Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. David Markworth
Rn. 29
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Allg. Auffassung zufolge knüpft der Nachteilsbegriff an eine Minderung der Vermögens- oder Ertragslage der Gesellschaft an (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2011, II ZR 141/09, NZG 2011, S. 829ff. (Rn. 37); BGH, Urteil vom 01.12.2008, II ZR 102/07, BGHZ 179, S. 71 (75); BGH, Urteil vom 01.03.1999, II ZR 312/97, BGHZ 141, S. 79 (84); KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 39; Hüffer-AktG (2022), § 311, Rn. 24; KK-AktG (2004), § 311, Rn. 50; HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 82). Er dient also nicht nur den gegenwärtigen Vermögensinteressen der außenstehenden Aktionäre, sondern schützt auch deren zukünftige Renditeerwartungen (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 311, Rn. 157). I.S.e. wirksamen Außenseiterschutzes wird eine nachteilsgleiche Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage wie eine tatsächliche Nachteilszufügung behandelt (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.1999, II ZR 312/97, BGHZ 141, S. 79 (84): "konkrete Gefährdung"; KK-AktG (2004), § 311, Rn. 50). Mithin kann auch eine bloße Änderung der Zusammensetzung des Gesellschaftsvermögens nachteilig sein (vgl. ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 37; Hüffer-AktG (2022), § 311, Rn. 30; KK-AktG (2004), Vorbemerkungen zu § 311 AktG, Rn. 51). Gleiches gilt u. U. für die zielgerichtete Ausübung von Bilanzierungsrechten zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 311, Rn. 30; ausführlich Müller, in: FS Goerdeler (1987), S. 375 (384). Schon nach allg. schadensrechtlichen Kategorien lässt sich auch der sog. Reflexschaden als Nachteil i. S. d. § 311 AktG einordnen (vgl. ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 37; KK-AktG (2004), § 311, Rn. 50). Zu solchen Schäden kommt es etwa bei mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen, wenn das MU das TU veranlasst, seinem EU einen Nachteil zuzufügen, um sich damit selbst schadensersatzpflichtig zu machen (vgl. Rehbinder, ZGR 1977, S. 581 (595ff.)). Allerdings deckt sich der Begriff des Nachteils aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungsweise (Nachteil: ex-ante-Prognose; Schaden: ex-post-Betrachtung) nicht durchgängig mit demjenigen des Schadens (vgl. HdR-E, AktG § 311, Rn. 38).