Prof. Paul Scharpf, Dr. Joachim Brixner
Rn. 460
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Hedge-Effektivität bezeichnet den Grad der Wirksamkeit der Absicherung, zu dem sich Fair Value- oder Cashflow-Änderungen des Sicherungsinstruments und die Fair Value-Änderungen bzw. Cashflow-Änderungen des gesicherten Grundgeschäfts ausgleichen. Hedge-Ineffektivität bezeichnet hingegen die Unwirksamkeit der Absicherung, d. h. das Ausmaß, zu dem Fair Value- und Cashflow-Änderungen des Sicherungsinstruments größer oder kleiner sind als diejenigen des Grundgeschäfts (vgl. IFRS 9.B6.4.1). Dabei sind sowohl bei der Designation der Sicherungsbeziehung als auch fortlaufend die Ursachen einer Unwirksamkeit der Absicherung zu analysieren, die sich voraussichtlich auf die Sicherungsbeziehung während der Laufzeit auswirken. Diese Analyse bildet, unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Aktualisierungen aus der Rekalibrierung der Sicherungsbeziehung (rebalancing), die Basis für die Beurteilung, inwieweit die Anforderungen an die Hedge-Effektivität erfüllt sind (vgl. IFRS 9.B6.4.2; HdR-E, HGB § 254, Rn. 462). Die fortlaufende Beurteilung ist mindestens zu jedem Abschlussstichtag oder bei einer signifikanten Veränderung der Umstände, die Auswirkungen auf die Anforderungen an die Hedge-Effektivität haben, durchzuführen (vgl. IFRS 9.B6.4.12).
IFRS 9 macht zur Beurteilungsmethode der prospektiven Hedge-Effektivität keine spezifischen Vorgaben. Allerdings sind Methoden zu verwenden, die die relevanten Merkmale der Sicherungsbeziehung einschließlich der Ursachen von Hedge-Ineffektivitäten erfasst. In Abhängigkeit von diesen Faktoren kann die Methode eine qualitative oder quantitative Beurteilung darstellen (vgl. IFRS 9.B6.4.13). Eine qualitative Beurteilung kann etwa dann ausreichend sein, wenn die entscheidenden Eigenschaften, wie etwa Nominalbetrag, Fälligkeit und Underlying, von Grund- und Sicherungsgeschäft übereinstimmen (critical term match) oder eng aneinander angepasst (closely aligned) sind, und auf Grundlage der qualitativen Beurteilung dieser Eigenschaften schlussgefolgert werden könnte, dass sich Grundgeschäft und Sicherungsinstrument aufgrund desselben Risikos wertmäßig generell gegenläufig bewegen und daher eine wirtschaftliche Beziehung zwischen beiden besteht (vgl. IFRS 9.B6.4.14 und auch B6.4.4ff.). Sollten die entscheidenden Eigenschaften von Grund- und Sicherungsgeschäft hingegen nicht eng aufeinander abgestimmt sein, steigt die Unsicherheit in Bezug auf den Grad des Ausgleichs, was die Prognostizierbarkeit der Hedge-Effektivität während der Laufzeit der Sicherungsbeziehung erschwert. Als Beispiele für potenzielle Quellen für kritische Eigenschaften könnten Abweichungen in Fälligkeiten, Volumina oder Nominalbeträgen, Zinsbasen bis hin zu unterschiedlichen Zählmethoden für Zinstage genannt werden (vgl. GAAP-EY (2017), S. 4119). Allerdings sind die Definitionen von "critical terms" und "closely aligned" nicht trennscharf abgrenzbar (vgl. Thomas, KoR 2015, S. 291 (293)). In solchen Situationen kann möglicherweise nur auf Basis einer quantitativen Beurteilung geschlussfolgert werden, dass eine wirtschaftliche Beziehung zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft besteht (vgl. IFRS 9.B6.4.16). Zur Ermittlung der Hedge-Effektivität kann dann etwa die sog. Hypothetische Derivate-Methode zur Anwendung kommen (vgl. IFRS 9.B6.5.5. sowie ausführlich auch IDW RS HFA 48 (2017), Rn. 366ff.).
Rn. 461
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Auch nach HGB besteht für Micro-Hedges bei Vorliegen von perfekten Sicherungsbeziehungen die Möglichkeit, wenn alle wertbestimmenden Faktoren zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft übereinstimmen und alle nicht übereinstimmenden Wertkomponenten den nicht in die Bewertungseinheit einbezogenen Wertkomponenten zugeordnet werden, die prospektive Beurteilung der Wirksamkeit der Bewertungseinheit als Vergleich dieser Parameter durchzuführen (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 58f.). Die Anwendung dieser Critical Term Match-Methode ist auch im Falle der retrospektiven Wirksamkeitsbeurteilung möglich. Allerdings ist für die nicht in die Bewertungseinheit einbezogenen Wertkomponenten immer eine rechnerische Ermittlung erforderlich (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 59; kritisch hierzu HdR-E, HGB § 254, Rn. 204ff.). Die bisher unter IAS 39 angewendete retrospektive Wirksamkeitsbeurteilung (80 % – 125 %-Test) entfällt nach IFRS 9; eine rechnerische Ermittlung und Buchung der erzielten Hedge-Ineffektivität ist indes gleichwohl generell erforderlich.
Für hochwahrscheinlich erwartete Transaktionen, die im Rahmen von Cashflow-Hedges abgesichert sind, ist ebenso die Hypothetische Derivate-Methode verwendbar (vgl. IFRS 9.BC6.284ff.; IDW RS HFA 48 (2017), Rn. 366). Für erwartete Transaktionen sind nach HGB zusätzliche Voraussetzungen für antizipative Bewertungseinheiten bei der Wirksamkeitsbeurteilung der Sicherungsbeziehung zu erfüllen (vgl. IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 60ff.). Ähnlich wie nach IFRS müssen die erwarteten Transaktionen bspw. eindeutig identifizierbar sein, und es werden Kriterien zur B...