Dr. Christoph Eppinger, Yves Schöpfer
Rn. 32
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Die sicherlich bedeutendste Änderung des BilRUG war die Neudefinition des Begriffs der "UE". Gemäß § 277 Abs. 1 (a. F.) waren unter den "UE" "Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typischen Erzeugnisse und Waren sowie [...] Dienstleistungen" abzgl. USt und Erlösschmälerungen (wie Preisnachlässe infolge Skonti, Rabatten oder Boni sowie zurückgewährte Entgelte) zu erfassen. Die bisherige Umsatzdefinition berief sich dabei auf die beiden Tatbestandsmerkmale der "Gewöhnlichen Geschäftstätigkeit" und des "Typischen Leistungsangebots"; dies zum einen, um die "UE" von den "a.o. Erträgen", sowie zum anderen die "UE" von den "Sonstige[n] betriebliche[n] Erträge[n]" abgrenzen zu können. Mit der neuen Legaldefinition des § 277 Abs. 1 entfallen diese beiden zentralen Tatbestandsmerkmale und mithin ihre bedeutsame Abgrenzfunktion (vgl. Oser/Orth/Wirtz, DB 2015, S. 1729 (1731)). Gemäß n. F. haben die UE sämtliche "Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen [...] nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern" zu umfassen. Dadurch wurde der Inhalt der "UE" z. T. erheblich ausgeweitet (vgl. Oser/Orth/Wirtz, DB 2015, S. 1729 (1731)), zumal einige der Erlöse, die zuvor als "Sonstige betriebliche Erträge" zu erfassen waren, nunmehr unter den "UE" auszuweisen sind (vgl. BilRUG-Komm. (2015), § 277 HGB, Rn. 67). Mit dem Wegfall der genannten Tatbestandsmerkmale "Gewöhnliche Geschäftstätigkeit" und "Typisches Leistungsangebot" nähert sich die Neudefinition in § 277 Abs. 1 – eher unbeabsichtigt – an den Umsatzbegriff i. S. d. UStG an (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 275 HGB, Rn. 48), so dass ein steuerbarer Umsatz nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG auch eine tendenzielle Wirkung für den Ausweis als "UE" nach sich zieht (vgl. Oser/Orth/Wirtz, DB 2015, S. 1729 (1732)).
Rn. 32a
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Als (neues) Abgrenzungskriterium zu den "Sonstige[n] betriebliche[n] Erträge[n]" wurden unter dem Begriff "Produkte" die bisherigen Termini "Waren und Erzeugnisse" zusammengefasst (vgl. BT-Drs. 18/4050, S. 63), so dass sich aus der (Neu-)Definition für die "UE" aus dem Verkauf von Produkten keine materielle Änderung ergab (vgl. Peun/Rimmelspacher, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 12f.; Beck-HdR, B 331 (2018), Rn. 20). Unter "Produkten" sind hierbei alle VG des Vorratsvermögens zu subsumieren (vgl. Peun/Rimmelspacher, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 12f.; Kolb/Ross, WPg 2015, S. 869 (871)). Erlöse aus dem Verkauf von nicht mehr benötigten RHB sowie aus Schrottverkäufen gehören ebenfalls zu den "UE" (vgl. Oser/Orth/Wirtz, DB 2015, S. 1729 (1732); a. A. IDW, IDW Life 2015, S. 669 (670); Beck Bil-Komm. (2022), § 275 HGB, Rn. 51, wonach ein Ausweis unter den "UE" nur dann für zulässig erachten wird, wenn diese Verkäufe geschäftszweigtypisch sind). Erlöse aus dem Verkauf von "Wertpapiere[n] des UV", Forderungen und VG des AV sind grds. nicht als "UE" auszuweisen (vgl. BT-Drs. 18/5256, S. 82; BilRUG-Komm. (2015), § 277 HGB, Rn. 83). Ausnahmsweise können Verkaufserlöse von VG des AV bei sog. dualen Geschäftsmodellen (z. B. Vermietung und anschließend regelmäßiger Verkauf von Pkw oder Immobilien) als "UE" ausgewiesen werden (vgl. IDW, IDW Life 2015, S. 669 (670); Richter, DB 2015, S. 386 (387); Kolb/Ross, WPg 2015, S. 869 (871)), wobei strittig ist, ob diese VG vorher vom AV ins UV umzugliedern sind (vgl. dies fordernd Richter, DB 2015, S. 386 (387); Kolb/Ross, WPg 2015, S. 869 (871); kritisch dazu indes Beck Bil-Komm. (2022), § 275 HGB, Rn. 50; de la Paix/Plankensteiner, IRZ 2015, S. 331 (332)).
Rn. 32b
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Der Begriff "Dienstleistungen" ist unverändert in die (Neu-)Definition der "UE" übernommen worden, so dass dieser Terminus weiterhin gleich auszulegen sein wird (vgl. Peun/Rimmelspacher, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 12 (13)). Unter den "Dienstleistungen" sind alle Leistungen außer Verkauf, aber einschließlich Vermietung und Verpachtung, zu subsumieren. Mithin ist die explizite Nennung der Erlöse aus Vermietung und Verpachtung in der UE-Definition redundant (vgl. BilRUG-Komm. (2015), § 277 HGB, Rn. 82; Kolb/Ross, WPg 2015, S. 869 (872); Richter, DB 2015, S. 386 (387)). Als wesentliches Abgrenzungskriterium zu den "Sonstige[n] betriebliche[n] Erträge[n]" wird bei den "Dienstleistungen" ein Leistungsaustausch mit außenstehenden Dritten vorausgesetzt (vgl. Bonner HGB-Komm. (2023), § 277, Rn. 24ff.; Beck Bil-Komm. (2022), § 275 HGB, Rn. 52). Entscheidend für das Vorliegen eines Leistungsaustauschs ist hierbei, dass das UN zielgerichtete Anstrengungen unternommen hat, um Einnahmen zu erzielen (vgl. BilRUG-Komm. (2015), § 277 HGB, Rn. 78; Beck-HdR, B 331 (2018), Rn. 23) und die Leistung des UN im Zusammenhang mit einer Gegenleistung steht (vgl. Bonner HGB-Komm. (2023), § 277, Rn. 28...