Dr. Eberhard Mayer-Wegelin
Rn. 86
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Seit dem GJ 1990 ist die Lifo-Bewertung auch steuerrechtl. allg. zugelassen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG (i. d. F. des Steuerreformgesetzes 1990, BGBl. I 1988, S. 1093)). Damit sollen neben der Bewertungsvereinfachung eine Angleichung der ertragstl. Gewinnermittlung an das HR sowie eine Abhilfe für das Problem der Scheingewinnbesteuerung erreicht werden (vgl. so BT-Drucks. 11/2157, S. 140; fernerhin HdR-E, HGB § 256, Rn. 10 f.).
Rn. 87
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Die Voraussetzungen stimmen i.W. mit denen des § 256 überein; zusätzlich wurde verlangt, dass man den bis 1998 möglichen Importwarenabschlag nach § 80 EStDV nicht gleichzeitig in Anspruch nahm. Im Jahr der erstmaligen Anwendung der Lifo-Methode ist der Bestand vom vorhergehenden BilSt mit seinem Bilanzansatz als erster Zugang zu übernehmen, d. h., dieser Bestand bildet in vollem Umfang den ersten Layer, er kann also nicht in mehrere Layer mit den tatsächlichen früheren AK aufgeteilt werden. Die neue Vorschrift gilt ebenso wie § 256 für den gesamten Bereich des Vorratsvermögens (RHB, unfertige und fertige Erzeugnisse sowie Waren) und bezieht alle gleichartigen WG ein. Nach der RegB müssen gleichartige WG nicht gleichwertig sein; der Preis kann allerdings Anzeichen für unterschiedliche Qualitätsstufen sein (vgl. BT-Drucks. 11/2536, S. 47). Ein späterer Wechsel des Bewertungsverfahrens ist nur mit Zustimmung des Finanzamts zulässig.
Rn. 88
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Einzelheiten hat die Finanzverwaltung in R 6.9 EStR festgelegt: So stellt sie bei der Gruppenbildung in erster Linie auf Marktgegebenheiten, Verkehrsanschauung und Qualitätsunterschiede ab; Preisunterschiede sind nur dann von Bedeutung, wenn sie erheblich sind und zu erheblichen Qualitätsunterschieden führen (vgl. HdR-E, HGB § 256, Rn. 30). Annähernde Preisgleichheit wird somit nicht verlangt. Die Gruppen dürfen, was anhand der Beispiele für die Weinwirtschaft, Zigarettenindustrie sowie Sekundärrohstoff- und Entsorgungswirtschaft abgeleitet werden kann, relativ großzügig und unter Einbeziehung des Grundsatzes der "Materiality" gebildet werden (vgl. HdR-E, HGB § 256, Rn. 39). Bei der Bewertung neuer Layer soll von den ersten Lagerzugängen oder den durchschnittlichen AHK des Jahres ausgegangen werden. Abschreibungen nach dem NWP können auch auf einzelne Layer vorgenommen werden und beziehen sich auf eine Gruppe insgesamt (vgl. BMF 1992, S. 554).
Rn. 88a
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Entgegen der h. M. will der BFH (vgl. Urt. v. 20.06.2000, BStBl. II 2001, S. 636 ff.) die Lifo-Methode dann nicht anerkennen, wenn die Vorräte hohe Erwerbsaufwendungen haben und die AK identifiziert und den einzelnen VG ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können. Der BFH leitet seine Auffassung daraus ab, dass er als Regelungszweck von § 256 und § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG nur die Bewertungsvereinfachung sieht. Dies trifft jedoch nicht zu (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 256, Rn. 23 f.). Daher ist die Lifo-Methode stets auch stl. zulässig, wenn durch ihre Anwendung eine auch nur geringfügige Bewertungsvereinfachung eintritt, und zwar unabhängig von der Höhe der AK. Eine Ausnahme gilt lediglich bei Handelswaren, wenn die Verbrauchsfolge und damit die AK ohne weiteres, z. B. durch Codifizierung, feststehen. Hierauf hat sich die Finanzverwaltung nunmehr endgültig festgelegt (vgl. BMF 2015, S. 462 f.; sodann Meurer, I. 2015, S. 1394; Prinz, U. 2015, S. 1196 f.; Adrian, G. 2015, S. 167 ff.).
Rn. 88b
Stand: EL 23 – ET: 07/2016
Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG muss die stl. Anwendung der Lifo-Methode den handelsrechtl. GoB entsprechen, wodurch Missbräuche verhindert werden sollen. Sie muss allerdings nicht mit der tatsächlichen Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge übereinstimmen, sie darf nur nicht mit dem betrieblichen Geschehensablauf völlig unvereinbar sein; diese Auslegung entspricht nach h. M. den handelsrechtl. GoB (vgl. HdR-E, HGB § 256, Rn. 21, m. w. N.). In diesem Zusammenhang vertritt Herzig (N. 2014, S. 1756; vgl. auch Meurer, I. 2015, S. 1394) die Auffassung, dass sich diese Auslegung aus einem speziellen stl. GoB-Vorbehalt ergebe und verweist auf das BFH-Urteil vom 31.01.2013 (BStBl. II 2013, S. 317 ff.). Danach sind stl. Vorschriften unter Beachtung ihres systematischen Zusammenhangs eigenständig auszulegen. Dem steht hier aber entgegen, dass der Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG ausdrücklich auf die handelsrechtl. GoB verweist (vgl. so explizit auch Drüen, K./Mundfortz, J. (2014), S. 2245 f.). Eine derartige Begr. würde den Eindruck erwecken, als ginge die Anwendung der Lifo-Methode im StR weiter als im HR. Auch wäre eine solche Auslegung nur erforderlich, wenn der Regelungszweck von § 256 und § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG nicht übereinstimmen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar ist der Regelungszweck des § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG neben der Bewertungsvereinfachung die Vermeidung der Scheingewinnbesteuerung, bei § 256 – zumal es sich hierbei um eine handelsrechtl. und nicht um eine stl. ...