Rn. 33

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Die sprachliche Fassung des § 252 Abs. 1 Nr. 1 ist im Hinblick auf die Formulierung "Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs" missverständlich. Ein Kaufmann i. S. d. HGB ist keineswegs verpflichtet, zu Beginn eines jeden GJ eine Eröffnungsbilanz zu erstellen. Eine solche Verpflichtung besteht allein zu Beginn seines Handelsgewerbes (vgl. § 242 Abs. 1 Satz 1). Demzufolge kann § 252 Abs. 1 Nr. 1 nicht dahingehend interpretiert werden, dass zu Beginn eines GJ eine im Vergleich zur Schlussbilanz des vorhergehenden GJ identische Eröffnungsbilanz aufzustellen ist. Dasselbe gilt auch für das (seitenverkehrte) Eröffnungsbilanzkonto, das je nach technischer Ausfertigung des jeweiligen Buchführungssystems zur Anbuchung sämtlicher Bestandskonten zu Periodenbeginn möglich ist. In buchungstechnischer Hinsicht ist letztlich nur sicherzustellen, dass die in die Schlussbilanz übertragenen Salden sämtlicher Bestandskonten zu Beginn der neuen Rechnungsperiode als Anfangsbestände wieder auf Bestandskonten übernommen (= vorgetragen) werden. Der Begriff der "Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs" ist somit als die Gesamtheit der Saldenvorträge auf den Bestandskonten zu verstehen (vgl. i. d. S. auch ADS (1995), § 252, Rn. 11). Der Grundsatz der Wertansatzidentität ist vor diesem Hintergrund gewahrt, wenn die Eröffnungsbuchungen die Gesamtheit der aus der Schlussbilanz vorzutragenden Salden erfassen. Dies ist der Fall, wenn die Summe der aktivischen Saldenvorträge gleich der Summe der passivischen Saldenvorträge ist und diese der BS der vorhergehenden Schlussbilanz entspricht. Hierbei ist es unerheblich, ob der Kontenplan des neuen GJ mit dem des abgelaufenen GJ übereinstimmt. Abweichungen zwischen den einzelnen Kontenplänen stehen der Vollständigkeit der Saldenvorträge nicht entgegen; möglicherweise erschweren sie aber deren Prüfung. Infolgedessen liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wertansatzidentität nicht schon dann vor, wenn die Gliederung der Bestandskonten im neuen GJ von der Kontengliederung im abgelaufenen GJ oder der Bilanzgliederung abweicht.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge