Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. David Markworth
Rn. 32
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorstand und HV ist bei vorliegender Satzungsermächtigung für jene Konzernbildungen, die als Ausgliederung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf der Basis des UmwG erfolgen, gesetzlich geklärt. Die §§ 123 Abs. 3, 125, 13, 65 UmwG schreiben zwingend die Mitwirkung der HV vor. Bei anderweitigen Konzernvorgängen, etwa einer Konzernbildung im Wege der Einzelrechtsnachfolge, auf welche die Regelungen des UmwG nicht im Wege der Analogie angewendet werden können (vgl. Aha, AG 1997, S. 345 (356); Henssler/Strohn (2021), § 1 UmwG, Rn. 23f.; Henssler, in: FS Zöllner (1998), S. 203 (214)), muss, selbst wenn eine Satzungsbestimmung vorliegt, eine Zuständigkeit der HV nach den Holzmüller- und Gelatine-Grundsätzen geprüft werden (vgl. näher hierzu HdR-E, Einf AktG §§ 311–318, Rn. 30, 35ff.).
Rn. 33
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Es handelt sich um eine Grundlagenentscheidung. Rechtsgrundlage des Zustimmungserfordernisses ist daher nicht, wie vom BGH noch in der Holzmüller-Entscheidung angenommen, eine analoge Anwendung des § 119 Abs. 2 AktG oder eine vom Schrifttum favorisierte analoge Anwendung aktien- und umwandlungsrechtlicher Zuständigkeitsregelungen; vielmehr wird die besondere Zuständigkeit der HV vom BGH seit den Gelatine-Entscheidungen als Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2004, II ZR 155/02, BGHZ 159, S. 30 (42f.)). Bei Zuständigkeit der HV bedarf es, unabhängig von einer Konzernklausel in der Satzung, oder einer Satzungsbestimmung, der zufolge die HV i. R.d. gesetzlich Zulässigen grds. mit einfacher Mehrheit beschließen kann, einer qualifizierten Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkap. (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2004, II ZR 155/02, BGHZ 159, S. 30 (45); im Anschluss an die ganz herrschende Lehre KonzernR (2022), Vorbemerkungen zu § 311 AktG, Rn. 50; Henze, in: FS Ulmer (2003), S. 211 (220f.); Paefgen, ZHR 2008, S. 42 (49)). Nur auf diese Weise lässt sich ein hinreichender Minderheitenschutz gewährleisten.
Rn. 34
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Bei Konzernbildungen durch Beteiligungserwerb (strittig; vgl. hierzu näher KonzernR (2022), Vorbemerkungen zu § 311 AktG, Rn. 42) und Konzernumbildungen liegt die Entscheidung grds., unabhängig davon, ob eine (notwendige) Satzungsbestimmung vorliegt, im Zuständigkeitsbereich der HV. Zahlreiche Detailfragen sind naturgemäß auch nach den angesprochenen Urteilen offen geblieben. Die Entscheidung, einen UN-Zweig in einem selbständigen TU zu betreiben, bildet für sich genommen noch keinen "tiefen" bzw. schwerwiegenden Eingriff in die Mitgliedsrechte und Vermögensinteressen der (Minderheits-)Gesellschafter. Erst wenn wesentliche VG in die Töchter ausgegliedert werden, bedarf es der Mitwirkung der HV.