Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. David Markworth
Rn. 42
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die Gewinnverwendung in dem TU bildet einen typischen Akt der Konzernleitung. Um der durch § 58 Abs. 2 AktG auf 50 % des erzielten Jahresüberschusses beschränkten Gewinnverwendungskompetenz des Vorstands auch in den TU Rechnung zu tragen und einer Umgehung dieser Schutzvorschrift durch die Ausgliederung von wesentlichen Vermögensteilen auf TU vorzubeugen, sind verschiedene Lösungsvorschläge entwickelt worden. Die Palette der in der älteren aktienrechtlichen Literatur vertretenen Meinungen reichte – je nach Konzernierungsart – von der Vollanrechnung der Rücklagenbildungen in den Töchtern auf die Quote des MU (vgl. Gessler, in: FS Meilicke (1985), S. 18 (26)) bis hin zu verschiedenen Formen der Teilanrechnung (vgl. Götz, AG 1984, S. 85). Nach heute ganz h. M. ist das Konzept einer konzerndimensionalen Ergebnisverwendungskontrolle generell abzulehnen (vgl. Hölters-AktG (2022), § 58, Rn. 48f.; Hüffer-AktG (2022), § 58, Rn. 17; MünchKomm. AktG (2019), § 58, Rn. 67f.; Westermann, in: FS Pleyer (1986), S. 421 (438ff.)). Der Vorstand des MU bedarf für die Rücklagenbildung in den TU keiner besonderen Ermächtigung in der Satzung.
Rn. 43
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Fixe Vorgaben für die Gewinnverwendungsentscheidungen im Konzern gibt es nicht. Die sachgerechte Entscheidung kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ermittelt werden, wobei dem Vorstand ein weiter Entscheidungsspielraum einzuräumen ist.
Rn. 44
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Rücklagenbildungen in TU, die 50 % des Jahresergebnisses nicht überschreiten, sind grds. zu tolerieren. In faktischen UN-Verbindungen entspricht die Eigenständigkeit des TU dem Regelungskonzept der §§ 311ff. AktG. Denkbar sind vielfältige Konstellationen, in denen die Thesaurierung eines Teilgewinns sinnvoll ist. Bei abhängigen GmbH mit unsicherer Ertragskraft oder unzureichender EK-Ausstattung und daraus folgender hoher Belastung mit FK-Zinsen kann ausnahmsweise sogar die vollständige Thesaurierung einem vernünftigen kaufmännischen Verhalten entsprechen. In Ermangelung von § 58 AktG können entsprechende Minderheitsrechte vom MU über Weisungen an die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft auch rechtswirksam durchgesetzt werden.