Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
Rn. 385
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
In diesem Zusammenhang gilt es insbesondere die Frage zu beantworten, in welcher Reihenfolge bei einem eindeutig vorgegebenen RBW die
- planmäßigen Abschreibungen,
- außerplanmäßigen Abschreibungen,
- Zuschreibungen
vorzunehmen sind. Diese Frage ist bilanzpolitisch bedeutungsvoll; denn je nach der gewählten Zuschreibungstechnik können sich unterschiedliche Abschreibungs- und Zuschreibungsbeträge ergeben. Hinzuweisen ist auch auf § 58 Abs. 2a AktG sowie § 29 Abs. 4 GmbHG, wonach der EK-Anteil einer Zuschreibung in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt werden kann. Damit hängt auch die Höhe des Einstellungsbetrags von der gewählten Zuschreibungstechnik ab.
Ist der Grund für eine außerplanmäßige Abschreibung entfallen, so darf der niedrigere Wertansatz gemäß § 253 Abs. 3 Satz 5f. und Abs. 4 nicht beibehalten werden. Hiermit hat der Gesetzgeber lediglich bestimmt, welcher Buchwert am BilSt der Periode, in der die Gründe entfallen sind, auszuweisen ist: Max. die fortgeführten (ursprünglichen) AHK. Eine Festlegung zur (buchhalterischen) Zuschreibungstechnik fehlt indes.
Rn. 386
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Soll aus betriebswirtschaftlicher Sicht der Zuschreibungsbetrag exakt ermittelt werden, ist es erforderlich, den genauen Eintrittszeitpunkt der Werterholung festzustellen und diesen bei der Ermittlung des Zuschreibungsbetrags zu berücksichtigen. Sodann wären bis zu diesem Zeitpunkt die planmäßigen Abschreibungen auf der Grundlage des alten, um frühere außerplanmäßige Abschreibungen reduzierten RBW zu ermitteln, während ab dem Zeitpunkt des Wegfalls der Abwertungsgründe die planmäßigen Abschreibungen auf der Basis des aufgewerteten Betrags verrechnet werden müssten (vgl. auch Baetge/Kirsch/Thiele (2019), S. 270f.).
Übersicht: Zeitliche Abgrenzung von Abschreibungen und Zuschreibungen innerhalb des GJ
Rn. 387
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Es gelten folgende Ausgangsdaten:
Ausgangsdaten |
EUR |
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500.000 |
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10 Jahre |
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- lineare Abschreibungsmethode
|
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- beizulegender Wert am 31.12.t1
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150.000 |
- Wegfall des Grunds für die außerplanmäßige Abschreibung am 30.09.t3
|
|
In t1 wird eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen, nachdem zuvor noch die planmäßige Abschreibung auf der Grundlage des alten RBW ermittelt wurde. Es ist nach hier vertretener Ansicht nicht zulässig, die planmäßige Abschreibung für t1 rückwirkend auf der Grundlage des zum 31.12.t1 sich ergebenden niedrigeren beizulegenden Werts zu ermitteln. Denn die Normalabschreibung ist ex ante durch eine planmäßige Verteilung der AHK über die zukünftige voraussichtliche ND zu ermitteln, nicht aber rückwirkend aufgrund eines sich nach der Vornahme der Normalabschreibung und einer außerplanmäßigen Abschreibung ergebenden Werts. Nach der Systematik des Gesetzes (vgl. § 253 Abs. 3) ist also zuerst die planmäßige Abschreibung wie im VJ von dem RBW zum Schluss des vorangegangenen GJ abzuziehen; erst danach ist der sich so ergebende RBW mit dem niedrigeren beizulegenden Wert zu vergleichen und nur der sich hieraus ergebende Differenzbetrag ist als außerplanmäßige Abschreibung zu behandeln.
Die Abschreibungen stellen sich in t0 bis t2 wie folgt dar:
Verrechnung der außerplanmäßigen Abschreibung (alle Werte in EUR) |
Jahr |
Planmäßige Abschreibung |
Außerplanmäßige Abschreibung |
RBW |
t0 |
50.000 |
– |
450.000 |
t1 |
50.000 |
250.000 |
150.000 |
t2 |
18.750 |
– |
131.250 |
Rn. 388
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Hinsichtlich der Ermittlung des Zuschreibungsbetrags sind insgesamt vier Alternativen (A-D) vorstellbar, da der Wortlaut des § 253 Abs. 5 nur auf den anzusetzenden RBW abstellt. Dieser Vorgabe genügen die nachfolgenden vier Szenarien, die analog auch bei Erstellung von unterjährigen Monats- oder Quartalsabschlüssen für Zwecke der UN-Steuerung Anwendung finden können. Sie unterscheiden sich lediglich in betragsmäßigen Verschiebungen von planmäßigen Abschreibungen und Zuschreibungen. Alternative A grenzt den Zuschreibungsbetrag zeitlich entsprechend der vorstehenden Übersicht genau ab. Sie führt zu einem aus betriebswirtschaftlicher Sicht begrüßenswerten exakten Ergebnis. Diese (unterjährige) Vorgehensweise ist relativ aufwändig. Einfacher wäre es, nach den Alternativen B bis D zu verfahren.
Zuschreibungstechnik Alternative A (alle Werte in EUR) |
Jahr |
Planmäßige Abschreibung |
Zuschreibung |
RBW |
t3 |
26.562,50* |
195.312,50 |
300.000 |
t4 |
50.000,00 |
– |
250.000 |
. . . |
. . . |
– |
. . . |
t9 |
50.000,00 |
– |
0 |
* 18.750 × 9/12 |
= 14.062,50 |
|
|
|
|
+50.000 × 3/12 |
= 12.500,00 |
|
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|
|
|
26.562,50 |
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Rn. 389
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In Alternative B wird vereinfachend die Zuschreibung nach Maßgabe der Verhältnisse am BilSt t3 vorgenommen. Mithin wird der RBW des VJ zunächst planmäßig fortgeführt, bevor ein Zuschreibungsbedarf ermittelt wird. M.a.W. wird so verfahren, als wenn die Gründe für die außerplanmäßige Abschreibung am BilSt t3 entfallen wären.
Zuschreibungstechnik Alternative B (alle Werte in EUR) |
Jahr |
Planmäßige Abschreibung |
Zuschreibung |
RBW |
t3 |
18.750 |
187.500 |
300.000 |
t4 |
... |