Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 259
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Ausleihungen des AV können unverzinslich oder niedrigverzinslich gewährt werden. Da es sich hierbei um nicht abnutzbares AV handelt, können keine planmäßigen Abschreibungen auftreten. Bei un- oder unterverzinslichen Ausleihungen des AV hält das Schrifttum im Hinblick auf ihre Behandlung im Anlagengitter zwei Auffassungen für zulässig. Ausgangspunkt der alternativen Vorgehensweisen ist die Frage, ob der Nominalbetrag der Forderung oder deren Barwert als AK anzusehen ist.
Rn. 260
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Für nachstehendes Beispiel (vgl. HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 262), welches diese Zusammenhänge verdeutlichen soll, gelten folgende Prämissen: Am 31.12.t1 wird ein unverzinsliches Darlehen i. H. v. 1.000 EUR gewährt, das am 31.12.t4 zurückgezahlt werden soll. Der Marktzinssatz betrage 6 %. Die Zuschreibungen aus VJ sollen im Anlagengitter mit den kumulierten Abschreibungen saldiert werden.
Rn. 261
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die hier befürwortete Variante I (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 284 HGB, Rn. 294f.; § 255 HGB, Rn. 180, 257) sieht den Nennwert der Forderung als deren AK an. Diese Auffassung wird durch das BFH-Urteil vom 23.04.1975 (I R 236/72, BStBl. II 1975, S. 875ff.) gestützt, wonach die Unverzinslichkeit keinen Einfluss auf die (fiktiven) AK hat. Allerdings beeinflusst sie die Differenz zwischen Nenn- und Barwert. Diese ist zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung als (außerplanmäßige) Abschreibung zu erfassen. Entsprechend repräsentiert der jährliche Aufzinsungsbetrag dann eine Zuschreibung (voraussichtlich dauerhafte Wertsteigerung).
Rn. 262
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die hier abgelehnte Variante II (vgl. bspw. ADS (1997), § 268, Rn. 84) sieht den Barwert der Forderung zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung als AK an. In diesem Fall würde die Differenz zwischen Nenn- und Barwert als sonstiger betrieblicher Aufwand respektive Zinsaufwand gebucht. Die jährlichen Aufwertungen wären dabei nun – da zuvor keine Abschreibung verrechnet wurde – periodisch als Zugang auszuweisen.
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Historische AHK |
Zuschreibungen |
Abschreibungen |
RBW (31.12.) |
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01.01. |
Zugänge des GJ |
Abgänge des GJ |
kumuliert (01.01.) |
das GJ betreffend |
Abgänge das GJ betreffend |
kumuliert (31.12.) |
Variante I (hier befürwortet): AK entsprechen Nennwert |
t1 |
– |
1.000 |
– |
– |
– |
160 |
– |
160 |
840 |
t2 |
1.000 |
– |
– |
50 |
160 |
– |
– |
160 |
890 |
t3 |
1.000 |
– |
– |
53 |
110 |
– |
– |
110 |
943 |
t4 |
1.000 |
– |
1.000 |
57 |
57 |
– |
57 |
– |
– |
Variante II (hier nicht befürwortet): AK entsprechen Barwert |
t1 |
– |
840 |
– |
– |
– |
– |
– |
– |
840 |
t2 |
840 |
50 |
– |
– |
– |
– |
– |
– |
890 |
t3 |
890 |
53 |
– |
– |
– |
– |
– |
– |
943 |
t4 |
943 |
57 |
1.000 |
– |
– |
– |
– |
– |
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Übersicht: Ausweisvarianten zinsloser bzw. niedrigverzinslicher Darlehen im Anlagengitter
Rn. 263
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Hier wird die Auffassung vertreten, dass beide Varianten als nicht gleichwertig zu betrachten sind. Für Variante I spricht, dass Zu- und Abgänge grds. mengenmäßige Veränderungen des Bestands an VG zeigen sollten und dass keine Veränderungen des mengenmäßigen Bestands fingiert werden müssen. Andererseits illustriert die sukzessive Zugangsfiktion der Variante II, dass durch das Halten der Ausleihung sozusagen periodisch in das Finanz-AV investiert wird. Gleichwohl wird hier ausschließlich Variante I für zulässig erachtet. Demnach gilt der Grundsatz, dass die Un- oder Minderverzinslichkeit keinen Einfluss auf die AK von Ausleihungen hat, sondern lediglich deren beizulegenden Wert beeinflusst.