Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rn. 146
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Bei den Anleihen handelt es sich um Fremdkapitalien, die durch Inanspruchnahme des öffentlichen Kap.-Markts aufgebracht worden sind (vgl. ADS (1997), § 266, Rn. 218). Im Zusammenhang mit der Position "Anleihen" dürfte unter öffentlichem Kap.-Markt i. d. R. nur der organisierte Kap.-Markt zu verstehen sein (vgl. Bonner-HdR (2021), § 266 HGB, Rn. 621); auf dem nicht-organisierten Kap.-Markt aufgenommene Darlehen sind generell als sonstige Verbindlichkeiten auszuweisen (vgl. ADS (1997), § 266, Rn. 220). Als Anleihe ist jedoch stets nur der Rückzahlungsbetrag auszuweisen, ein evtl. bei der Ausgabe der Anleihe erzieltes Aufgeld ist gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 2 der Kap.-Rücklage zuzuführen. Im Hinblick auf den vorgeschriebenen Vermerk "davon konvertibel" (= umtausch- bzw. umwandlungsfähig) ist die Unterscheidung in Wandelschuldverschreibungen und sonstige Schuldverschreibungen bedeutsam.
Rn. 147
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Wandelschuldverschreibungen sind insbesondere für AG, KGaA oder SE von Bedeutung. Auch wenn es durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I 2008, S. 2026ff.) für GmbH – basierend auf der Einführung von genehmigtem Kapital (vgl. § 55a GmbHG) – grds. denkbar wäre, vergleichbare Finanzierungsmöglichkeiten einzusetzen, dürften sie für GmbH von geringer praktischer Bedeutung sein (vgl. Beck-HdR, B 231 (2011), Rn. 74). Aus diesem Grunde beziehen sich die weiteren Ausführungen ausschließlich auf AG, KGaA bzw. SE. Für diese zeichnen sich Wandelschuldverschreibungen dadurch aus, dass der Schuldner dem Gläubiger ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien einräumt (vgl. § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG). Der Betrag der ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen ist i. R.d. geforderten Vermerks gesondert anzugeben. Auf der anderen Seite besteht gemäß § 152 Abs. 1 Satz 3 AktG die Pflicht, den Nennbetrag des bedingten Kap. beim EK zu vermerken. Aus dem Verhältnis dieser beiden Vermerke kann demnach entnommen werden, was der Gläubiger der Wandelschuldverschreibung hergeben muss, um Anteilseigner betreffender Gesellschaft zu werden, und wie viele Anteile er hierfür erhält. Es ist jedoch zu bedenken, dass der Gläubiger einer Wandelschuldverschreibung in dem Moment, in dem er sein Umtauschrecht geltend macht, zur Leistung einer baren Zuzahlung verpflichtet sein kann. Dieser Zahlungsbetrag ist durch das Verhältnis der beiden Bilanzvermerke (konvertible Anleihen und bedingtes Kap.) nicht feststellbar. Gleiches gilt auch für den Fall, dass lediglich ein Bezugs- und kein Umtauschrecht mit der Anleihe verbunden ist. Insofern sollten auch solche Anleihen, die lediglich ein Bezugsrecht gewähren (Optionsanleihen), in den Vermerk aufgenommen werden. Das lässt sich aus dem Begriff "konvertibel" rechtfertigen, der auch die Einräumung einer Berechtigung für einen bestimmten Vorteil zusätzlich zum bereits vorhandenen Grundrecht (Anleihe) beinhaltet.
Rn. 148
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Bei den sonstigen Schuldverschreibungen handelt es sich um die gewöhnlichen Schuldverschreibungen gemäß der §§ 793ff. BGB, Gewinnschuldverschreibungen (vgl. z. B. § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG), die neben einem festen Zins auch einen Gewinnanspruch beinhalten, Genussrechte, sofern sie Verbindlichkeitscharakter aufweisen, sowie sonstige langfristige Darlehen (vgl. §§ 607ff. BGB). Ein Ausweis dieser Schuldverschreibungen als Anleihe kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn sie am öffentlichen Kap.-Markt aufgenommen worden sind. Anderenfalls ist – je nach Fallkonstellation – ein Ausweis unter den "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten", den "Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen UN", den "Verbindlichkeiten gegenüber UN, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht", oder den "[S]onstige[n] Verbindlichkeiten" angezeigt (vgl. WP-HB (2021), Rn. F 695; Bonner-HdR (2021), § 266 HGB, Rn. 624). Sämtliche Anleihen können zusammengefasst in einer Position ausgewiesen werden. Eine Unterteilung der Position "Anleihen" dürfte jedoch als zulässig angesehen werden (vgl. § 265 Abs. 5 Satz 1).
Rn. 149
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Handelt es sich um verbriefte Anleihen und erwirbt das UN, das Schuldner einer solchen Anleihe ist, Anleihestücke zurück, so führt dies nicht zwangsläufig zu einer Reduzierung des Betrags, zu dem die Anleihe zu passivieren ist. Vielmehr sind die erworbenen (eigenen) Anleihestücke als Wertpapiere des AV oder UV zu aktivieren. Eine Saldierung mit der Passivposition erfolgt erst dann, wenn die erworbenen Anleihestücke vernichtet worden sind oder ihre Wiederbegebung endgültig nicht beabsichtigt ist (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 266 HGB, Rn. 219).