I. Feststellung des Jahresabschlusses und Ergebnisverwendung (Nr. 1)
Rn. 5
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Der JA besteht gemäß der §§ 242 Abs. 3, 264 Abs. 1 aus der Bilanz, der GuV und dem Anhang (vgl. HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 9). Der Lagebericht gehört per definitionem nicht zum JA. Endgültig und für die Gesellschaft verbindlich ist der JA (und in seiner Folge der Lagebericht) erst dann, wenn er durch das hierfür zuständige Organ ("die Gesellschafter" bzw. bei abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung eine andere Stelle; vgl. HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 23) festgestellt, d. h. verabschiedet worden ist (vgl. BeckOK-GmbHG (2023), § 46, Rn. 10; MünchKomm. GmbHG (2023), § 46, Rn. 21). Vor seiner Feststellung enthält der aufgestellte JA eine verbindliche Erklärung nur insofern, als die Geschäftsführer hierdurch gegenüber der Gesellschafterversammlung (bzw. einem AR) Rechnung legen. Im Übrigen hat der Abschluss bloßen Entwurfscharakter (vgl. HdR-E, AktG § 172, Rn. 4). Er kann durch die Geschäftsführer oder die Gesellschafterversammlung geändert oder ergänzt werden. Hierbei ist jedoch § 316 Abs. 3 (Nachtragsprüfung) zu beachten (vgl. HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 61ff.), falls der Entwurf bereits Gegenstand einer AP war. Änderungen durch die Gesellschafterversammlung (vgl. HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 63) unterliegen nach § 42a Abs. 2 Satz 3 GmbHG ebenfalls den Grundsätzen der §§ 242ff. und 264ff. (vgl. HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 58ff.).
Rn. 6
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Soweit im Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung getroffen wurde, erfolgt die Beschlussfassung über die Feststellung des JA mit einfacher Mehrheit (vgl. BeckOK-GmbHG (2023), § 46, Rn. 13; MünchKomm. GmbHG (2023), § 46, Rn. 29). Zur Frage der Zuweisung der Zuständigkeit an ein anderes Organ vgl. HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 23.
Rn. 7
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Soweit eine Feststellung des JA nicht oder nicht zeitgerecht ermöglicht wird, kann jeder Gesellschafter die Beschlussfassung erzwingen (vgl. Baumbach/Hueck (2022), § 46 GmbHG, Rn. 12; BeckOK-GmbHG (2023), § 46, Rn. 14; Bork/Oepen, ZGR 2002, S. 241 (283); MünchKomm. GmbHG (2023), § 46, Rn. 25; Raiser, ZHR 1989, S. 1 (34); Zöllner, ZGR 1988, S. 392 (416f.)). Umstritten ist, ob das Gericht i. R.e. Rechtstreits gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen im Hinblick auf einen festzustellenden JA entscheiden kann (vgl. dafür Baumbach/Hueck (2022), § 46 GmbHG, Rn. 12; Lutter/Hommelhoff (2023), § 46 GmbHG, Rn. 6; MünchKomm. GmbHG (2023), § 46, Rn. 26; dagegen BeckOK-GmbHG (2023), § 46, Rn. 14; Bork/Oepen, ZGR 2002, S. 241 (284)). Richtigerweise sollte man die (Neu-)Aufstellungsverpflichtung nicht der Geschäftsführung und damit der Gesellschaft nehmen; vielmehr bleibt die Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführung, verpflichtet, den JA (ggf. unter Berücksichtigung der Änderungen und Korrekturen zu einzelnen bezeichneten Positionen des JA) aufzustellen und der Gesellschafterversammlung zur Feststellung vorzulegen (vgl. ähnlich BeckOK-GmbHG (2023), § 46, Rn. 14). Die Fristen für die Feststellung des JA sind in § 42a Abs. 2 Satz 1 GmbHG geregelt (vgl. HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 48ff.).
Rn. 8
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Neben der Feststellung des JA haben die Gesellschafter über die Ergebnisverwendung zu beschließen. Nach § 29 Abs. 1 GmbHG besteht grds. ein Anspruch auf den Jahresüberschuss zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags bzw. den Bilanzgewinn, soweit dieser nach Gesetz, Satzung oder Beschluss der Gesellschafter einer Ausschüttung an die Gesellschafter zugänglich ist (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 4). Dabei ist zwischen dem Gewinnbezugsrecht (Gewinnbeteiligungsrecht) und dem Gewinnanspruch bzw. Gewinnauszahlungsanspruch zu unterscheiden (vgl. BeckOK-GmbHG (2023), § 29, Rn. 2). Der Gewinnanspruch eines Gesellschafters begründet sich im Mitgliedschaftsrecht, mit dem er als bedingter Anspruch (Anwartschaftsrecht) verknüpft ist (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 4). Durch den Gewinnverwendungsbeschluss wandelt sich dieser mitgliedschaftsrechtliche Anspruch auf Gewinnausschüttung in ein klagbares Forderungsrecht um (vgl. zur Beschlussfassung über Bilanzfeststellung und Ergebnisverwendung HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 43ff.). Sobald eine entsprechende Beschlussfassung erfolgt ist, kann dieser Auszahlungsanspruch von den Gesellschaftern im Klageweg geltend gemacht werden (vgl. RG, Urteil vom 17.11.1915, Rep. II 261/15, RGZ 87, S. 383 (386); BGH, Urteil vom 03.11.1975, II ZR 67/73, BGHZ 65, S. 230 (234); BeckOK-GmbHG (2023), § 46, Rn. 15; MünchKomm. GmbHG (2023), § 46, Rn. 47).
Rn. 9
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Bei der Beschlussfassung zur Ergebnisverwendung besteht ein klassischer Interessenskonflikt zwischen dem Finanzierungsinteresse der Gesellschaft und dem Ausschüttungsinteresse des bzw. der Gesellschafter (vgl. dazu HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 1ff.; sodann BeckOK-GmbHG (2023), § 46, Rn. 16f.; MünchKomm. GmbHG (2023), § 46, Rn. 51). Gleichermaßen kann es zum Konflikt zwischen Mehr- und Minderheitsgesellschafterinteresse(n) kommen (vgl. ausführlich HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 53ff.; überdies BeckO...