Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung kommt es nicht auf die formale Bedeutung eines Buchführungsmangels an, sondern auf dessen sachliches Gewicht. Das gilt auch für die nicht zeitnahe Verbuchung von Kassenausgaben.
2. Werden unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse Einnahmen und Ausgaben - so wie sonst in einen Kassenbericht - in das Kassenbuch übertragen, so brauchen die Notizzettel mit dem Auszählungsergebnis nicht als Einnahmeursprungsaufzeichnungen aufbewahrt zu werden.
2. Die von der Rechtsprechung zugelassene Belegsammlung als hinreichender Grundbuchersatz bei kleinen Betrieben (BFH-Urteil vom 24. März 1970 I R 38/68, BFHE 99, 120, BStBl II 1970, 540) kommt auch in Betracht, wenn bei überschaubaren Verhältnissen die Möglichkeit nachträglicher Manipulationen ausgeschlossen werden kann.
Normenkette
EStG § 5; AO a.F. § 162
Tatbestand
Streitig ist die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung hinsichtlich der Kassenbuchführung und der Verbuchung der Ausgangsrechnungen für die in Anspruch genommenen Steuervergünstigungen nach §§ 6 Abs. 2, 10 a EStG.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb bis zum Jahre 1971 ein Sauna- und Kurbad in E. Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1966 für die Jahre 1962 bis 1964 verneinte der Prüfer die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Das Kassenbuch sei nicht täglich geführt, sondern es sei in unregelmäßigen Zeitabständen nachgetragen worden. Die Schmierzettel, auf denen der Kläger die Tageseinnahmen errechnet habe, seien vernichtet worden. Außerdem habe der Kläger bei monatlicher Journalbuchung die Grundaufzeichnungen hinsichtlich des Rechnungsausgangs überhaupt nicht und hinsichtlich des Rechnungseingangs nur in unzulänglicher Form geführt. Schließlich habe er kein Kontokorrent geführt, obwohl 75 v. H. der Einnahmen aus unbaren Abrechnungen mit verschiedenen Krankenkassen stammten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) versagte darauf in den berichtigten Einkommensteuerbescheiden für 1962 und 1963 sowie in den erstmaligen Einkommensteuerbescheiden für 1964 bis 1966 die Steuerbegünstigung des nicht entnommenen Gewinns nach § 10 a EStG sowie die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG.
Die Einsprüche blieben erfolglos. Die Klage wurde abgewiesen.
Mit seiner Revision rügt der Kläger unrichtige Anwendung der Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung, Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 162, 208 der Reichsabgabenordnung (AO) und die Verfahrensmängel der mangelnden Sachaufklärung und der Ablehnung von Beweismitteln. Zur Begründung wird u. a. vorgetragen:
1. Das FG habe zu Unrecht angenommen, die Buchführung des Klägers sei bezüglich der Führung des Kassenbuchs nicht ordnungsmäßig. Die als Tatsachenfeststellungen dargestellte Annahme, die Kasseneinnahmen und -ausgaben seien nicht regelmäßig täglich aufgezeichnet worden, sei unzutreffend. Die als Indiz für diese Annahme gedachte Bemerkung, dies ergebe sich aus der Vielzahl der Nachtragungen, die der Kläger in seinem Kassenbuch vorgenommen habe, beruhe auf einer Verkennung der Tatsachen. Unbestreitbar habe der Kläger keine Kasseneinnahmen nachträglich in das Kassenbuch eingetragen. Bei den sogenannten "Nachtragungen" handle es sich ausschließlich um Ausgaben. Auch diese Ausgaben seien nicht etwa zu einem früheren Zeitpunkt der Geschäftskasse entnommen worden, als im Kassenbuch dargestellt. Der Kläger habe vielmehr hin und wieder Ausgaben zunächst bar aus seinen privaten Mitteln bestritten und erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich wenn er sich diese Ausgaben aus der Geschäftskasse habe ersetzen lassen, im Kassenbuch gebucht. Dabei habe er statt des Datums der Erstattung, also der Kassenausgabe, das Datum des Belegs vermekrt. Der Tag der Erstattung und Buchung ergebe sich aus der Stelle der Eintragung im Kassenbuch, da der jeweilige Buchungstag im Kassenbuch mit dem Eintrag der "Tagessumme", also der Bareinnahmen, beginne und danach - bis zum Eintrag der "Tagessumme" des folgenden Tages - die Ausgaben des jeweiligen Buchungstages folgten.
