Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Ob mehrere gewerbliche Unternehmen, die sich in einer Hand befinden, einen einheitlichen Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG darstellen, ist danach zu beurteilen, wie eng die objektiv zwischen ihnen bestehenden organisatorischen, wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen sind. Entscheidend ist das Gesamtbild der im Einzelfall vorliegenden Umstände. Ungleichartige Unternehmen sind in der Regel selbständige Gewerbebetriebe.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Der Bf. betreibt seit 1945 als Einzelunternehmer die Firma Th. Dieses Unternehmen befaßt sich mit Bohr-, Bergbau- und Tiefbauarbeiten sowie mit geophysikalischen Untersuchungen. Im Jahre 1951 gründete er zusammen mit einem Dritten die Firma L. & Th., die er seit dem 1. Januar 1956 ebenfalls als Einzelunternehmen betreibt. Gegenstand dieses Unternehmens ist der Bau von Anlagen für die Wasserreinigung, für die Trink- und Badewasserfiltration und zur Aufbereitung von Oberflächenwasser. Beide Firmen sind im Handelsregister eingetragen. Im Gegensatz zur Firma Th. arbeitet die Firma L. & Th. seit Jahren mit Verlust. Das Finanzamt hat beide Unternehmen für die Streitjahre getrennt zur Gewerbesteuer herangezogen. Streitig ist, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuerrechts gegeben ist.
Der Bf. macht gegen die getrennte Heranziehung zur Gewerbesteuer geltend, beide Firmen fertigten in den Werkstatträumen des Bohrunternehmens. Dort würden auch die für die Wasserreinigung erforderlichen Geräte und Anlagen hergestellt, die die Firma L. & Th. verkaufe. Beide Unternehmen arbeiteten mit dem Rohstoff Eisen. Das technische und das kaufmännische Büro befänden sich in einem gemeinsamen Bürohaus, ohne daß die Büros äußerlich und nach Sachgebieten geschieden seien. Auch die Kosten würden bei der engen Verzahnung beider Betriebszweige nicht getrennt. Eine Trennung wäre auch wirtschaftlich unsinnig. Beide Unternehmen würden vom Alleinunternehmer und einem gemeinsamen Prokuristen geleitet. Sie hätten eine gemeinsame Telefonzentrale und dieselbe Fernsprechnummer. Es bestehe auch ein sachlicher Zusammenhang, da sich an die vom Bohrunternehmen zum Teil ausgeführten Brunnenbohrungen Aufträge zur Fertigung von Wasserreinigungsanlagen leicht anschließen könnten. Schließlich sei der Umstand, daß das Wasserreinigungsunternehmen in den Streitjahren wie in den Vorjahren mit erheblichen Verlusten gearbeitet habe, nur daraus zu erklären, daß es, ähnlich wie eine Organgesellschaft, aus Mitteln des Bohrunternehmens finanziert worden sei. Deshalb seien auch die vom Wasserreinigungsunternehmen erzielten Verluste mit den Erträgen des Bohrunternehmens gewerbesteuerlich zu verrechnen.
Einspruch und Berufung des Bf. hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, im Streitfall lägen keine gleichartigen Betriebe vor. Auch hingen die beiden Betriebe weder nach der Verkehrsauffassung eng zusammen noch ergänzten sie sich wesentlich. Entscheidend sei, das die Betriebe in den Streitjahren unter verschiedenen Firmennamen in unterschiedlichen Branchen mit getrennter Werbung und getrennten Angeboten am Wirtschaftsleben teilgenommen, getrennte Buchführungen unterhalten und getrennt bilanziert hätten. Dabei sei es gleichgültig, aus welchem Grunde und mit welcher Genauigkeit eine getrennte Buchführung unterhalten worden sei.
