Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
a) Unentgeltlicher Erwerb
Rn. 106
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bei einem unentgeltlichen Erwerb – z. B. Erbschaft, Schenkung, Stiftung – wird der Bilanzansatz des unentgeltlich erworbenen VG kontrovers diskutiert (vgl. z. B. HdJ, Abt. I/4 (2021), Rn. 73 f.). Die Ansichten reichen von einem Aktivierungsverbot über ein Aktivierungswahlrecht bis hin zur Aktivierungspflicht.
Rn. 107
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die h. M. geht von nachfolgenden Grundsätzen aus:
(1) |
Eine Aktivierung der unentgeltlich erworbenen VG ist grds. zulässig. |
(2) |
Es besteht ein Aktivierungswahlrecht und keine Aktivierungspflicht. |
(3) |
Der Wertansatz richtet sich nach dem Zweck und der Bestimmung der Zuwendung. |
(4) |
Der angesetzte Betrag darf den (vorsichtig zu schätzenden) sonst üblichen Anschaffungswert (Zeitwert) nicht übersteigen. |
Wegen des in § 246 Abs. 1 ausdrücklich geregelten Vollständigkeitsgebots ist nach hier vertretener Auffassung von einer Aktivierungspflicht auszugehen (vgl. auch MünchKomm. HGB (2020), § 255, Rn. 44f.; Beck-HdR, B 162 (2020), Rn. 62f.). Da der bisherige § 248 Abs. 2 im Zuge des BilMoG aufgehoben bzw. modifiziert wurde, ergo selbst geschaffene immaterielle VG des AV nunmehr aktivierungsfähig sind (vgl. BT-Drs. 16/12407, S. 85), kann an der bisherigen Auffassung, nach der unentgeltlich erworbene immaterielle VG einem Aktivierungsverbot unterlagen, nicht mehr festgehalten werden. Auch für unentgeltlich erworbene immaterielle VG wird daher nach hier vertretener Auffassung ein Aktivierungswahlrecht gesehen. Soweit bei einem unentgeltlichen Erwerb Anschaffungsnebenkosten anfallen, sind diese nach Maßgabe der unter HdR-E, HGB § 255, Rn. 27ff., beschriebenen Grundsätze aktivierungspflichtig (vgl. für Zwecke der StB BFH, Urteil vom 09.07.2013, IX R 43/11, DB 2013, S. 2121ff.).
Rn. 108
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Ähnlich gelagert sind Fälle beim Erwerb von Gratisaktien bzw. von Geschäftsanteilen an einer GmbH, die aus einer Kap.-Erhöhung aus Gesellschaftsmitteln stammen (Gratisgeschäftsanteil). Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen unentgeltlichen Erwerb, denn durch die Ausgabe der Gratisaktien bzw. Gratisgeschäftsanteile verlieren die vor der Kap.-Erhöhung vorhandenen Kap.-Anteile an Wert. Dieser Überlegung ist auch der Gesetzgeber gefolgt. Er definiert als AK der Gratisaktien den Wert, der sich aus den AK der vor der Kap.-Erhöhung vorhandenen Kap.-Anteile dividiert durch die Anzahl der Kap.-Anteile nach Erhalt der Gratisaktien ergibt (vgl. §§ 220 AktG, 57o GmbHG); damit werden gleichzeitig die AK der vor der Kap.-Erhöhung erworbenen Anteile entsprechend reduziert.
b) Tauschgeschäfte
Rn. 109
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die Bestimmung der AK beim Tausch war umstritten. Zunächst wurde der Tausch nicht als Umsatz, sondern lediglich als Wechsel des getauschten Gegenstands betrachtet, weshalb der eingetauschte Gegenstand grds. mit dem Buchwert des hergegebenen VG zu bewerten war; eine Gewinnrealisierung galt insoweit als ausgeschlossen (vgl. Niehus (1982), S. 150). Dieser Grundsatz wurde allerdings durch den Einfluss des Steuerrechts durchbrochen (vgl. BFH, Gutachten vom 16.12.1958, I D 1/57 S, BStBl. III 1959, S. 30ff.).
Rn. 110
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nach heute wohl weitgehend einheitlicher Literaturmeinung sind im Grundsatz die Buchwertfortführung, die Gewinnrealisierung ebenso wie die ergebnisneutrale Behandlung als zulässige Methoden anzusehen (vgl. ADS (2023), § 255, Rn. 205ff.).
Rn. 111
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bei der Buchwertfortführung wird der eingetauschte Gegenstand mit dem letzten Buchwert des hingegebenen Gegenstands angesetzt. Als Buchwert gilt der zuletzt bilanzierte Wert des Gegenstands, unabhängig davon, ob der Bilanzierende aufgrund von Bewertungswahlrechten für den hingegebenen Gegenstand einen niedrigeren Buchwert ausweist (vgl. ADS (2023), § 255, Rn. 206). Nur bei dieser Interpretation ist die Buchwertfortführung eine klare unzweifelhafte Methode. Sofern der Zeitwert des eingetauschten Gegenstands – ohne Berücksichtigung von kurzfristigen aktuellen Werteinflüssen – niedriger ist als der Buchwert des hingegebenen Gegenstands, stellt dieser Zeitwert die Obergrenze für die AK dar. Dies ist dadurch begründet, dass durch diesen Tauschvorgang offensichtlich wird, dass bei dem hingegebenen Gegenstand eine außerplanmäßige AfA erforderlich gewesen wäre. Der von Adler/Düring/Schmaltz ((2023), § 255, Rn. 206) vertretenen Ansicht, dass die Obergrenze für die Festlegung der AK durch den Zeitwert des hingegebenen Gegenstands bestimmt wird, wird nicht gefolgt. Dieser Fall unterstellt, dass eine bei dem eingetauschten Gegenstand notwendige außerplanmäßige AfA auf den niedrigeren beizulegenden Wert nicht erfolgt ist. Derartige AfA sind jedoch zwingend vorzunehmen (vgl. § 253 Abs. 3), da zumindest durch den Tauschvorgang das gemilderte NWP für die Bewertung von Gegenständen des AV nicht mehr greift.
Rn. 112
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bei der Gewinnrealisierung stellt der Zeitwert des hingegebenen VG die AK für den eingetauschten Gegenstand dar. Der Ansicht von Adler/Dür...