Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
Rn. 444
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Die Erstbewertung von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten erfolgt nach IFRS mit den AHK (vgl. IAS 16.15; IAS 38.24), die in weiten Bereichen wie im Handelsrecht ermittelt werden (vgl. zu den Unterschieden HdR-E, HGB § 253, Rn. 417ff.). Selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte (vgl. zu Beispielen von akquirierten sowie selbst erstellten "intangible assets" GAAP-EY (2020), S. 1260ff. sowie S. 1266ff.) sind nicht wahlweise wie nach § 248 Abs. 2 HGB aktivierungsfähig. Vielmehr besteht eine Aktivierungspflicht, sofern die in IAS 38.57 verankerten Kriterien kumulativ erfüllt sind (vgl. zu den Entwicklungskosten ausführlich Haufe IFRS-Komm. (2020), § 13, Rn. 26ff.). Die jeweiligen Entwicklungskosten sind als HK dieser Vermögenswerte zu ermitteln (vgl. hierzu IAS 38.65ff. sowie SIC-32).
Forschungskosten sind wie nach HGB stets als Aufwand zu erfassen (vgl. IAS 38.54). Bei Abgrenzungsproblemen zwischen FuE-Kosten sind die Aufwendungen der Forschungsphase zuzuordnen, d. h. nicht zu aktivieren (vgl. IAS 38.53; zur Trennung von FuE ausführlich Beck IFRS-HB (2016), § 4, Rn. 36ff.; Haufe IFRS-Komm. (2020), § 13, Rn. 26ff.). Darüber hinaus besteht – ebenfalls wie nach HGB – ein Ansatzverbot für den selbst geschaffenen GoF sowie für selbst erstellte Markennamen, Drucktitel, Kundenlisten u.Ä. (vgl. IAS 38.48; IAS 38.63).
Rn. 445
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
I.R.d. Folgebewertung sind Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte mit begrenzter ND ebenso wie nach HGB gemäß dem erwarteten Verzehr des wirtschaftlichen Nutzens planmäßig abzuschreiben. Als Abschreibungsmethoden kommen die lineare, die degressive und die Leistungsabschreibung sowie andere systematische Verteilungen in Betracht (vgl. IAS 16.62; IAS 38.98). Die planmäßige Abschreibung von Sachanlagen erfolgt in der Praxis überwiegend nach der linearen Methode. Die lineare Abschreibung ist bei immateriellen Vermögenswerten dann zwingend zu wählen, wenn der erwartete Verbrauch des künftigen wirtschaftlichen Nutzens nicht verlässlich geschätzt werden kann (vgl. IAS 38.97). Die Abschreibung erfolgt über die wirtschaftliche ND, die bei Sachanlagen grds. durch deren technische Nutzbarkeit und bei immateriellen Vermögenswerten oft von rechtlichen Gegebenheiten, wie z. B. der Patentlaufzeit, begrenzt wird (vgl. IAS 16.56f.; IAS 38.94ff.). Grds. verringert der als Barwert zu schätzende Restwert das Abschreibungsvolumen von Sachanlagen (i. d. R. nicht von immateriellen Vermögenswerten). In der Praxis ist der Restwert aber meist unbedeutend, so dass er i. d. R. vernachlässigt werden kann (vgl. IAS 16.53; IAS 38.100ff.). Die Vorgehensweise nach IFRS entspricht konzeptionell den handelsrechtlichen Regelungen (vgl. ausführlicher HdR-E, HGB § 253, Rn. 417ff.).
Die Abschreibungsmethode, die ND und der Restwert sind jährlich zu überprüfen. Bei wesentlichen Änderungen muss eine Änderung des Abschreibungsplans erfolgen (vgl. IAS 16.51; IAS 16.61 sowie IAS 38.104ff.). Hierbei handelt es sich i. d. R. um Schätzungsänderungen nach IAS 8.32(d), die erfolgswirksam und prospektiv zu erfassen sind (vgl. IAS 8.38).
Rn. 446
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Neben planmäßigen Abschreibungen sind bei Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten evtl. auch Wertminderungen und Wertaufholungen vorzunehmen (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 253, Rn. 431ff.).
Rn. 447
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Die in IAS 16 und IAS 38 enthaltenen Bewertungsgrundsätze müssen keine Beachtung finden, wenn ihre Anwendung nur unwesentliche Auswirkungen auf den Abschluss hat (vgl. u. a. IAS 8.8). Indes enthalten die IFRS keine quantitativen Wesentlichkeitsgrenzen. Allg. gilt ein Posten als wesentlich, wenn seine Aufnahme in die Bilanz oder sein Weglassen geeignet sein könnte, ökonomische Entscheidungen eines Abschlussadressaten zu beeinflussen (vgl. zur Festlegung von Wesentlichkeitsgrenzen Toebe/Lorson, WPg 2012, S. 1200ff.). Daher ist es zulässig, geringwertige Vermögenswerte in der Periode ihres Zugangs sofort als Aufwand zu behandeln und hierbei die (steuerlichen) Regelungen analog im IFRS-Abschluss anzuwenden (vgl. Beck IFRS-HB (2016), § 5, Rn. 118; Pellens et al. (2017), S. 432, m. w. N.).