Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 59
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Nach Annahme des Prüfungsauftrags sind sowohl der AP als auch die zu prüfende Gesellschaft an den abgeschlossenen Prüfungsvertrag gebunden. § 318 Abs. 1 Satz 5 lässt einen Widerruf des Prüfungsauftrags nur unter der Voraussetzung zu, dass gemäß § 318 Abs. 3 Satz 1 ein neuer AP gerichtlich bestellt worden ist. Dies bedeutet, dass die Gesellschaft einen einmal bestellten AP nur wechseln kann, sofern
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dies aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere, wenn ein Ausschlussgrund nach § 319 Abs. 2 bis 5 oder § 319b besteht bzw. ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 oder Abs. 5 Unterabs. 2 Satz 2 der AP-VO vorliegt, oder |
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die Vorschriften zur Bestellung des Prüfers nach Art. 16 der AP-VO bzw. die Vorschriften zur Laufzeit des Prüfungsmandats nach Art. 17 der AP-VO nicht eingehalten worden sind |
(vgl. § 318 Abs. 3 Satz 1). Diese restriktive Regelung soll die Stellung des AP gegenüber betreffender Gesellschaft stärken (vgl. BT-Drs. 10/317, S. 104; BT-Drs. 18/7219, S. 50). Bei Widerruf des Prüfungsauftrags ist die WPK unverzüglich und schriftlich (bzw. künftig: voraussichtlich in Textform; vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 163e) begründet durch den gewählten Prüfer und die gesetzlichen Vertreter des geprüften UN zu unterrichten (vgl. § 318 Abs. 8; zudem HdR-E, HGB § 318, Rn. 161f.). Der AP selbst darf den Prüfungsvertrag nur kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (vgl. § 318 Abs. 6 Satz 1). Bloße Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Prüfungsergebnisses zwischen AP und prüfungspflichtigem UN führen indes noch nicht zum Vorliegen eines wichtigen Grundes i. S. d. § 318 Abs. 6 Satz 2. Die Kündigung des Prüfungsauftrags ist schriftlich (bzw. künftig: voraussichtlich in Textform; vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 163e) gegenüber dem prüfungspflichtigen UN (vgl. § 318 Abs. 6 Satz 3) sowie der WPK (vgl. § 318 Abs. 8) zu begründen. Wird der Prüfungsauftrag durch den AP gekündigt, hat er über das Ergebnis seiner bisherigen Prüfung zu berichten (vgl. § 318 Abs. 6 Satz 4).
Rn. 60
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Widerruf eines Prüfungsauftrags ist ausnahmsweise dann zulässig, sofern bei der Bestellung des AP fälschlicherweise von einer Prüfungspflicht ausgegangen wurde, sich aber erst zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass diese nicht besteht, weil bspw. die Größenkriterien des § 267 Abs. 2 für mittelgroße Gesellschaften an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen unterschritten wurden. In diesem Fall besteht objektiv keine Prüfungspflicht; vielmehr handelt es sich um eine freiwillige AP, so dass die Vorschriften der §§ 316ff. insgesamt nicht gelten (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 57) und daher auch die Regelungen des § 318 über die Abberufung des AP nicht anzuwenden sind (vgl. zu den Kündigungsmöglichkeiten bei freiwilliger AP Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 53).