden (Bedienstete des Amtsgerichts sowie ca. 20 Personen des öffentlichen Lebens aus Staat, Anwaltschaft und Kirche) hatte der Präsident des Landgerichts eingeladen; dieser hatte nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) auch die Gästeliste sowie Zeit und Ort der Veranstaltung bestimmt. Da keine Haushaltsmittel zur Verfügung standen, hatten sich der Kläger und sein Amtsnachfolger auf Anfrage des Landgerichtspräsidenten bereit erklärt, jeweils die Hälfte der Bewirtungskosten zu tragen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte es ab, die auf den Kläger entfallenden Bewirtungskosten bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1989 als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. Verfügungen der Oberfinanzdirektion --OFD-- Münster vom 3.Oktober 1988 S 2350 - 75-St-12-31, Finanz-Rundschau --FR-- 1988, 607 und FR 1990, 31).
Das FG gab der Klage aus den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1992, 443 wiedergegebenen Gründen statt. Zwar seien, wie die Vorinstanz ausführte, Aufwendungen eines Arbeitnehmers mit feststehenden Bezügen zur Bewirtung von Mitarbeitern, Repräsentanten anderer Behörden und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in aller Regel durch die allgemeine Lebensführung mitbestimmt; denn in Fällen dieser Art beruhten die freiwillig übernommenen Bewirtungsaufwendungen auch auf den durch die langjährige Zusammenarbeit begründeten gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Eine von diesen Grundsätzen abweichende steuerliche Beurteilung sei jedoch in besonders gelagerten Einzelfällen nicht ausgeschlossen. Ein solcher Ausnahmefall liege vor, wenn der Repräsentationscharakter der Bewirtungsaufwendungen auf Grund einer besonderen beruflich veranlaßten Ziel- und Zwecksetzung in den Hintergrund trete. Bei Würdigung aller Umstände des Streitfalles seien hier die Bewirtungsaufwendungen als nahezu ausschließlich beruflich veranlaßt anzusehen. Die Veranstaltung habe dienstlichen Charakter besessen und auf einer Entscheidung des Dienstvorgesetzten beruht. Dieser sei auch nach außen als Einladender aufgetreten.
Gegen dieses Urteil wendet sich das FA mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision und rügt Verletzung des § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
1. Aufwendungen eines Steuerpflichtigen mit festen Bezügen für die Bewirtung von Mitarbeitern sind gemäß § 9 EStG dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn diese --wie etwa im Zusammenhang mit Dienstbesprechungen oder Fortbildungsveranstaltungen-- rein beruflichen Zwecken dienen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23.März 1984 VI R 182/81, BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557). Soweit es sich jedoch dabei um Ausgaben für die Bewirtung handelt, die ganz oder teilweise auch in Zusammenhang mit einem herausgehobenen persönlichen Ereignis des Bewirtenden stehen, hat der BFH einen Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug gemäß § 12 Nr.1 Satz 2 EStG verneint. Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, daß es sich in Fällen der letztgenannten Art um Aufwendungen handelt, die auch durch die gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen veranlaßt und als Teil der Kosten für die private Lebensführung anzusehen sind. So hat der BFH Kosten für Empfänge anläßlich des 50.Geburtstags eines bekannten Journalisten (Urteil des BFH vom 12.Dezember 1991 IV R 98/89, nicht veröffentlicht --NV--) oder des 60.Geburtstags eines Rechtsanwaltes nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen, selbst wenn dieser ausschließlich im geschäftlichen Bereich unter Geschäftsfreunden gefeiert wird (Urteil des BFH vom 12.Dezember 1991 IV R 58/88, BFHE 167, 46, BStBl II 1992, 524). Ebenso hat der BFH Aufwendungen bei Feiern aus Anlaß eines Dienstjubiläums des Geschäftsführers einer Großhandelsfirma (BFH-Urteil vom 27.April 1990 VI R 54/88, BFH/NV 1991, 85) und eines ranghohen Beamten einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (BFH-Urteil vom 8.März 1990 IV R 108/88, BFH/NV 1991, 436) sowie Aufwendungen bei der Feierstunde eines Chefarztes aus Anlaß seiner Ernennung zum Professor (BFH-Urteile vom 13.September 1962 IV R 11/61 U, BFHE 75, 748, BStBl III 1962, 539) nicht zum Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug zugelassen. Maßgeblich war in allen Fällen, daß für diese Veranstaltungen Repräsentationspflichten mitbestimmend waren.
