a) Abschreibungsbeginn

 

Rn. 142

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Durch die Festlegung der planmäßigen ND wird der Abschreibungszeitraum, d. h. der Zeitraum, innerhalb dessen die AHK auf die GJ als Abschreibungen zu verteilen sind, bestimmt. Der Abschreibungszeitraum beginnt zu dem Zeitpunkt, ab dem der VG der "Unternehmung uneingeschränkt zur [bestimmungsgemäßen, d. Verf.] Nutzung zur Verfügung steht" (Bonner-HdR (2014), § 253 HGB, Rn. 225). Bei beschafften VG (Lieferungen) entspricht dies regelmäßig dem Zeitpunkt der Abnahme bzw. dem Zeitpunkt, zu dem der VG in einen betriebsbereiten Zustand versetzt wird. Bei hergestellten VG beginnen die Abschreibungen generell zum Zeitpunkt der Fertigstellung (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 439; Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 224; zur steuerrechtlichen Bestimmung des Zeitpunkts der Lieferung bzw. Fertigstellung H 7.4 EStH ("Lieferung" und "Fertigstellung")). Die tatsächliche Inbetriebnahme ist bei der Bestimmung des Abschreibungsbeginns unerheblich. So müssen VG bereits vor Inbetriebnahme planmäßig abgeschrieben werden, wenn der Nutzungsbeginn z. B. aus innerbetrieblichen Gründen verzögert einsetzt oder die VG nicht genutzt und nur als Reserve gehalten werden. Für Gebäude ergibt sich daraus auch eine Abschreibungspflicht bei Leerstand.

 

Rn. 143

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bei unterjährigem Abschreibungsbeginn ist die Jahresabschreibung grds. zeitanteilig (pro rata temporis) zu berechnen (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 441). Dabei kann die Berechnung aus Vereinfachungsgründen auf monatlicher Basis (statt nach Tagen) erfolgen. In einem solchen Fall ist der Monat der Lieferung oder Fertigstellung des abnutzbaren VG als voller Monat in die Abschreibungsbemessung einzubeziehen. Eine entsprechende steuerrechtliche Vorgehensweise ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG.

 

Rn. 144

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Weitere Vereinfachungsregeln sind – unter Wesentlichkeitsgesichtspunkten – handelsrechtlich gestattet, sofern sie nicht willkürlich erfolgen. Ein in der Literatur für eine solche Vereinfachung genanntes Beispiel ist die sog. Halbjahresregel. Sie darf zum Einsatz kommen, wenn eine betragsmäßig einigermaßen gleiche Verteilung der Zugänge über das gesamte GJ gewährleistet ist. Nach der Halbjahresregel darf der Abschreibungslauf bei VG, die im ersten Halbjahr zugegangen sind, zum Anfang des GJ beginnen. VG, die in der zweiten Hälfte zugegangen sind, dürfen ab dem Beginn des zweiten Halbjahrs abgeschrieben werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 225).

Nach hier vertretener Ansicht stellt die Halbjahresregel tatsächlich aber keine praxisrelevante Vereinfachung dar. Die Halbjahresregel ist steuerrechtlich nicht mehr zulässig. Wenn steuerrechtlich ohnehin eine pro rata temporis-Abschreibung vorgeschrieben ist, verursacht eine Abschreibung nach der Halbjahresregel in der HB zusätzlichen Aufwand. Handels- und steuerrechtliche Rechenwerke entwickeln sich in diesem Punkt auseinander, was i. d. R. Kostensteigerungen nach sich zieht. Zudem erweitert die Anwendung der Halbjahresregel den Kreis der Sachverhalte, für die vom Grundsatz her latente Steuern abzugrenzen sind (vgl. zur optional zulässigen Gesamtdifferenzenbetrachtung HdR-E, HGB § 274, Rn. 12ff.).

b) Festlegung der voraussichtlichen Nutzungsdauer

 

Rn. 145

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Für die Festlegung der Abschreibungshöhe ist zu bestimmen, über welche ND der Ausgangswert (AHK) zu verteilen ist. Die ND ist der Zeitraum, über den ein VG voraussichtlich von einem UN genutzt werden kann. Die ND kann grds. in die technische ND, die wirtschaftliche ND und die rechtliche ND unterschieden werden (vgl. zu den ND-Kategorien im steuerrechtlichen Kontext Schmidt: EStG (2020), § 7, Rn. 155ff.).

Die technische ND umfasst den Zeitraum, in dem ein VG technisch einwandfrei genutzt werden kann. Durch Instandhaltungsmaßnahmen (insbesondere in Form von Wartungen und Inspektionen) kann die technische ND verlängert werden. Die wirtschaftliche ND umfasst dagegen den Zeitraum, in dem es unter Rentabilitätsgesichtspunkten sinnvoll ist, den VG zu nutzen.

Die wirtschaftliche ND ist regelmäßig kürzer als die technische ND. Ein Grund für diese Beobachtung sind bspw. im Bereich des Sach-AV die mit zunehmendem Alter einer Maschine steigenden Reparaturaufwendungen, die ab einem bestimmten Zeitpunkt ein unverhältnismäßiges Maß erreichen. Obwohl eine Maschine technisch noch weiter genutzt werden könnte, ist die Stilllegung und Anschaffung einer dem technischen Fortschritt angepassten Maschine wirtschaftlicher, da mit ihr effizienter und ggf. qualitativ hochwertiger produziert werden kann als mit dem im UN vorhandenen Aggregat. Auch Marktgründe (z. B. Geschmackswandel, neue Wettbewerber) und rechtliche Gründe (z. B. CO2-Regulierung) können dazu führen, dass die wirtschaftliche ND hinter der technischen ND zurückbleibt (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 368).

Zudem ist in bestimmten Fällen die vertragliche Situation in die Bemessung der ND einzubeziehen (rechtliche ND). So können Nutzungsmöglichkeiten für VG auch durch vertragliche Befristungen auslaufen. Die...

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