Dr. Alfred Simlacher, Dr. Stephan Vossel
a) Handelsrecht
Rn. 480
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Allen Umwandlungsarten – mit Ausnahme des Formwechsels – ist gemeinsam, dass eine vollständige (z. B. Verschmelzung) oder teilweise (z. B. Abspaltung) Vermögensübertragung von einem übertragenden auf einen übernehmenden Rechtsträger erfolgt. Der übertragende Rechtsträger hat eine Schlussbilanz aufzustellen, deren Stichtag unmittelbar (= eine logische Sekunde) vor dem Umwandlungsstichtag (z. B. Verschmelzungsstichtag) liegt und die das zu übertragende Vermögen enthält. § 17 Abs. 2 UmwG gilt für alle Umwandlungsarten des UmwG sowie für alle Rechtsformen übertragender Rechtsträger (vgl. Oser, StuB 2021, S. 717 (719)). Für die Schlussbilanz gelten die Vorschriften für den JA entsprechend; diese darf höchstens acht Monate vor der Anmeldung zum Handelsregister liegen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 und 4 UmwG). Der übernehmende Rechtsträger hat in seiner Übernahmebilanz das Vermögen anzusetzen, wenn ihm das wirtschaftliche Eigentum zuzurechnen ist. Die Bewertung erfolgt nach den allg. Grundsätzen der Ermittlung und Verteilung von AK oder dem besonderen Bewertungswahlrecht (Buchwertverknüpfung), nämlich der Übernahme der Buchwerte des übertragenden Rechtsträgers (fiktive AK). § 24 UmwG gilt – mit Ausnahme des Formwechsels – für alle Umwandlungsarten des UmwG sowie für alle Rechtsformen (vgl. Oser, StuB 2021, S. 767). Eine zwingende Verknüpfung zwischen Wertansatz in der Schluss- und Übernahmebilanz besteht nicht.
b) Steuerrecht
Rn. 481
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der übertragende Rechtsträger hat auf den steuerlichen Übertragungsstichtag eine Schlussbilanz aufzustellen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Stichtage der handels- und steuerrechtlichen Schlussbilanz sind somit identisch. Das Vermögen ist mit dem gemeinen Wert oder auf Antrag mit den Buch- bzw. Zwischenwerten anzusetzen (vgl. §§ 3 Abs. 2, 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Bei Ansatz des gemeinen Werts erfolgt die Aufdeckung von stillen Reserven bereits in der Schlussbilanz. Sofern keine Verrechnung des hierdurch entstehenden Gewinns mit einem bestehenden, aber ansonsten untergehenden Verlustvortrag erfolgen soll, wird das Vermögen regelmäßig zum Buchwert angesetzt, um einen steuerinduzierten Liquiditätsabfluss zu vermeiden. Der übernehmende Rechtsträger hat zwingend die Wertansätze der Schlussbilanz zu übernehmen (vgl. §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Damit ist sichergestellt, dass stille Reserven bei Umwandlungsvorgängen lückenlos besteuert werden und ein Überspringen auf einen anderen Rechtsträger ausgeschlossen ist. Aufgrund der unterschiedlichen Bewertungsgrundsätze in der handels- und steuerrechtlichen Schluss- und Übernahmebilanzierung kommt es regelmäßig zu temporären Differenzen, die die Grundlage für die nachfolgenden Überlegungen zur Bilanzierung von latenten Steuern bilden.