Mit der Rb. rügt der Bf. Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten, wesentliche Verfahrensmängel und unrichtige Rechtsanwendung. Es stehe mit dem Inhalt der Akten nicht im Einklang, daß die beiden Firmen getrennte Werbung betrieben hätten. Diese Feststellung sei unrichtig und beruhe auf mangelnder Aufklärung des Sachverhalts. Ferner habe das Finanzgericht aus den tatsächlichen Verhältnissen falsche Schlüsse gezogen. Auch die gemeinschaftliche Verwaltung bedeute eine Ergänzung, die im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen die Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebs rechtfertige, wenn es die einheitliche Verwaltung nicht ermögliche oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar erachten lasse, die Kosten der Verwaltung und sonstige aus dieser Tätigkeit entstehende gemeinschaftliche Kosten nach irgendwelchen Schlüsseln aufzuteilen. Sachlich unselbständig seien auch Betriebsteile, die in ihrer Verwaltung räumlich wie sachlich einheitlich und in ihrer Geschäftsgebarung so eng miteinander verbunden sind, daß auch nach außen hin der eine Betriebsteil für den anderen wirtschaftlich auftrete.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 GewStG). Aus dem Wortlaut des Gesetzes und aus der Natur der Gewerbesteuer als einer Objektsteuer ergibt sich, daß von mehreren stehenden Gewerbebetrieben jeder gesondert zur Gewerbesteuer heranzuziehen ist, auch dann, wenn sich die mehreren Gewerbebetriebe in der Hand eines Unternehmens befinden und in demselben Gemeindebezirk liegen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 353/60U vom 1. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 65, Slg. Bd. 72 S. 173). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die einzelnen Unternehmen Teile eines stehenden Gewerbebetriebs sind. Ob dies zutrifft, kann nur danach beurteilt werden, wie eng die organisatorischen, finanziellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den mehreren Unternehmen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 353/60 U a. a. O.). Eine solche Einheit wird bei gleichartigen Betrieben, wie sie das Finanzgericht im Streitfall zu Recht verneint hat, eher gegeben sein als bei ungleichartigen, wo die Selbständigkeit in der Regel schon aus der Ungleichartigkeit der Betriebe folgt, und zwar auch dann, wenn eine gemeinsame Buchführung vorhanden ist und das Betriebsergebnis in einer Bilanz zusammengefaßt wird. Bestehen in einem solchen Fall gewisse finanzielle oder organisatorische Zusammenhänge, so wird dies weniger auf objektiven sachlichen Notwendigkeiten als auf der Identität der Unternehmer beruhen, die bei objektsteuerlicher Betrachtung außer acht bleiben muß. Andernfalls würde bestimmten Betrieben lediglich im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse der Vorteil einer Verrechnung von Verlusten und Gewinnen eingeräumt. Entscheidend ist jeweils das Gesamtbild der im Einzelfall gegebenen tatsächlichen Verhältnisse.
Das Finanzgericht ist im Streitfall von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Auch seine Tatsachenwürdigung gibt keinen Anlaß zur Beanstandung und bindet daher den Senat gemäß §§ 288, 296 AO.
Es trifft zu, daß im vorliegenden Fall zwischen beiden Unternehmungen gewisse Zusammenhänge finanzieller und organisatorischer Art bestehen, so die Benutzung derselben Geschäftsräume und anderer Geschäftseinrichtungen, die Tätigkeit eines Prokuristen in beiden Betrieben, die nicht streng durchgeführte Trennung der Unkosten und die übernahme der Verluste aus dem Wasserreinigungsunternehmen durch das Bohrunternehmen. Das Finanzgericht brauchte diesen Umständen jedoch im Rahmen des Gesamtbildes nicht das entscheidende Gewicht beizumessen, sondern durfte zu dem Ergebnis gelangen, daß diese Zusammenhänge mehr durch die Unternehmeridentität als durch die Natur der verschiedenartigen gewerblichen Betätigungen bedingt sind. Es begegnet keinen Bedenken, wenn das Finanzgericht entscheidend darauf abgestellt hat, welche Maßnahmen der Bf. selbst getroffen oder beibehalten hat, um die Selbständigkeit beider Betriebe nach innen und außen hervorzuheben (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs I 375/62 vom 16. Dezember 1964, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965 Nr. 183 S. 224). Beide Unternehmen treten nach außen - sowohl im Handelsregister wie im übrigen Rechtsverkehr mit den Kunden - als zwei getrennte Betriebe in Erscheinung. Dem entspricht auch die gesonderte Buchführung und Bilanzierung. Daß in der Werbung für das Bohrunternehmen zum Teil auch auf die Leistungen das Wasserreinigungsunternehmens hingewiesen wird, hat gegenüber den übrigen, das Gesamtbild bestimmenden Umständen nicht das Gewicht, einen einheitlichen Gewerbebetrieb darzutun. Das Gesamtbild weist im Streitfall keine Züge auf, die abweichend vom Regelfall, trotz der Ungleichartigkeit der gewerblichen Betätigungen auf einen einheitlichen Gewerbebetrieb zwingend schließen lassen.
Die Rb. war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1965, 656 |
BFHE 1966, 438 |
BFHE 83, 438 |
StRK, GewStG:2/1 R 234 |