Tz. 54
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Festwerte "haben eine Vereinfachung des Nachweises, der Inventur und der Bewertung [der einzelnen VG, d.Verf.] zum Ziel" (HdJ, Abt. I/11 (1990), Rn. 300). Auf der Grundlage dieser Methode wird bei einem Güterbestand eine Festmenge zu einem Festpreis bewertet, wobei die Menge und der Preis über mehrere Inventur- und BilSt hinweg grds. konstant gehalten wird.
Die regelmäßigen Aufwendungen zur Instandhaltung und/oder Wiederauffüllung der Festmenge stellen Aufwand der betreffenden Periode dar. Es wird implizit von der Fiktion ausgegangen, dass die laufenden Zugänge wertmäßig in etwa den im Fall einer Einzelbewertung anfallenden laufenden AfA bzw. Verbrauchsmengen entsprechen (vgl. HB-RP (1995), § 240 HGB, Rn. 43f.; ADS (1998), § 240, Rn. 73).
a) Voraussetzungen der Festbewertung
Tz. 55
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Eine Anwendung der Festbewertung kommt nur in Frage, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (vgl. § 240 Abs. 3):
(1) |
Das Verfahren ist auf Gegenstände des Sach-AV sowie RHB beschränkt. |
(2) |
Die in die Festbewertung einbezogenen VG müssen regelmäßig ersetzt werden. |
(3) |
Der Gesamtwert der in die Festbewertung einbezogenen VG muss für das UN von nachrangiger Bedeutung sein. |
(4) |
Der Bestand der in die Festbewertung einbezogenen VG darf nur geringen Änderungen in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung unterliegen. |
(5) |
I.d.R. ist alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen. |
Tz. 56
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Ad (1): Anwendungsbereich
Nach § 40 Abs. 4 Nr. 2 HGB 1980 war eine Anwendung der Festbewertung außer bei den RHB bei sämtlichen Gegenständen des AV zulässig. In konsequenter Umsetzung des – derweil keine explizite Entsprechung mehr in der (neuen) Bilanz-R 2013/34/EU (ABl. EU, L 182/19ff. vom 26.06.2013) findenden (vgl. dazu lediglich Staub: HGB (2021), § 256, Rn. 2 (dortige Fn. 19)) – Art. 38 der 4. EG-R (78/660/EWG) ist eine Einschränkung auf die Gegenstände des Sach-AV sowie auf RHB erfolgt. D.h., immaterielle Anlagewerte und Finanzanlagen sind demnach einer Festbewertung nicht mehr zugänglich; dies gilt sowohl für KapG bzw. haftungsbeschränkte PersG i. S. d. § 264a als auch für sonstige Kaufleute. Bei einer formalen Betrachtung schien dies eine Ausweitung der unionsrechtlichen Vorschriften auf UN, die nicht von der 4. EG-R (derweil: Bilanz-R) erfasst werden sollten, darzustellen. Materiell ist jedoch zu bedenken, dass Festwerte bei immateriellen Anlagewerten und Finanzanlagen (bei letzteren vielleicht mit Ausnahme von bestimmten Kreditinstituten und Investmentgesellschaften) in der Vergangenheit kaum festzustellen waren, weshalb die Vorschrift des § 240 Abs. 3 faktisch zu keiner Verschärfung der Bilanzierungsvorschriften führt(e) (vgl. Biener (1979), S. 131).
Tz. 57
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Ad (2): Erfordernis der regelmäßigen Wiederbeschaffung
Diese Anforderung ist abgesehen von einer sprachlichen Anpassung unverändert aus Art. 38 der 4. EG-R übernommen worden. So wurde in der 4. EG-R die Formulierung "ständig ersetzt" verwendet. Die Anpassung an die Formulierung "regelmäßig ersetzt" beinhaltete indes keine materiellen Konsequenzen. Diese Anforderung war zwar nicht ausdrücklich als Anwendungsvoraussetzung kodifiziert; sie stellt jedoch lediglich die ausdrückliche Verankerung der der Festbewertung zugrunde liegenden Fiktion dar, dass der Verbrauch der in den Festwert einbezogenen VG durch Neuzugänge ersetzt wird.
Allerding stellt sich die Frage, ob bei VG, bei denen keine regelmäßige Wiederbeschaffung erfolgt, die Anwendung der Festbewertung ausgeschlossen ist. Dies ist eindeutig zu bejahen. Handelt es sich bspw. um nicht abnutzbare VG des Sach-AV, so ist eine Anwendung der Festbewertung nicht möglich. Faktisch werden zwar diese VG über einen längeren Zeitraum hinweg mit einer "Festmenge" und einem "Festpreis" angesetzt, materiell liegt hier jedoch eine Bewertung zu AK vor.
Werden des Weiteren die laufenden Verbräuche bei abnutzbaren VG nicht durch Neuanschaffungen kompensiert, so kann der Festwert nicht beibehalten werden.
Tz. 58
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Ad (3): Nachrangige Bedeutung des Gesamtwerts
Biener ((1979), S. 131) weist hinsichtlich der Formulierung "nachrangige Bedeutung" darauf hin, dass die Bedeutung einzelner VG, die mit einem Festwert bewertet werden sollen, für jeden Festwert gesondert und nicht für die Summe der Festwerte zu prüfen ist. Diese Interpretation steht in Übereinstimmung mit § 240 Abs. 3. Die Frage, wann der Gesamtwert von VG für ein UN von nachrangiger Bedeutung ist, ist schwierig zu beantworten. Biener ((1979), S. 131) wiederum stellt hierzu fest, dass die BS in erster Linie als Maßstab anzusehen ist und in jedem Fall eine Anwendung auf den bedeutendsten Bilanzposten nicht erfolgen darf. Diese Kriterien sind jedoch wenig operational; insbesondere der Hinweis auf den bedeutsamsten Bilanzposten dürfte eine weite Interpretation des Begriffs "nachrangig" darstellen.
Die VG sollten vielmehr dann als nachrangig hinsichtlich ihres Gesamtwerts anges...