a) Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses
Rn. 7
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Pflicht zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts setzt ein Abhängigkeitsverhältnis der inländischen AG/KGaA/SE voraus. Ob ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt oder nicht, bestimmt sich nach § 17 AktG (vgl. HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 64ff.).
Rn. 8
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Demnach ist eine Abhängigkeit einer AG/KGaA/SE zu bejahen, wenn durch ein anderes – herrschendes – UN auf diese Gesellschaft ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann. Für die Begründung eines Abhängigkeitsverhältnisses genügt also bereits die faktische Möglichkeit zur Herrschaftsausübung. Im Gegensatz zum Konzerntatbestand nach § 18 AktG ist es für die Annahme eines Abhängigkeitsverhältnisses i. S. v. § 17 AktG unerheblich, ob das andere – herrschende – UN seine Einflussmöglichkeiten tatsächlich ausübt oder die Absicht hierzu besteht (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 326, m. w. N.). Unerheblich ist auch, ob eine unmittelbare, mittelbare oder mehrfache Abhängigkeit gegeben ist (vgl. auch HdR-E, AktG § 312, Rn. 10ff.). Die im Fall einer Mehrheitsbeteiligung i. S. v. § 16 AktG gegebene Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG kann widerlegt werden (vgl. hierzu ADS (1997), § 17 AktG, Rn. 101ff.; Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 327; HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 84ff. ).
Rn. 9
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
In welcher Rechtsform das herrschende UN geführt wird, ob es im Handelsregister eingetragen ist oder nicht und ob es seinen Sitz im In- oder Ausland hat, ist für die Annahme eines Abhängigkeitsverhältnisses i. S. v. § 17 AktG nicht relevant (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 336). Auch eine natürliche Person, eine Körperschaft oder AöR, die selbst kein eigenes UN betreibt, kann herrschendes UN i. S. v. § 17 AktG sein, wenn ihr konzernrechtlich UN-/Unternehmer-Eigenschaft zukommt (vgl. zu weiteren Einzelheiten HdR-E, Einf AktG §§ 311–318, Rn. 9ff.; Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 3). Nach inzwischen gefestigter Rspr. sind die Gefahren der politisch motivierten Einflussnahme bei einer Gebietskörperschaft derart ausgeprägt, dass diese bereits dann als herrschendes UN zu qualifizieren ist, wenn sie nur eine einzige AG/KGaA/SE beherrscht (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 336; HdR-E, Einf AktG §§ 311–318, Rn. 11).
b) Unmittelbare, mittelbare (mehrstufige), mehrfache und wechselnde Abhängigkeit
Rn. 10
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Der Abhängigkeitsbericht ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nicht nur im Fall einer unmittelbaren Abhängigkeit durch die abhängige Gesellschaft – also z. B. durch die von ihrer Muttergesellschaft beherrschte Tochtergesellschaft – zu erstellen, sondern auch im Fall der nur mittelbaren Abhängigkeit. Der unmittelbaren Abhängigkeit steht nach § 17 AktG die mittelbare Abhängigkeit gleich. So ist z. B. bei einem dreistufigen Konzernaufbau – Mutter- (M), Tochter- (T) und Enkelgesellschaft (E) – T unmittelbar abhängig von M und E unmittelbar abhängig von T. Zugleich ist E aber auch mittelbar abhängig von der – T (unmittelbar) beherrschenden – M. Bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen hat E einen Abhängigkeitsbericht aufzustellen und muss sowohl über die Beziehungen zu der sie unmittelbar beherrschenden T als auch über diejenigen zu der sie mittelbar beherrschenden M sowie ferner über die Beziehungen zu den mit diesen Gesellschaften (M und T) verbundenen UN berichten. Auch wenn die von T unmittelbar und von M mittelbar abhängige E zwar über ihre Beziehungen zu beiden herrschenden und den ihnen verbundenen UN berichten muss, braucht E zu diesem Zweck keine zwei äußerlich getrennten Berichte aufstellen. Vielmehr reicht für diesen Zweck bei E ein Abhängigkeitsbericht, aus dem allerdings eindeutig hervorgehen muss, welche Geschäfte und Maßnahmen auf Veranlassung oder im Interesse welches der herrschenden UN oder der mit ihnen verbundenen UN vorgenommen wurden (h. M.; vgl. ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 9; KK-AktG (2004), § 312, Rn. 11; MünchKomm. AktG (2020), § 312, Rn. 129). Neben E hat bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen auch T – als unmittelbar abhängige Gesellschaft der M – einen Abhängigkeitsbericht zu erstellen und hierin über ihre Beziehungen zu M und zu den mit M verbundenen UN zu berichten.
Rn. 11
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Abhängigkeit von einem anderen UN liegt nicht vor, wenn ein beherrschender Einfluss dieses UN nur mit Hilfe eines anderen – z. B. durch einheitliches Abstimmverhalten mit einem anderen Aktionär der AG/KGaA/SE in der HV – ausgeübt werden kann, dessen Mitwirkung jedoch nicht sicher ist. Wenn das koordinierte Verhalten der Gesellschafter jedoch auf einer hinreichend gesicherten Grundlage – wie z. B. einem Gesellschafts-, Interessengemeinschafts-, Konsortial- oder Stimmbindungsvertrag – beruht, kann Abhängigkeit der Gesellschaft zugleich gegenüber zwei oder mehreren herrschenden UN bestehen (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 331f.). Bejahendenfalls wird von einer mehrfachen Abhängigkeit der Gesellschaft gesprochen, weil die Abhängigkeit dann nicht nur gegenüber einem herrschenden UN besteht, son...