Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 68
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der AP sollte im Prüfungsvertrag festlegen, welche Leistungen von ihm i. R.d. Pflichtprüfung erbracht werden sollen und welche nicht. Der Auftraggeber kann z. B. daran interessiert sein, dass bestimmte Prüfungsfelder intensiver geprüft werden sollen als bei der JA-Prüfung notwendig. Soweit Sonderwünsche des Auftraggebers das Ziel der Pflichtprüfung – die Abgabe eines vertrauenswürdigen Urteils über Buchführung, JA und Lagebericht – nicht behindern und dem Prüfer ausreichende Kapazität zur Verfügung steht, wird jeder AP diesen Wünschen nachkommen. Beeinträchtigt die Durchführung der vom Auftraggeber gewünschten vertieften Prüfungen in einzelnen Bereichen dagegen die Pflichtprüfung oder wird der Prüfungsauftrag wesentlich erweitert oder ergänzt, kann der AP zusätzliche Prüfungen nur i. R.e. Sonderauftrags übernehmen (vgl. Leffson (1988), S. 153; Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 50). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die prüfungspflichtige Gesellschaft keine Weisungsbefugnis gegenüber dem AP bezüglich der Prüfungsdurchführung besitzt (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 111; Mellerowicz/Brönner (1970), § 163 AktG, Rn. 11; Bonner HGB-Komm. (2022), Rn. 69f.; WP-HB (2023), Rn. B 103). Umfang und Art der Pflichtprüfungen richten sich allein nach gesetzlichen Vorschriften und den GoA (vgl. Rückle, in: HWRev (1992), Sp. 752ff.; MünchKomm. HGB (2024), § 318, Rn. 49). Lediglich bei von der JA-Prüfung unabhängigen Sonderaufträgen kann der Auftraggeber dem AP Weisungen erteilen, soweit sich diese mit dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit des AP vereinbaren lassen (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 111; Bonner HGB-Komm. (2022), Rn. 80). Über Feststellungen aus Erweiterungen des Prüfungsauftrags ist im Prüfungsbericht zu berichten (vgl. IDW PS 450 (2021), Rn. 108), das Ergebnis der Erweiterung des Prüfungsauftrags gehört indes zum Inhalt des BV nach § 322 (vgl. auch MünchKomm. HGB (2024), § 318, Rn. 49).
Rn. 69
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Als Sonderprüfungen kommen bspw. die Unterschlagungsprüfung (vgl. dazu z. B. Meyer zu Lösebeck (1983); Sell (1999); WP-HB (2023), Rn. A 65) sowie die Geschäftsführungsprüfung (vgl. dazu z. B. Potthoff (1982)) in Betracht. Die Geschäftsführungsprüfung kann bei Prüfungen einer GmbH ein gewünschter Vertragsbestandteil sein (vgl. Hommelhoff (1985), S. 408f.). Sie ist aber kein fester Bestandteil der Pflichtprüfung.