Die Ausführungen des FG, der Kläger habe bei seiner Methode der täglichen Kassenbestandsaufnahme nicht die tatsächlichen Einnahmen ermittelt, da die Kassenausgänge noch hätten zugerechnet werden müssen, sei unrichtig. Der für die Beurteilung der Kassenführung des Klägers entscheidende Sachverhalt, von dem das FG habe ausgehen müssen, stelle sich wie folgt dar: Im Erdgeschoß habe sich am Eingang zum Bad eine nicht vom Kläger geführte Einnahmekasse befunden, in der die baren Eintrittsgelder vereinnahmt worden seien. Nach Geschäftsschluß habe der Kläger den Geldbestand dieser Nebenkasse gezählt, den stets gleichhohen Wechselgeldbestand abgezogen und gelegentlich gezahlte Ausgaben nach Belegen hinzugerechnet. Den so ermittelten Betrag habe er auf einem Schmierzettel, der ihm lediglich als Gedächtnisstütze gedient habe, notiert und anschließend in das im Büro im 1. Stock geführte Kassenbuch der Hauptkasse als "Tageskasse" eingetragen. Demnach stellten die so bezeichneten Beträge exakt die baren Tageseinnahmen dar. Im übrigen seien Barausgaben im wesentlichen aus der Hauptkasse getätigt und direkt in das Kassenbuch eingetragen worden. Die aus Privatmitteln vorgestreckten Betriebsausgaben seien stets aus der Hauptkasse im Büro ersetzt worden und hätten somit keinen Einfluß auf die Einnahmenermittlung haben können.
Da der Kläger von Anfang an die Darstellung des Betriebsprüfers im Betriebsprüfungsbericht zur Frage der Kassenführung als unrichtig bestritten gehabt habe, hätte das FG die angebotene Zeugenvernehmung des Prüfers vornehmen müssen. In dieser Unterlassung sei der Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung (§ 76 FGO), insbesondere durch die Ablehnung von Beweismitteln (§ 81 FGO), zu erblicken.
Zur Einnahmenermittlung sei zu sagen, daß der Kläger, der Dienstleistungen oder Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl zumeist unbekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft habe, die baren Betriebseinnahmen nicht einzeln habe aufzeichnen müssen (Urteile des BFH vom 12. Mai 1966 IV 472/60, BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371, und vom 1. Oktober 1969 I R 73/66, BFHE 97, 21, BStBl II 1970, 45). Ebenso habe er weder gesonderte Tageskassenberichte zu erstellen noch das Kassenbuch in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte zu führen brauchen; denn durch die Auszählung der reinen Einnahmekasse im Erdgeschoß und die unmittelbar darauffolgende Eintragung der ermittelten Summe in das Kassenbuch sei sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherheit der Vollständigkeit Rechnung getragen worden. Schmierzettel, auf denen Ausgaben notiert worden seien, wie das FG meine, hätten überhaupt nicht existiert.
Außerdem wird vorgetragen, daß die vom FA als Einnahmeursprungsaufzeichnungen bezeichneten Schmierzettel nur eine Transportfunktion zwischen der reinen Einnahmekasse im Erdgeschoß und der keine Bareinnahmen direkt verzeichnenden Hauptkasse im I. Stock zu erfüllen gehabt hätten und ihre Aufbewahrung entbehrlich sei, weil ihr Inhalt in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch unmittelbar nach Auszählung der Einnahmekasse im Erdgeschoß übertragen worden sei. Daß damit dem Aufbewahrzweck ebenso wie der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen nach den tatsächlichen Verhältnissen in vollem Umfang Rechnung getragen sei, habe der BFH in einem ähnlich gelagerten Fall ausgesprochen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729). Es habe dabei keine Möglichkeit bestanden, Ausgaben doppelt zu erfassen, da jeder verbuchte Ausgabenbeleg mit einer fortlaufenden Buchungsnummer versehen worden sei.
