Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 5
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Der Begriff "Gezeichnetes Kapital" nach § 272 Abs. 1 Satz 1 wird synonym für die Bezeichnungen "Grundkapital" bei der AG/SE und "Stammkapital" bei der GmbH verwendet. Bei der SE wird in den einschlägigen Vorschriften (in der deutschen Fassung) z. T. sogar direkt auf das gezeichnete Kap. Bezug genommen. Daher kann der Inhalt dieses Postens aus den Spezialgesetzen abgeleitet werden (vgl. §§ 1 Abs. 2, 6ff., 152 Abs. 1 AktG bzw. §§ 5, 42 Abs. 1 GmbHG; Art. 1 Abs. 2 sowie Art. 4 Abs. 2f. der SE-VO (EG) Nr. 2157/2001 vom 08.10.2001 (ABl. EG, L 294/1ff. vom 10.11.2001); § 16 Abs. 1 und § 22 Abs. 5 SEAG; Haufe HGB-Komm. (2023), § 272, Rn. 4ff.). Danach stellt das gezeichnete Kap. das Nennkap. einer KapG dar; konkret ist unter dieser Teilkomponente des EK der in der Gesellschaftssatzung "festgelegte Kapital-Sollbetrag zu verstehen, dem das Gesellschaftsvermögen mindestens entsprechen soll" (Würdinger (1981), S. 31).
Rn. 6
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Beim gezeichneten Kap. handelt es sich um eine abstrakte und formelle Rechengröße, die keiner selbständigen Bewertung unterliegt, sondern allein durch die Summe aller (rechnerischen) Aktien- und Geschäftsanteilsnennbeträge bestimmt wird. Es hat grds. mit dem Vermögen einer Gesellschaft ebenso wenig zu tun wie mit dem Gesamtwert eines UN. "Es ist weder ein Fonds, aus dem sich die Gläubiger befriedigen können" (Godin/Wilhelmi (1971), § 1 AktG, Rn. 14), noch beschränkt sich die Beteiligung der Anteilseigner auf das gezeichnete Kap. Den Gläubigern haftet vielmehr das gesamte Vermögen der Gesellschaft ohne Rücksicht auf die Höhe des gezeichneten Kap. Die Aktionäre einer AG und die Gesellschafter einer GmbH sind am Gesamtvermögen der Gesellschaft beteiligt und nicht (nur) an dem gezeichneten Kap. (vgl. hierzu Godin/Wilhelmi (1971), § 1 AktG, Rn. 14; überdies HdR-E, AktG § 152, sowie HdR-E, GmbHG § 42).
Rn. 7
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Das gezeichnete Kap. einer AG, KGaA und GmbH muss Mindestbeträge aufweisen. Bei einer AG und KGaA hat es mindestens 50.000 EUR zu betragen (vgl. §§ 7, 278 Abs. 3 AktG). Bei einer SE, für die (in Deutschland) grds. die Vorschriften für die AG gelten, sofern nichts Abweichendes geregelt ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der SE-VO; § 3 SEAG), hat es sich mindestens auf 120.000 EUR zu belaufen (vgl. Art. 4 Abs. 2 der SE-VO).
Der Mindestnennbetrag der Nennbetragsaktien muss auf mindestens einen Euro lauten (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die Ausgabe von Nennbetragsaktien mit höheren Nennbeträgen ist ebenfalls zulässig. Diese müssen nach § 8 Abs. 2 Satz 4 AktG auf volle Euro lauten. Es besteht auch die Möglichkeit, Stückaktien zu begeben. Diese indes lauten nicht auf einen Nennbetrag, sondern sind vielmehr am Grundkap. einer Gesellschaft jeweils in gleichem Umfang beteiligt. Der rechnerische Anteil der einzelnen Stückaktie am Grundkap. darf einen Euro nicht unterschreiten (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 3 AktG). Der Mindesteinzahlungsbetrag beläuft sich nach § 36a Abs. 1 AktG bei Bareinlagen auf 25 % des Nennbetrags zzgl. der ggf. vereinbarten Differenz zwischen dem Ausgabebetrag und dem Nennwert der Aktie (Agio). Sacheinlagen sind nach § 36a Abs. 2 AktG vollständig zu leisten. Eine Rückgewähr von Einlagen außerhalb einer ordentlichen Kap.-Herabsetzung ist aus Gründen des Gläubigerschutzes nach § 57 Abs. 1 AktG ausgeschlossen. Die AG muss gemäß § 152 Abs. 1 AktG beim gezeichneten Kap. die Gesamtnennbeträge der Aktien jeder Gattung gesondert angeben. Existieren noch Mehrstimmrechtsaktien, sind beim gezeichneten Kap. die Gesamtstimmenzahlen der Mehrstimmrechtsaktien und die der übrigen Aktien zu vermerken (vgl. auch HdR-E, AktG § 152, Rn. 8); dies gilt jedoch nur noch für Altfälle. Gemäß § 12 Abs. 2 sind (neue) Mehrstimmrechte generell unzulässig. Alle noch ausgegebenen Mehrstimmrechte sind nach § 5 Abs. 1 EGAktG am 01.06.2003 grds. erloschen. Dabei musste den Inhabern ein angemessener Ausgleich gewährt werden. Über diesen Zeitpunkt hinaus sind Mehrstimmrechtsaktien nur noch zulässig, wenn dies die HV mit einer Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Grundkap. (Inhaber von Mehrstimmrechtsaktien hatten hierbei kein Stimmrecht) beschlossen hat. Unter gleichen Bedingungen war auch eine Abschaffung vor dem 01.06.2003 möglich. Nicht zum gezeichneten Kap. gehören die Kap.-Anteile der persönlich haftenden Gesellschafter bei einer KGaA; deren Kap.-Anteile sind gesondert nach dem Posten "Gezeichnetes Kapital" auszuweisen (vgl. § 286 Abs. 2 Satz 1 AktG). Ein zusammengefasster Ausweis der Kap.-Anteile sämtlicher Komplementäre ist zulässig (vgl. Hüffer-AktG (2024), § 286, Rn. 3; KK-AktG (2018), § 286, Rn. 36). Dies gilt jedoch nicht, sofern positive und negative Kap.-Konten vorhanden sind. Eine Saldierung ist in diesen Fällen nicht erlaubt (vgl. auch HdR-E, HGB § 272, Rn. 267).
Rn. 8
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Bei einer GmbH muss das Stammkap. gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG mindestens 25.000 EUR betragen und der Nennbetrag jedes Geschäftsanteils auf volle E...