Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rn. 64
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Die Vorräte sind im Bilanzgliederungsschema wie folgt unterteilt:
(1) |
RHB; |
(2) |
unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen; |
(3) |
fertige Erzeugnisse und Waren; |
(4) |
geleistete Anzahlungen. |
Die Grenzen zwischen diesen Vorratsgruppen sind fließend und nicht immer exakt zu ziehen. Dies ist insbesondere bei solchen UN der Fall, die auf jeder Produktionsstufe neben selbst hergestellten Produkten auch Produkte kaufen oder auf jeder Stufe Produkte verkaufen (vgl. WP-HB (2021), Rn. F 397). Eine Verteilung der Produkte auf die einzelnen Gruppen im Hinblick auf den beabsichtigten Verwendungszweck des einzelnen VG ist überaus arbeitsintensiv. Allenfalls i. R.d. Vorratsinventur wäre es möglich, die einzelnen an sich identischen VG entsprechend ihrem Verwendungszweck zu erfassen. Dies setzt jedoch einen enormen Kenntnisstand des Aufnahmepersonals über die betrieblichen Vorstellungen voraus. Des Weiteren ist zu bedenken, dass häufig gar nicht im Vorhinein entschieden werden kann, für welchen Zweck ein einzelner VG, der mehreren Verwendungszwecken zugänglich ist, verwendet werden soll. Aus diesen Gründen ließe sich auch ein undifferenzierter Ausweis des Vorratsvermögens – ggf. unter Anpassung der Bezeichnung der Bilanzpositionen – für zulässig erachten (vgl. so z. B. WP-HB (2021), Rn. F 397; zuvor bereits Mellerowicz/Brönner (1970), § 151 AktG, Rn. 43). Andererseits können diese Abgrenzungsschwierigkeiten i. d. R. keinen Rechtfertigungsgrund darstellen, auf den getrennten Ausweis des Vorratsvermögens zu verzichten (vgl. so z. B. MünchKomm. AktG (1973), § 151, Rn. 43). Letzterem kann hauptsächlich unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Liquidierbarkeit der Bestandteile des Vorratsvermögens eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden. Der zusammengefasste Ausweis des Vorratsvermögens sollte demnach, trotz einer möglicherweise schwierigen Abgrenzung, nur in Ausnahmefällen als zulässig angesehen werden (vgl. auch ADS (1997), § 266, Rn. 100). Die Ausnahmefälle sollten sich dadurch auszeichnen, dass der zusammengefasste Ausweis des Vorratsvermögens den Aussagegehalt des JA nicht beeinträchtigt. So dürfte der Aussagegehalt nicht beeinträchtigt werden, wenn ein UN für sämtliche Bestandteile des Vorratsvermögens einen einheitlichen und gemeinsamen Absatzmarkt hat, der regelmäßig bedient wird.
Rn. 65
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Eine Zusammenfassung von Positionen des Vorratsvermögens, die eine größere Klarheit der Darstellung bewirkt, ist zudem nach § 265 Abs. 7 Nr. 2 ausdrücklich zulässig, sofern die zusammengefassten Positionen im Anhang entsprechend erläutert werden. Dabei würde es dem Vorsichtsprinzip (wie es für die Bewertung in § 252 Abs. 1 Nr. 4 angesprochen ist) entsprechen, Teile und Einsatzstoffe, die sowohl in eigener Fertigung zum Einsatz kommen als auch unbearbeitet verkauft werden, auf der niedrigeren Fertigungsstufe als RHB oder unfertige Erzeugnisse auszuweisen. Darüber hinaus dürfte aber auch ein Ausweis unter einer Position mit eigener Bezeichnung statthaft sein (vgl. ADS (1997), § 266, Rn. 100). Der Ausweis unter einer eigenständigen Position sollte sogar für den Fall präferiert werden, dass die zusammen auszuweisenden VG von erheblicher Bedeutung sind und zugleich noch andere RHB oder unfertige Erzeugnisse existieren (vgl. HB-RP (1995), § 266 HGB, Rn. 282).
Nicht dem Vorratsvermögen, sondern den sonstigen VG sind Gegenstände zuzuordnen, die außerhalb des normalen Absatzprogramms liegen. Hierzu zählen bspw. i. R.v. Kompensationsgeschäften angeschaffte Waren, in einer Zwangsversteigerung erworbene Grundstücke (vgl. ADS (1997), § 266, Rn. 114; Beck-HdR, B 214 (2014), Rn. 8), Heizölbestände einer Holdinggesellschaft etc.
Rn. 66
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Gemäß § 268 Abs. 5 Satz 2 ist es zulässig, erhaltene Anzahlungen von der Position "Vorräte" offen abzusetzen. Diese offene Saldierung des Vorratsvermögens mit den erhaltenen Anzahlungen ist nur zulässig, sofern für den Auftrag, für den das bilanzierende UN die Anzahlungen erhalten hat, bereits VG im Vorratsvermögen erfasst sind (vgl. ebenso KK-AktG (1991), § 268 HGB, Rn. 42; Beck-HdR, B 214 (2014), Rn. 10; a. A. ADS (1997), § 266, Rn. 99, und WP-HB (2021), Rn. F 696, die jeweils eine generelle Absetzung der erhaltenen Anzahlungen von den Vorräten für zulässig erachten; ebenfalls a. A. Haufe HGB-Komm. (2020), § 266, Rn. 75, wonach zumindest darauf hingewiesen wird, dass der Vorratsbestand nicht negativ werden darf). Die Saldierung hat offen i. R.e. Vorspaltenvermerks in der Bilanz zu erfolgen (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 212ff.).
a) Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
Rn. 67
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Als RHB sind diejenigen Vorräte auszuweisen, die unmittelbar in die Produktion eingehen oder den Produktionsablauf bewirken bzw. zur Erbringung einer Dienstleistung benötigt werden.
Zu den Rohstoffen zählen alle Grundstoffe, aus denen die Produkte des bilanzierenden UN gefertigt werden, wobei diese Grundstoffe als wesentlicher Bestandteil des zu fertigenden Erzeugnisses an...