2. Hinsichtlich der Ausgangsrechnungen sei das Urteil insofern widersprüchlich, als es deren Zahl in Zusammenhang mit der Zumutbarkeit sofortiger Erfassung als "nicht umfangreich", in Zusammenhang mit der Untersuchung, ob eine Belegsammlung noch ausreichend sei, dagegen als "recht erheblich" bezeichnet habe. Im übrigen habe es die Besonderheiten des Streitfalles nicht ausreichend beachtet. Wichtig sei hierbei, daß die Rechnungen ausschließlich an gesetzliche Pflichtkrankenkassen gegangen seien, die Körperschaften des öffentlichen Rechts seien, daß der Kreis der Rechnungsempfänger stets zahlenmäßig begrenzt und immer der gleiche gewesen sei und daß die Rechnungen stets durch Banküberweisungen beglichen worden seien. Die Buchung sei mit dem Bankbeleg durch den Steuerberater im Journal erfolgt.
Das FG habe das Erfordernis zeitnaher Verbuchung zu eng ausgelegt. In dem vom FG zitierten BFH-Urteil vom 24. März 1970 I R 38/68 (BFHE 99, 120, BStBl II 1970, 540) habe der BFH ausgeführt, daß bei der Entscheidung der Frage, ob eine Belegsammlung als hinreichender Grundbuchersatz angesehen werden könne, "nicht kleinlich" verfahren werden solle, "wenn kontrollierbar gewährleistet" sei, daß "alle Belege verbucht" würden. Gerade dies sei aber hier gegeben, da bei etwa 20 Ausgangsrechnungen im Monat nicht von einem umfangreichen Beleganfall gesprochen werden könne und wegen der ausschließlich unbaren Zahlungsweise der Krankenkassen eine vollständige Erfassung gewährleistet sei. Außerdem habe sich ein kundiger Dritter jederzeit anhand der zahlenmäßig kleinen Belegsammlung über den Stand der Forderungen schnell informieren können und habe jeder Geschäftsvorfall ohne große Mühe bis zum Beleg zurückverfolgt werden können. Deshalb habe die Belegsammlung als Grundbuchersatz ausgereicht. Auch ein Kontokorrentkonto sei unter diesen besonderen Umständen nicht erforderlich gewesen.
Der Kläger beantragt Aufhebung des FG-Urteils und Entscheidung nach dem Klageantrag.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung sowie zu der vom Kläger beantragten Herabsetzung der Einkommensteuerbeträge, weil die Buchführung des Klägers als ordnungsmäßig anzusehen ist.
1. Kassenbuchführung
Die Ermittlung und Aufzeichnung der täglichen Kasseneinnahmen hält das FG deshalb nicht für den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechend, weil Einnahmeursprungsaufzeichnungen nicht vorhanden seien und der Kläger, selbst wenn man davon ausgehe, daß er regelmäßig jeden Abend den Kassenbestand gezählt und im Kassenbuch eingetragen habe, dadurch nicht die tatsächlichen Einnahmen ermittelt habe, weil die Kassenausgänge noch hätten zugerechnet werden müssen. Die Behauptung des Klägers, die täglichen Eintragungen "Tageskasse" im Kassenbuch enthielten die gesamten täglichen Einnahmen, da er die aus der Badekasse im Erdgeschoß gelegentlich gezahlten Ausgaben dem Kassenbestand zugeschlagen habe, zieht das FG dabei deshalb in Zweifel, weil diese Zurechnung außerhalb des Kassenbuchs geschehen, eine Nachprüfung der Einnahmen aufgrund des Kassenbuchs nicht möglich sei und die Tatsache, daß der Kläger ins Kassenbuch auch Ausgaben gesondert eingetragen habe, gegen seine Behauptung spreche. Dieser Würdigung des FG kann nicht gefolgt werden.
