Tz. 73
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Auch die Gruppenbewertung stellt eine Durchbrechung des Einzelbewertungsgrundsatzes dar, indem zulässigerweise eine bestimmte Anzahl von VG abgegrenzt wird (die sog. Gruppe) und diese Gruppe einheitlich – aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift – mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden kann.
a) Voraussetzungen der Gruppenbewertung
Tz. 74
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Die Anwendung der Gruppenbewertung ist möglich, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. § 240 Abs. 4):
(1) |
die zu einer Gruppe zusammengefassten VG respektive Schulden müssen gleichartig sein; |
(2) |
eine Gruppe kann nur aus VG des Vorratsvermögens, sonstigen beweglichen VG oder Schulden gebildet werden; |
(3) |
bei beweglichen VG, die nicht zum Vorratsvermögen zählen, und Schulden ist eine Zusammenfassung zu einer Gruppe auch möglich, wenn sie lediglich annähernd gleichwertig sind. |
Tz. 75
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Ad (1): Gleichartigkeit der VG
Das Kriterium der Gleichartigkeit war auch nach altem Recht eine Forderung, die für die Anwendung der Gruppenbewertung erfüllt sein musste. Nach § 40 Abs. 4 Nr. 1 HGB 1980 war es jedoch darüber hinaus erforderlich, dass für die zu einer Gruppe zusammengefassten gleichartigen VG ein Durchschnittswert bekannt sein musste (vgl. ähnlich HB-RP (1995), § 240 HGB, Rn. 72). Dieser etwas schwierig zu operationalisierende Tatbestand ist in konsequenter Umsetzung von Art. 40 Abs. 1 der 4. EG-R (derweil: Art. 12 Abs. 9 der Bilanz-R) nicht in § 240 Abs. 4 als Voraussetzung aufgenommen worden. Durch die Verwendung des Begriffs der Gleichartigkeit wird klargestellt, dass es sich bei den zu einer Gruppe zusammengefassten VG nicht um gleiche VG handeln muss, sondern sich die zusammengefassten VG in gewisser Weise unterscheiden können. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die VG sich derart voneinander unterscheiden, dass sie lediglich noch mit dem Tatbestand der "Verschiedenartigkeit" klassifiziert werden können. Es ist h. M., dass die zusammengefassten VG einer "gleichen, nicht jedoch derselben Art angehören müssen, also z. B. [Zugehörigkeit zur gleichen Warengattung, d.Verf.], wie Bandeisen verschiedener Abmessungen oder Waren erster, zweiter und dritter Wahl" (ADS (1998), § 240, Rn. 120 (Herv.d. d.Verf.)).
Tz. 76
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Zur Vermeidung von verfälschten Ergebnissen bei der Ermittlung der AK der VG einer Gruppe hat man früher eine Grenze hinsichtlich der Möglichkeit, einzelne VG zusammenzufassen, dort gezogen, wo die Werte der gleichartigen VG wesentlich voneinander abwichen. Das Kriterium der annähernden Wertgleichheit galt demnach als Bestandteil der Gleichartigkeit (vgl. ADS (1968), § 155 AktG, Rn. 142, m. w. N.). Aufgrund der eindeutigen Formulierung in § 240 Abs. 4 dürfte dies nunmehr nicht (mehr) generell gelten; vielmehr ist eine Gruppenbewertung als zulässig anzusehen, sofern die VG des Vorratsvermögens gleichartig bzw. sonstige VG entweder gleichartig oder gleichwertig sind (vgl. mit a. A. ADS (1998), § 240, Rn. 121ff.; HB-RP (1995), § 240 HGB, Rn. 75). Hieraus folgt weiter, dass gleichwertige VG des Vorratsvermögens, die nicht gleichartig sind, nicht zu einer Gruppe zusammengefasst werden können.
Des Weiteren ist die Gleichartigkeit dann gegeben, wenn die zusammenzufassenden VG den gleichen Verwendungszweck aufweisen (Funktionsgleichheit), z. B. Bierfässer aus Holz und aus Kunststoff (vgl. ADS (1998), § 240, Rn. 120). Sofern funktionsgleiche VG zu einer Gruppe zusammengefasst werden, dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass die Möglichkeit der Gruppenbewertung dann nicht mehr gegeben ist, wenn die VG sich wertmäßig wesentlich voneinander unterscheiden. Allg. dürfte davon auszugehen sein, dass Wertunterschiede als ein Indiz dafür angesehen werden könnten, dass eine Gleichartigkeit möglicherweise nicht mehr gegeben ist.
Letztlich bedeutet dies, dass dem Kriterium der Gleichartigkeit die Wertgleichheit der VG nicht immanent ist.
Tz. 77
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Ad (2): Bewegliche VG
§ 240 Abs. 4 schränkt die Anwendung der Gruppenbewertung auf sog. bewegliche VG ein. Nach § 40 Abs. 4 Nr. 2 HGB 1980 gab es eine solche Einschränkung nicht. Faktisch dürfte diese Einschränkung jedoch nicht zu einer Auswirkung auf die Bilanzierungspraxis geführt haben, zumal die Anwendung der Gruppenbewertung bei immateriellen bzw. bei unbeweglichen VG nach altem Recht kaum von Bedeutung war.
Tz. 78
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Ad (3): Annähernde Gleichwertigkeit der VG
Für bewegliche VG, die nicht dem Vorratsvermögen zugeordnet sind, ist eine Anwendung der Gruppenbewertung zulässig, wenn sie annähernd gleichwertig sind. Da diesbezüglich eindeutig die Alternative gleichartig oder annähernd gleichwertig gesetzlich kodifiziert ist, ergibt sich daher die Frage, ob eine Zusammenfassung nach dem Kriterium der annähernden Gleichwertigkeit von der Art der zusammenzufassenden VG abstrahieren kann, nur weil zufällig die VG einen annähernd gleichen Wert aufweisen. Nach § 40 Abs. 4 Nr. 1 HGB 1980 war eine Zusammenfassung de...