Dr. Christoph Eppinger, Yves Schöpfer
Rn. 162
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Als erste Darstellungsform der GuV wird das GKV im Standard angesprochen. Dabei werden die Aufwendungen wie nach HGB nach ihrer Art und nicht (wie im UKV) nach Funktionsbereichen gegliedert. In IAS 1.102 (ED/2019/7.69) ist eine beispielhafte Gliederung nach dem GKV angegeben (vgl. auch IAS 1.IG6 (Part I)):
(a) |
UE ("revenue"); |
(b) |
sonstige Erträge ("other income"); |
(c) |
Veränderung des Bestands an Fertigerzeugnissen und unfertigen Erzeugnissen ("changes in inventories of finished goods and work in progress"); |
(d) |
Aufwendungen für RHB ("raw materials and consumables used"); |
(e) |
Aufwendungen für Leistungen an AN ("employee benefits expense"); |
(f) |
AfA ("depreciation and amortisation expense"); |
(g) |
andere Aufwendungen ("other expenses"); |
(h) |
Gesamtaufwand ("total expenses"); |
(i) |
Gewinn vor Steuern ("profit before tax"). |
Rn. 163
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Konkret sind unter unmittelbar vorstehende Posten jener (Mindest-)Gliederung im Grundsatz die folgenden Sachverhalte zu subsumieren:
(a) |
UE ("revenues") "UE" sind im maßgeblichen Standard IFRS 15 explizit definiert (vgl. IFRS 15 Appendix A). Gemäß des Rahmenkonzepts (RK) des IASB verstehen sich UE ("revenues") als eine Teilmenge des übergeordneten Begriffs "Ertrag" (vgl. auch Pellens et al. (2021), S. 278). Ganz generell wird dort Ertrag ("income") definiert als Zunahme des wirtschaftlichen Nutzens während der Bilanzierungsperiode in Form von Zuflüssen oder Wertsteigerungen von Vermögenswerten oder einer Verringerung von Schulden, durch die sich das EK unabhängig von Einlagen der Eigentümer erhöht (vgl. RK.4.68 (2018)). Nach der Umsatzdefinition in IFRS 15 werden die "UE" als Erträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit verstanden, ohne dies jedoch weiter zu spezifizieren oder konkretisieren. Insoweit ist im Kontext der "UE" weiterhin zwischen den typischen Erlösen aus dem Kerngeschäft, die als "UE" auszuweisen sind, und den untypischen Erlösen, die als "Sonstige betriebliche Erträge" zu zeigen sind, zu unterscheiden (vgl. de la Paix/Plankensteiner, IRZ 2015, S. 331 (333)). So ist etwa bei den "Zinserträgen" zu prüfen, ob sie Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sind und somit auch unter den "UE" auszuweisen sind – z. B. Zinserträge aus Kundenfinanzierung bei langfristigen Fertigungsaufträgen, sofern ihnen eine wesentliche Finanzierungskomponente inhärent ist (vgl. IFRS 15.60). Auch in diesen Fällen sind die "Zinserträge" gesondert von den "UE" zu zeigen (vgl. IFRS 15.65). Bei anderen Erträgen, wie "Mieteinnahmen", "Lizenz"- oder "Dividendenerträgen", ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und damit den "UE" zuzuordnen oder als "Sonstige betriebliche Erträge" auszuweisen sind. |
Rn. 163a
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Bisher beschränkten sich die "UE" nach HGB auf "Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Erzeugnissen und Waren sowie [...] Dienstleistungen" (§ 277 Abs. 1 (a. F.)). Durch den BilRUG-bedingten Wegfall des Abgrenzungsmerkmals "Gewöhnliche Geschäftstätigkeit" werden nach HGB fortan mehr Erträge den "UE" statt wie bisher den "Sonstige[n] betriebliche[n] Erträge[n]" zuzuordnen sein. M.a.W.: Zumindest hinsichtlich der Abgrenzung zwischen den "UE" und den "Sonstige[n] betriebliche[n] Erträge[n]" hat sich das HGB von den IFRS entfernt (vgl. Kirsch, IRZ 2015, S. 99 (106); Kolb/Ross, WPg 2015, S. 869 (872); de la Paix/Plankensteiner, IRZ 2015, S. 331 (333)).
Rn. 163b
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Beträge, die im Auftrag Dritter vereinnahmt werden, wie Verkauf-, Verbrauch- und USt ("sales taxes, goods and service taxes and value added taxes"), sind von den "UE" abzuziehen (vgl. IFRS 15.47). Da durch die Neudefinition des "UE" im HGB explizit nun alle "direkt mit dem Umsatz verbundenen Steuern" von den "UE" abzuziehen sind (vgl. HdR-E, HGB § 275, Rn. 32ff.), nähert sich das HGB hier insoweit wieder an die IFRS-spezifische Umsatzdefinition an (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 275 HGB, Rn. 66). Provisionen, Skonti etc. (vgl. IFRS 15.50ff.) sind wie nach HGB nicht bei den "UE" zu berücksichtigen, sondern vielmehr von den "UE" abzusetzen.
Rn. 163c
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Dagegen sind nach IFRS 15 Erlöse zu erfassen, sofern das UN durch Übertragung (Verschaffung der Verfügungsgewalt) von zugesagten Gütern oder Dienstleistungen die entsprechende Leistungsverpflichtung erfüllt. In IFRS 15.32ff. ist geregelt, ob die Verfügungsgewalt über einen Zeitraum oder zu einem bestimmten Zeitpunkt übergeht. Klassisches Beispiel für die unterschiedliche Betrachtung von "UE" ist die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen. So sind nach HGB "UE" dem Grunde nach erst dann zu realisieren, wenn betreffender Vertrag vollständig erfüllt wurde, während die Erfassung der Umsatzerlöse nach IFRS, sofern die Kriterien zur zeitraumbezogenen Umsatzrealisierung nach IFRS 15.35 erfüllt sind, entsprechend dem Leistungsfortschritt über den Zeitraum der Fe...