Wie der VIII. Senat des BFH in dem Urteil VIII 1/65 entschieden hat, ist die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse "in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte. Kassenbuch" übertragen wird. Dem Urteil lag ein Fall zugrunde, bei dem der Steuerpflichtige seine Tageseinnahmen durch Auszählen ermittelt und auf einem Zettel notiert, die Zettel aber nicht aufgehoben hatte. Die Darstellung des Steuerpflichtigen, die Notizzettel hätten nur eine Transportfunktion zwischen dem zur ebenen Erde gelegenen Ladengeschäft und der in der 1. Etage liegenden Wohnung, so daß die Nicht-Aufbewahrung der als Gedächtnisstützen benutzten Notizzettel nach unverzüglicher Übertragung der Tageseinnahmen in das Kassenbuch keinen Systemfehler darstelle, wurde vom FG und BFH bestätigt. Für die Frage, was unter einem in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführten Kassenbuch zu verstehen ist, läßt sich aus dem Urteil VIII 1/65 nur entnehmen, daß die unverzügliche Übertragung der Tageseinnahmen in das "in Form eines Kassenberichts geführte Kassenbuch", so die Darstellung des Steuerpflichtigen, das FG als ausreichend hingenommen hatte, obwohl die Staffelung des Kassenbuchs die Berechnung nach Art der Kassenberichte nur schwer zugelassen hatte, und daß der VIII. Senat dies offensichtlich billigte. Daraus ist zu schließen, daß sich alle aus einem Kassenbericht ersichtlichen Zahlen und Angaben - wie bei einer Aneinanderreihung von einzelnen Kassenberichten - auch im Kassenbuch wiederfinden müssen. Nur dann können der Aufbewahrungszweck, der normalerweise gemäß § 162 Abs. 8 AO durch die Pflicht zur Aufbewahrung der Registrierkassenstreifen, Kassenzettel, Bons usw. als "sonstige Unterlagen" erreicht wird, als erfüllt und die Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen als gesichert angesehen werden. Darüber hinaus die Aufbewahrung der Notizzettel als sog. Einnahmeursprungsaufzeichnungen zu verlangen, obwohl ihre Bedeutung nach Aufnahme der Tageseinnahmen und der aus ihnen geleisteten Ausgaben in Hauptkasse und Kassenbuch ihre Erledigung gefunden hat, hält der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem Urteil VIII 1/65 auch deshalb nicht für erforderlich, weil nicht einzusehen ist, welche Ergebnisse in materieller Hinsicht gewonnen werden könnten, wenn die Zettel aufbewahrt worden wären. Die vollständige Erfassung der täglichen Kasseneinnahmen wäre auch dann nicht stärker gesichert, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß etwaige Einnahmeverkürzungen durch eine Kontrolle dieser Zettel würden aufgedeckt werden können. Diese Überlegung ist jedenfalls dann von Bedeutung, wenn wie im Fall des BFH-Urteils VIII 1/65 und im vorliegenden Fall wegen der Abgabe von Waren oder Leistungen an eine Vielzahl meist unbekannter Personen die baren Betriebseinnahmen nicht einzeln aufgezeichnet zu werden brauchen (vgl. die BFH-Urteile IV 472/60 und I R 73/66). Im übrigen kommt es nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 31. Juli 1969 IV R 57/67, BFHE 97, 246 [250], BStBl II 1970, 125; vom 15. März 1972 I R 60/70, BFHE 105, 138, BStBl II 1972, 488, und vom 12. Dezember 1972 VIII R 112/69, BFHE 109, 167 [170], BStBl II 1973, 555) bei der Frage nach der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht mehr auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht an.
