Rn. 66

Stand: EL 16 – ET: 05/2013

Nach dem Wortlaut des Gesetzes liegt die Bestimmung des Zwecks grds. im freien Ermessen der Geschäftsführung. Seit In-Kraft-Treten der Vorschrift sind jedoch Stimmen laut geworden, die für eine Beschränkung dieses Ermessens plädieren und die Festlegung der Erwerbszwecke im HV-Beschluss fordern (vgl. Bosse, C. 2000a, S. 923 f.; Bosse, C. 2000b, S. 16; Saria, G. 2000, S. 458 ff.). Diese Anforderung lässt sich jedoch weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien entnehmen. Der Gesetzgeber hat die nähere Ausgestaltung der Erwerbszwecke und die Bindung an eine entspr. zweckgebundene Ermächtigung der HV vielmehr bewusst offen gelassen (vgl. insbes. Begründung zum RegE, BT-Drucks. 13/9712, S. 13), und zwar nachdem im Ref-Entwurf zunächst noch eine Konkretisierung des Zwecks vorgesehen war (vgl. Referentenentwurf 1996, S. 2130 f.). Es handelt sich daher auch nicht um eine Gesetzeslücke, die es durch Auslegung zu schließen gilt (so auch LG Berlin, Urt. v. 15.11.1999, NZG 2000, S. 944 f. – rkr. erfolgt). Da die HV für die Ermächtigung zuständig ist, kann sie ihre Zustimmung jedoch auch an Zweckvorgaben binden. So kann etwa der Erwerb zur späteren Einziehung vorgegeben werden. Beschränkt der HV-Beschluss die zulässigen Erwerbszwecke, darf der Vorstand Aktien nicht zu anderen (sonst grds. gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zulässigen) Zwecken erwerben. Der HV-Beschluss kann weitere Einzelheiten bestimmen. Hierzu gehören z. B. eine zeitliche Vorgabe, wie lange die Aktien gehalten werden sollen oder dürfen, sowie ggf. das Verfahren zur Rückführung der Aktien. Dabei kann auch ein HV-Beschluss als Voraussetzung für die Rückgabe in den Markt vorgesehen werden (vgl. hierzu auch Hüffer, U. 2012, § 71 AktG, Rn. 19 ff.). Angesichts der kritischen Stimmen aus der Literatur und von Aktionärsschützern hat sich die Festlegung der Erwerbszwecke im HV-Beschluss inzwischen weitgehend in der Praxis durchgesetzt. Diese Festlegung erscheint insbes. deshalb empfehlenswert, weil sich damit eine langwierige Erörterung des entspr. Tagesordnungspunktes und eine potenzielle Anfechtung weitestgehend vermeiden lassen (grds. erscheint allerdings eine lediglich auf fehlende Zweckangabe gestützte Anfechtung im Ergebnis wenig erfolgversprechend). Außerdem setzt sich die Verwaltung dadurch auch nicht im Ansatz dem Verdacht aus, das Instrument des Aktienrückkaufs könnte (verbotswidrig) zu eigenen, nicht mehr von § 71 Nr. 8 AktG ­gedeckten Zwecken verwendet werden (vgl. hierzu auch Bosse, C. 2000a, S. 923 f.). Un­tersuchungen aus den USA zeigen, dass das Instrument des Aktienrückkaufs offenbar zum Teil dazu eingesetzt wurde, den Wert der vom Management gehaltenen Aktienoptionen zu erhöhen (vgl. Bosse, C. 2000a, S. 923 f. m.w.N.). Letztlich dient die Festlegung der Erwerbszwecke im Ermächtigungsbeschluss auch der Transparenz, die heute vom Kap.-Markt in immer stärkerem Maße gefordert wird. Die für das UN und die Geschäftsführungsentscheidungen erforderliche Flexibilität kann dadurch erhalten werden, dass im Ermächtigungsbeschluss ein Katalog zulässiger Erwerbszwecke festgelegt wird. Die Entscheidung über die tatsächliche Durchführung und zwischen den einzelnen zulässigen Zwecken bleibt dann Geschäftsführungsmaßnahme und obliegt dem Vorstand. Ein Beschluss der HV ist nach dem Gesetz erforderlich, wenn die Veräußerung der erworbenen Aktien außerhalb der Börse erfolgen soll (vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 6 AktG).

a) Einziehung

 

Rn. 67

Stand: EL 16 – ET: 05/2013

Der Verwendungszweck kann durch die HV in der Weise beschränkt werden, dass der Beschluss den Erwerb der eigenen Aktien zum Zwecke der Einziehung vorsieht. Dies kann zum einen dadurch erfolgen, dass der Ermächtigungsbeschluss den Erwerb der Aktien zum Zwecke der Einziehung vorsieht und es für die Einziehung selbst eines weiteren HV-Beschlusses bedarf, zum anderen dadurch, dass die Ermächtigung zum Erwerb der Aktien zum Zwecke der Einziehung mit der Ermächtigung zur Durchführung der Einziehung verbunden wird (vgl. Hüffer, U. 2012, § 71 AktG, Rn. 19g; BMF 1998a, S. 2011). Ist der Zweck des Ermächtigungsbeschlusses auf den Erwerb zur späteren Einziehung beschränkt, dürfen nicht mehr Aktien erworben werden, als eingezogen werden sollen (vgl. Kiem, R. 2000, S. 212; Kümpel/Ott 1971, Abschnitt 105, S. 248).

 

Rn. 68

Stand: EL 16 – ET: 05/2013

Zwar ist bei dem Erwerb eigener Aktien zum Zwecke der Einziehung auch der Weg über § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG möglich. Dies würde allerdings einen vorherigen Kap.-Herabsetzungs- und Einziehungsbeschluss der HV nach § 237 AktG voraussetzen. I. R. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG kann demgegenüber der Eigenerwerb mit der bloßen Zweckbestimmung späterer Einziehung und der Ermächtigung zu ihrer Durchführung verbunden werden. Die vereinfachte Einziehung nach § 237 Abs. 3 bis 5 AktG erfolgt dann später und, sofern eine Ermächtigung beschlossen wurde, auch ohne weiteren HV-Beschluss; nach erfolgter Einziehung ist die ­Herabsetzung des Grundkap. lediglich vom Vorstand ...

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