2. Die entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß die Bewirtungskosten des Klägers aus Anlaß seiner Verabschiedung als Direktor des Amtsgerichts nicht als Werbungskosten anzuerkennen sind. Zwar bestand für die Veranstaltung insoweit ein beruflicher Anlaß, als sie der Selbstdarstellung der Behörde und der Information der durch die anwesenden Vertreter von Staat, Anwaltschaft und Kirche repräsentierten Öffentlichkeit sowie der Mitarbeiter über den Amtswechsel diente. Gleichzeitig sollten jedoch auch die Verdienste des zum Präsidenten eines benachbarten Amtsgerichts beförderten Klägers sowie eines Nachfolgers gewürdigt werden. Die Feierstunde vereinte somit untrennbar berufsbezogene Elemente mit solchen einer Verabschiedungs- und Beförderungsfeier, die dem privaten, gesellschaftlichen Bereich zuzuordnen und gemäß § 12 Nr.1 Satz 2 EStG nicht abziehbar sind. Daß sich der Kläger der allgemeinen Übung, im Anschluß an den offiziellen Teil zu einem Imbiß einzuladen, nicht entziehen konnte, beruht nicht --wie das FG meint-- allein auf einem dienstlichen, sondern auf einem nicht zu vernachlässigenden gesellschaftlichen Zwang; sie entsprach der allgemeinen Erwartung, daß sich Behördenleiter mit einer angemessenen Feierstunde vom betroffenen Personenkreis verabschieden. Daß Veranstaltungen dieser Art durchgeführt werden, gehört zu den typischen gesellschaftlichen Repräsentationspflichten, die die gehobene berufliche Position mit sich bringt und die durch den Beruf nur mittelbar veranlaßt sind (Geiger, FR 1990, 742; ebenso zur Abschiedsfeier eines Hauptsachgebietsleiters FG Bremen, Urteil vom 16.Oktober 1990 II 165/90 K, EFG 1991, 375 und zur Amtseinführung eines Behördenleiters Hessisches FG, Urteil vom 10.Dezember 1990 10 K 155/89, EFG 1991, 375; a.A. Hartz/Meeßen/Wolf, ABC- Führer-Lohnsteuer, Stichwort "Werbungskosten", I 3b S.1332). Für die Frage, ob eine Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen durch den Beruf des Klägers oder durch Repräsentationspflichten des Klägers vorliegt, kommt es entgegen der Rechtsansicht des FG nicht entscheidend darauf an, ob der Kläger selbst oder sein Dienstvorgesetzter die Einladung zu der Feierstunde ausgesprochen hat. Aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtssicherheit sowie aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung erscheint es dem Senat geboten, derartige Aufwendungen im beruflichen Bereich, die durch ein persönliches Ereignis mitveranlaßt sind (Geburtstags-, Jubiläums-, Einstands-, Ausstands- sowie Beförderungsfeiern etc.) nicht als Werbungskosten anzuerkennen.
Die Vorentscheidung, der eine abweichende Rechtsauffassung zugrunde liegt, war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Nach den vorstehenden Ausführungen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 64251 |
BStBl II 1993, 350 |
BFHE 170, 131 |
BFHE 1993, 131 |
BB 1993, 1856 |
BB 1993, 1856-1857 (LT) |
DB 1993, 818 (LT) |
DStR 1993, 472 (KT) |
DStZ 1993, 665 (K) |
HFR 1993, 302 (LT) |
StE 1993, 184 (K) |