Rn. 60
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Mit dieser Zurechnung soll die Möglichkeit unterbunden werden, eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse durch eine Übernahme von Anteilen aus dem BV in das PV herbeizuführen. "Die Hinzurechnung erfolgt auch dann, wenn die Beteiligung gegenüber dem Geschäft des Einzelkaufmanns völlig branchenfremd ist" (KK-AktG (2011), § 16, Rn. 31). Weder kommt es auf den Grund des Beteiligungserwerbs an, noch muss der Kaufmann wenigstens einen Teil der Beteiligung im BV halten (vgl. AktG-GroßKomm. (2017), § 16, Rn. 32). Vor dem Hintergrund der heute einhelligen zweckbezogenen Auslegung der UN-Eigenschaft hält Bayer die gesetzliche Beschränkung auf den Status des Einzelkaufmanns für zu eng, da es nicht auf die Kaufmanns-, sondern die UN-Eigenschaft ankommt. Die dritte Fallgruppe des § 16 Abs. 4 AktG gilt analog auch für Freiberufler und Handwerker, sofern eine natürliche Person als UN i. S. d. §§ 15ff. AktG zu qualifizieren ist (vgl. MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 50).
Rn. 61
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Anteile, die Gesellschafter einer PersG in ihrem PV halten, sind dagegen nicht zurechenbar. Begründet wird dies damit, dass eine Interessenidentität zwischen dem einzelnen Gesellschafter und der Gesellschaftsmehrheit durchaus nicht die Regel ist (vgl. KK-AktG (2011), § 16, Rn. 32). Auch ist die Übertragung von Anteilen in das PV eines Gesellschafters bei PersG weniger leicht als im Fall des Einzelkaufmanns, da die Übertragung eine Übereignung des gesamthänderisch gebundenen Vermögens von der Gesellschaft auf den Gesellschafter erfordert (vgl. MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 51). Die unterschiedliche Behandlung von Einzelkaufleuten erscheint daher sachlich richtig und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. KK-AktG (2011), § 16, Rn. 32; ebenso MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 51). Bayer hält daher die Zurechnungsvorschrift des § 16 Abs. 4 AktG als Umgehungsschutz im Falle des Einzelkaufmanns für "wenig effektiv, weil ein Einzelkaufmann unschwer im Betriebsvermögen gehaltene Anteile im Wege der Einbringung in eine Familienpersonenhandelsgesellschaft aufsplitten und somit eine Mehrheitsbeteiligung vermeiden kann" (MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 52 (Herv.d. d.Verf.)).