Rn. 31

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Die Auswahl- und Überwachungspflicht gilt auch für den Fall, dass der Vorstand beschließt, UN-Externe mit der technischen Durchführung der Buchführung zu beauftragen (Outsourcing). Zu jedem Zeitpunkt ist sicherzustellen, dass bei auftretenden Mängeln korrigierend eingegriffen werden kann. In der UN-Praxis werden hierzu regelmäßig sog. Service Level Agreements abgeschlossen, die organisatorischen Ablauf, Berichtserfordernisse und Weisungsbefugnisse detailliert darlegen (vgl. im Folgenden Stein, ZGR 1988, S. 163 (168ff.)).

 

Rn. 32

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Im in- oder externen (EDV-gestützten) Delegationsfall ist es Aufgabe des Vorstands, dass die EDV den mit ihrem Einsatz zur Stützung und Ausführung von Vorstandsentscheidungen verbundenen Anforderungen entsprechend organisatorisch, funktionell und personell ausgestaltet wird. Der Vorstand darf durch diese Form der Übertragung der technischen Durchführung keine Verringerung von Beurteilungs- und Entscheidungsspielräumen erleiden. Die Fähigkeit zur selbständigen Urteilsbildung des Vorstands auf Basis vorgelegter EDV-Buchführungsinformationen muss dabei ebenso erhalten bleiben wie Letztere sachbezogen, realistisch, entscheidungsrelevant, kontrollierbar und nachvollziehbar sein müssen. Wo der Leitungsautonomie des Vorstands i. S. d. § 76 AktG Einbußen drohen, sind entsprechende Abwehrmaßnahmen erforderlich.

 

Rn. 33

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Somit ist in der Auswahl des Vertragspartners zur Durchführung der Buchführung darauf zu achten, dass die "Grundlagen für die eigenverantwortliche Geschäftsführung des Vorstands, also die Qualität der Information und der Entscheidungsvorgaben, die Einflußnahme und die Kontrolle, dem im eigenen Unternehmen erreichbaren und für die Buchführung gesetzlich vorgeschriebenen Standard mindestens entsprechen" (Stein, ZGR 1988, S. 163 (171)).

 

Rn. 34

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Eine externe Buchführung entbindet nicht von der handels- und steuerrechtlichen Verantwortung für die Inhalte der Buchführung. Lediglich organisatorische und technische Buchführungspflicht können unter Beachtung vorgenannter Prinzipien delegiert werden (vgl. ADS (2023), § 238, Rn. 105). Daher ist darauf zu achten, dass regelmäßig Verträglichkeitsberichte vorzulegen sind, welche die Funktionsfähigkeit des Buchführungssystems darlegen. Im Service-Abkommen sollte festgelegt werden, dass das zuständige Vorstandsmitglied jederzeit Zugriff auf das Buchführungssystem hat und ggf. weisungsbefugt ist (vgl. auch Lutter/Hommelhoff (2023), § 41 GmbHG, Rn. 5).

Diese Überlegungen sind ebenfalls zu übertragen auf moderne Organisationskonzepte, in denen Teile der Buchführung verschiedener nationaler und internationaler Konzerngesellschaften oder Standorte – wie etwa die Debitoren-/Kreditorenbuchhaltung oder die Lohnbuchhaltung – in Shared Services-Zentren (vgl. Küting/Dawo/Heiden (2001), S. 128ff., m. w. N.) zusammengeführt werden. Auch hier ist im Rahmen entsprechender Service-Abkommen auf die Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten zur Erfüllung der aktienrechtlichen Pflichten zu achten (vgl. ADS (2023), § 238, Rn. 105).

 

Rn. 35

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Meyer (Scholz-GmbHG (2021), § 41, Rn. 16) weist darauf hin, dass es sich bei den eingeschalteten Hilfspersonen nicht um Erfüllungsgehilfen i. S. d. § 278 BGB handelt, zumal die Zurechnung fremden Verschuldens über § 278 BGB eine Delegation de facto unmöglich machen würde.

 

Rn. 36

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Unter strafrechtlichen Gesichtspunkten macht sich ein AG-Vorstand dann eines Vergehens schuldig, wenn er seine Hilfspersonen (Angestellte der eigenen Organisation, externe Dritte) fahrlässig nicht ordentlich auswählt oder seine Überwachungspflicht vernachlässigt (vgl. Beck-HdR, D 20 (2011), Rn. 18, m. w. N.). Die Verantwortlichkeit des Vorstands im Delegationsfall kann als dem Organisationsverschulden des allg. Deliktrechts vergleichbar bezeichnet werden (vgl. Scholz-GmbHG (2021), § 41, Rn. 17f., 23; Palandt (2024), § 823 BGB, Rn. 45 ff.).

 

Rn. 37

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Auf die in § 239 Abs. 4 kodifizierten Aufbewahrungspflichten und Anforderungen an eine EDV-gestützte Buchführung wird verwiesen (vgl. etwa vgl. HdR-E, HGB § 239); BMF, BStBl. I 1978, S. 250ff.; BMF, Schreiben vom 07.11.1995, IVA8 – S 0316–52/95, WPg 1996, S. 124ff.).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?