Rn. 167
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Mit dem BilMoG wurde § 289 um eine Pflicht zur Beschreibung der wesentlichen Merkmale des IKS und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den RL-Prozess erweitert. Die Vorschrift setzt Art. 46a Abs. 1 lit. c) der Abänderungs-R 2006/46/EG (ABl. EU, L 224/1ff. vom 16.08.2006) in deutsches Recht um. Hintergrund der Berichtspflicht waren Bilanzskandale, die das Vertrauen der Kap.-Märkte in die Ordnungsmäßigkeit der RL erschüttert haben (vgl. Fink/Kajüter (2021), S. 288). So wurde als Reaktion auf den Fall Enron in den USA der Sarbanes-Oxley-Act (2002) erlassen, der in Section 404 die UN-Leitung verpflichtet, die Verantwortlichkeit für das RL-bezogene IKS (internal control over financial reporting) und dessen Wirksamkeit zu bestätigen. Die EU hat diese Regelung nicht übernommen, sondern fordert stattdessen lediglich, die wesentlichen Merkmale des IKS und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den RL-Prozess zu beschreiben.
Rn. 168
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
§ 289 Abs. 4 ist nur von kap.-marktorientierten UN i. S. d. § 264d zu beachten. Berichtspflichtig sind somit UN, die mit EK- oder FK-Titeln einen organisierten Kap.-Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG in Anspruch nehmen oder hierfür einen Zulassungsantrag gestellt haben. UN, deren Wertpapiere lediglich im Freiverkehr gehandelt werden, sind von dieser Vorschrift nicht betroffen.
Rn. 169
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Gegenstand der Berichtspflicht ist das auf den RL-Prozess bezogene IKS und Risikomanagementsystem. Wie der RL-Prozess abzugrenzen ist, wird weder im Gesetz noch in der RegB konkretisiert. Es ist jedoch von einer weiten Auslegung des Begriffs auszugehen (vgl. ebenso Strieder, BB 2009, S. 1002 (1003)). Danach reicht der RL-Prozess von der Kontierung und Verbuchung von Geschäftsvorfällen bis hin zur Aufstellung des JA und Lageberichts.
Rn. 170
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Mit dem darauf bezogenen IKS und Risikomanagementsystem wird ein Teilaspekt des allg. IKS und Risikomanagementsystems hervorgehoben. Ersteres dient dazu, betriebliche Abläufe zu überwachen und die Einhaltung definierter Regeln zu überprüfen. Auf die RL bezogen umfasst es Grundsätze, Verfahren und Maßnahmen zur Sicherung ihrer Ordnungsmäßigkeit und zur Einhaltung der maßgeblichen rechtlichen Vorschriften sowie RL-relevante Bereiche des internen Revisionssystems. Das Risikomanagementsystem i. S. v. § 91 Abs. 2 AktG dient der Risikofrüherkennung und der internen Überwachung derselben (vgl. Kajüter (2012), S. 27ff.). Bezogen auf den RL-Prozess geht es v.a. um die Identifikation und Bewertung wesentlicher Risiken, die der Ordnungsmäßigkeit des JA und des Lageberichts entgegenstehen könnten oder zu einem Verstoß gegen rechtliche Vorschriften führen. Da das IKS und Risikomanagementsystem in der Praxis eng miteinander verbunden sind, bietet sich eine gemeinsame Darstellung an (vgl. DRS 20.K171; sodann zum Verhältnis von IKS und Risikomanagementsystem allg. Neubeck (2003)).
Rn. 171
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Aus § 289 Abs. 4 ergibt sich weder eine Pflicht zur Einrichtung eines RL-bezogenen IKS und Risikomanagementsystems noch zu einer bestimmten inhaltlichen Ausgestaltung des Systems. Beides liegt im Ermessen der geschäftsführenden Organe (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 76; Wolf, DStR 2009, S. 920 (921)). Verlangt wird vielmehr eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Systems. Sofern kein System im UN existiert, muss dies im Lagebericht angegeben werden (vgl. DRS 20.K178). Ein solcher Hinweis dürfte in der Praxis jedoch kaum vorkommen, da eine unterlassene oder unzureichende Einrichtung eines IKS oder des Risikomanagementsystems eine Verletzung der Sorgfaltspflichten des Vorstands bzw. der Geschäftsführung (vgl. § 93 Abs. 1 AktG; § 43 Abs. 1 GmbHG) darstellen kann. Insofern kann von der Berichtspflicht ein Impuls zur Einrichtung oder Verbesserung des Systems ausgehen (vgl. so auch Bischof/Selch, WPg 2008, S. 1021 (1024); Melcher/Mattheus, DB 2010, Beilage 1 zu Heft 7, S. 52 (53)).
Rn. 172
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Mit der Beschreibung der wesentlichen Merkmale ist eine anschauliche und nachvollziehbare Darstellung der Strukturen und Prozesse gemeint (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 76; DRS 20.K170). Verbale Ausführungen sind dabei hinreichend. Sie sollen den verständigen Adressaten in die Lage versetzen, sich ein Bild von dem RL-bezogenen IKS und Risikomanagementsystem zu machen und die mit der RL verbundenen Risiken einschätzen zu können. Der dafür notwendige Umfang der Darstellung hängt von den individuellen Gegebenheiten des UN ab.
Rn. 173
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Mit dem Verweis auf Strukturen und Prozesse gibt die RegB nur einen sehr allg. Hinweis zu den wesentlichen Merkmalen. DRS 20 konkretisiert die Anforderungen dahingehend, dass die Ausführungen zum IKS die Grundsätze und Verfahren umfassen müssen, mit denen die Normenkonformität der RL sichergestellt wird. Hierzu gehört auch das interne Revisionssystem, soweit es die Wirksamkeit der Kontrollen im RL-Prozess betrifft (v...