Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 415
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Sowohl der RefE als auch RegE des BilMoG sah die allg. (d. h. branchenunabhängige) Einführung einer Zeitwertbewertung für Handelsbestände an Finanzinstrumenten vor (vgl. zum RefE Schmidt, KoR 2008, S. 1ff.; zum RegE Löw/Scharpf/Weigel, WPg 2008, S. 1011ff.; Scharpf/Schaber, DB 2008, S. 2552ff.; BilMoG-HB (2008), Kap. X, S. 185 (212ff.)). Begründet wurde dies mit den Bedürfnissen der Praxis bzw. der Kodifizierung des in praxi üblichen Vorgehens (vgl. BR-Drs. 344/08, S. 113). Obwohl eingeräumt wurde, dass der Anwendungsbereich der Neuregelung bei Nicht-Banken eng begrenzt gewesen wäre, sah der Gesetzgeber in der Folge der Verschärfung der Finanzkrise 2008/2009 infolge der "gegenwärtigen Situation an den Finanzmärkten für einen Handel der Unternehmen der Realwirtschaft mit Wertpapieren und damit auch für eine entsprechende Vorschrift keinen Bedarf" (BT-Drs. 16/12407, S. 85) mehr. Demzufolge blieb die Einführung der Zeitwertbewertung für Handelsbestände an Finanzinstrumenten auf Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute beschränkt (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 421).
Rn. 416
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Weiterhin wurde mit dem RefE des BilMoG der niedrigere beizulegende Zeitwert als Vergleichswert für den Niederstwerttest im AV und UV nach § 253 Abs. 3f. HGB-E vorgeschlagen. Während die Begründung des RefE für den Niederstwerttest im AV lediglich von einer Anpassung an § 255 Abs. 4 HGB-E ausging (vgl. BMJ (2007), S. 110), wurde seitens des Schrifttums hervorgehoben, dass es mit der Einführung des beizulegenden Zeitwerts als Vergleichswert zu einer (ggf. nicht intendierten) konzeptionellen Änderung der Bewertungskonzeption gekommen wäre. Der beizulegende Wert des § 253 Abs. 2 (a. F.) bzw. § 253 Abs. 3 (n. F.) stellt nach h. M. keinen bestimmten Bewertungsmaßstab dar, sondern ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des konkreten Bewertungsanlasses zu ermitteln (in Betracht kommen u. a. der Wiederbeschaffungswert, der Ertragswert sowie in Ausnahmefällen der Einzelveräußerungswert des VG; vgl. hierzu ADS (1995), § 253, Rn. 452ff.). Der ausschließliche Vergleich des Buchwerts mit dem beizulegenden Zeitwert hätte eine Überbetonung des Vorsichtsprinzips zur Konsequenz gehabt, da eine Abwertung auf einen dauerhaft gesunkenen beizulegenden Zeitwert trotz eines ggf. höheren betriebsindividuellen Nutzungswerts zwingend vorzunehmen gewesen wäre (vgl. Köster, BB 2007, S. 2791 (2792f.)). Die vorgeschlagene Verwendung des beizulegenden Zeitwerts als Vergleichsmaßstab für den Niederstwerttest im UV nach § 253 Abs. 4 HGB-E wurde im RefE zutreffenderweise mit einer Anpassung aus redaktionellen Gründen begründet, da der Börsen- oder Marktpreis als bisheriger Vergleichswert bereits auf einem Marktpreis beruht (vgl. BMJ (2007), S. 113; Beyhs/Melcher, DB 2008, Beilage Nr. 1 zu Heft 7, S. 19 (22)). Beide Änderungsvorschläge wurden im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens fallen gelassen.
Rn. 417
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Der RefE des BilMoG sah darüber hinaus in den §§ 285 Satz 1 Nr. 26, 314 Abs. 1 Nr. 19 HGB-E neben der Angabe des beizulegenden Zeitwerts von gehaltenen Anteilen an Spezialfonds i. S. d. § 2 Abs. 3 InvG eine Reihe weiterer Angaben zu diesen Anteilen vor. Mit der Vorschrift sollte ein Vereinheitlichungseffekt sowie eine verbesserte Vergleichbarkeit der Angaben zu Anteilen an Spezialfonds erreicht werden (vgl. Ernst/Seidler, BB 2007, S. 2557 (2560)). Die endgültige Fassung der §§ 285 Nr. 26, 314 Abs. 1 Nr. 18 (a. F.) forderte entsprechende Angaben zu Anteilen oder Anlageaktien von mehr als 10 % an inländischen Investmentvermögen i. S. d. § 1 des InvG oder vergleichbaren Anteilen nach § 2 Abs. 9 InvG. Offenlegungspflichtig war i. d. S. nicht der beizulegende Zeitwert der Anteile, sondern deren Wert i. S. d. § 36 InvG oder vergleichbarer ausländischer Vorschriften über die Ermittlung des Marktwerts (vgl. BDI/EY (2009), S. 30; Petersen/Zwirner (2009), Kap. XXIX, S. 502 (511); im Übrigen HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 761ff.).