Das FG hat im vorliegenden Fall also zu Unrecht die Kassenbuchführung deshalb als nicht ordnungsmäßig angesehen, weil die Notizzettel als "Einnahmeursprungsaufzeichnungen" nicht aufgehoben worden seien. Bei täglicher Ermittlung der Kasseneinnahmen unter Berücksichtigung der gelegentlich aus der Badekasse geleisteten Ausgaben und sofortiger Eintragung der Tageskasse und der Ausgaben ins Kassenbuch war die Aufbewahrung der Notizzettel entbehrlich. Die Tatsache, daß der Kläger die Ausgaben gesondert eingetragen hat, spricht nicht, wie das FG meint, gegen die Darstellung des Klägers, sondern belegt gerade die Übernahme aller sonst aus einem Kassenbericht ersichtlichen Posten in das Kassenbuch. Da Betriebsprüfer, FA und FG übereinstimmend davon ausgehen, daß zu einer Zuschätzung kein Anlaß besteht, ist für eine begründete Vermutung, Tageseinnahmen seien nicht erfaßt worden, kein Raum.
Auch bei der Beurteilung der nicht zeitnahen Verbuchung von Kassenausgaben ist nicht auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen. Die Darstellung des FG, das von "der Vielzahl der Nachtragungen" und von den "häufig erst später" eingetragenen Kassenausgängen spricht, wird durch tatsächliche Feststellungen des FG über Zahl der Nachbuchungen, Ausmaß der Verspätung der Eintragungen und Höhe der Beträge nicht belegt; lediglich ein Einzelfall (Eintrag vom 12. Juli 1962 nach dem 1. August 1962) wird erwähnt. Der Kläger rügt mit Recht, daß das FG auf seine Darstellung zu den nachträglichen Ausgabebuchungen, die er im Einspruchsverfahren wie im Klageverfahren gegeben hat, nicht eingegangen ist. Da das FG weder Kassenfehlbeträge festgestellt hat, noch aus dem FG-Urteil entnommen werden kann, daß es sich um erhebliche Beträge oder um beträchtliche Zeitunterschiede, von dem angeführten Einzelfall abgesehen, handle, außerdem das Buchführungsergebnis ohne Zuschätzung übernommen wurde, kann den Nachtragungen im Kassenbuch ein sachliches Gewicht für die Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht beigemessen werden.
Zu den Ausführungen des FG, daß ohne die jederzeitige Abstimmung von Kassensoll- und istbestand die Buchführung einen Systemfehler enthalte und daß der Kläger eine tägliche Abstimmung des Kassenbestandes nicht vorgenommen habe, ist insoweit schließlich auf das BFH-Urteil I R 73/66 hinzuweisen. Dort ist im einzelnen aufgeführt, daß eine tägliche Feststellung des Kassenbestandes - über das Feststellen der Tageslosung hinaus - nicht verlangt werden kann, so daß es auf den Umstand, daß in dem dem FG vorgelegten Kassenbuch der Streitjahre der Kassenbestand - nach Anfangsbestand, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben - über die einzelnen Seiten des Kassenbuchs fortlaufend durchgezogen wurde, nicht ankommt.
2. Ausgangsrechnungen
Der Buchführung des Klägers kann die Ordnungsmäßigkeit auch nicht deshalb abgesprochen werden, wie das FG meint, weil der Kläger Ausgangsrechnungen erst bei Zahlungseingang gebucht hat.
Das FG bezieht sich zwar auf das BFH-Urteil I R 38/68, wonach bei kleineren Betrieben mit nur wenigen Eingangsrechnungen in der vierzehntägigen oder auch monatlichen Verbuchung nicht ohne weiteres ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu sehen ist und bei Beurteilung dieser Frage nicht kleinlich verfahren werden soll, wenn kontrollierbar gewährleistet ist, daß alle Belege verbucht werden. Das FG hält aber diese Grundsätze im Streitfall nicht für anwendbar. Dem kann nicht gefolgt werden.
Mit Recht wendet sich der Kläger gegen die widersprüchliche Beweisführung des FG, das einerseits feststellt, der Kundenkreis des Klägers sei "nicht so umfangreich" gewesen, daß die "Ausgangsrechnungen nicht sofort hätten erfaßt werden" können, andererseits aber den Anfall der Ausgangsrechnungen als "recht erheblich" ansieht. Dem Kläger ist auch darin zuzustimmen, daß die Meinung des FG, folgerichtig müßte jedes Einzelrezept buchhalterisch erfaßt werden, als überspitzt bezeichnet werden muß. Bei Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles für die Beurteilung der Frage, ob die Verbuchung aller Belege kontrollierbar gewährleistet ist (BFH-Urteil I R 38/68), kann nicht unbeachtet bleiben, daß rund 240 Rechnungen im Jahr, also nicht viel mehr als eine Rechnung je Arbeitstag, an rund 20 Rechnungsempfänger hinausgingen, die sämtlich Krankenkassen und, mit Ausnahme der Betriebskrankenkassen, öffentlich-rechtliche Körperschaften waren, und daß alle Rechnungen regelmäßig etwa nach 14 Tagen, nur in Einzelfällen auch später, unbar bezahlt wurden. Der erkennende Senat hat bereits in dem Urteil vom 11. September 1969 IV R 106/68 (BFHE 98, 148, BStBl II 1970, 307) entschieden, daß von dem Gebot, die Vorgänge innerhalb einer Zehntagefrist zu verbuchen, dort Ausnahmen anzuerkennen sind, wo die betrieblichen Verhältnisse die Möglichkeit nachträglicher Manipulationen nach menschlichem Ermessen von vornherein ausschließen und die geforderte Gewähr der Belegsicherung und Unverlierbarkeit des Geschäftsvorgangs auch bei buchmäßiger Erfassung in größeren Zeitabständen nicht beeinträchtigt wird. Wie im dort entschiedenen läßt sich im vorliegenden Fall die Möglichkeit ausschließen, daß infolge der nicht sofortigen Verbuchung betrieblich bedingte Forderungen gegen Krankenkassen absichtlich oder versehentlich in den privaten Bereich überführt und hierdurch Betriebseinnahmen zwar tatsächlich erzielt, aber steuerlich als solche nicht erfaßt werden. Da der Kläger, wie das FG festgestellt hat, die Rechnungsdurchschriften bis zum Zahlungseingang in einem besonderen Ordner aufbewahrt hat, und die Zahlungen nur auf dem Bankkonto eingingen, so daß der mögliche Verlust einer Rechnung spätestens bei Eingang des Kontoauszugs der Bank festgestellt worden wäre, war die Erfassung aller Rechnungen kontrollierbar gewährleistet. Angesichts der begrenzten Zahl der Rechnungen, der Überschaubarkeit des Debitorenstamms und der relativ kurzen Laufzeit konnte demnach die Belegsammlung - ähnlich wie bei der Offene-Posten-Buchhaltung - die Funktion des Kontokorrentbuches erfüllen. Es war bei den gegebenen Verhältnissen auch möglich, den einzelnen Geschäftsfall von der Ausgangsrechnung über Zahlungsbeleg und Bankkonto bis zur Bilanz zu verfolgen. Ein kundiger Sachverständiger könnte sich, wie auch das FG einräumt, aus den Belegen eine Übersicht verschaffen. Nach allem hat das FG die Anwendbarkeit der im BFH-Urteil I R 38/68 entwickelten Grundsätze, daß bei kleineren Betrieben mit nur relativ wenigen Rechnungen auch die monatliche Verbuchung nicht ohne weiteres zur Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung führt, auf den Streitfall zu Unrecht verneint.
Wie der BFH außerdem inzwischen entschieden hat, kann im allgemeinen bei überschaubaren Verhältnissen kleiner Betriebe die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung dann bejaht werden, wenn die Überprüfung des sachlichen Ergebnisses durch Buchführungsmängel nicht wesentlich beeinträchtigt wird (BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 109/70, BFHE 117, 224, BStBl II 1976, 210). Da im Streitfall Betriebsprüfer, FA und FG von einer Zuschätzung abgesehen haben und das sachliche Ergebnis der Buchführung nicht nur nicht wesentlich, sondern in vollem Umfang der Besteuerung zugrunde gelegt wurde, läßt sich auch unter diesem Gesichtspunkt die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht verneinen.
Fundstellen
BStBl II 1978, 307 |
BFHE 1978, 157 |