Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 133
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Unterschiede und Abgrenzung von HK und AK sind in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen. Beachtung gefunden hat dieser Problembereich insbesondere bei der Behandlung bestimmter Aufwendungen für Rechte und GmbH-Anteile (vgl. Wichmann, BB 1986, S. 28ff.) sowie im Zusammenhang mit spezifischen, nach der Anschaffung anfallenden Aufwendungen für materielle VG (vgl. BFH, Beschluß vom 22.08.1966, GrS 2/66, BStBl. III 1966, S. 672ff.); im Hinblick auf die Aktivierung immaterieller VG des AV ist der Unterschied zwischen Anschaffung (Aktivierungspflicht) und Herstellung (Aktivierungsverbot) durch das mit dem BilMoG geschaffenen Bilanzierungswahlrecht (vgl. § 248 Abs. 2 Satz 2) abgemildert worden.
Die Abgrenzung ist nicht nur dogmatisch von Interesse, sondern im Hinblick auf die unterschiedlichen Obergrenzen für AK und HK sowohl bilanzpolitisch als auch für die Beurteilung der Richtigkeit des Ansatzes bestimmter VG von Bedeutung. Die Obergrenzen für den Ansatz von AK und HK unterscheiden sich hinsichtlich des sachlichen Umfangs ebenso wie der zeitlichen Grenzen, innerhalb derer sie anfallen können; sachlich dürfen in die AK nur dem Erwerbsvorgang unmittelbar einzeln zurechenbare Aufwendungen einbezogen werden, während in die HK auch GK einbezogen werden müssen bzw. dürfen. Zeitlich unterscheiden sich die AK dadurch von den HK, dass sie den HK vorgelagert sind und in einem bestimmten Zeitpunkt in den HK aufgehen können, soweit Gegenstände betroffen sind, die in der Fertigung gebraucht oder verbraucht werden. Der Anschaffungsvorgang und demnach die damit verbundenen AK sind primär zeitpunktorientiert, während die HK zeitraumorientiert sind.
Rn. 134
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Die wesentlichen Abgrenzungskriterien zwischen AK und HK sind nach h. M. die Nämlichkeit bzw. Nicht-Nämlichkeit des VG vor bzw. nach dem jeweiligen Vorgang sowie die Zurechenbarkeit bzw. Nicht-Zurechenbarkeit des jeweiligen Gegenstands zu einem Wirtschaftssubjekt; danach unterscheiden sich Anschaffung und Herstellung wie folgt (vgl. Wichmann, BB 1986, S. 28 (29)):
Hat der VG als solcher vor dem Vorgang bestanden, liegt Anschaffung vor, während Herstellung voraussetzt, dass der "hergestellte" Gegenstand als solcher nicht vorher bestanden hat. Diese Frage der Nämlichkeit ist dabei nach den Kriterien der Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu beantworten. Dabei setzt der Ansatz von HK nicht voraus, dass der Prozess der Wandlung der Nämlichkeit von einem VG in den anderen abgeschlossen ist; vielmehr ist nur erforderlich, dass dieser Wandlungsprozess begonnen hat.
Wurde der VG vor dem Vorgang als solcher (identisch, nämlich) jemandem zugerechnet, muss es sich um einen Anschaffungsvorgang handeln, wohingegen bei der Herstellung ein zuvor nicht zurechenbarer VG neu entsteht und insoweit erst im Rahmen dieser Entstehung einem Wirtschaftssubjekt zugerechnet werden kann.
Danach schließen sich Anschaffung und Herstellung gegenseitig aus. AK liegen dann vor, wenn es darum geht, einen VG von einem anderen Wirtschaftssubjekt zu erwerben, ergo ihn von der "fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsgewalt zu überführen" (BFH, Beschluß vom 22.08.1966, GrS 2/66, BStBl. III 1966, S. 672 (674)); der nämliche oder auch identische VG wurde vorher einem Wirtschaftssubjekt und nach dem Vorgang einem anderen Wirtschaftssubjekt zugerechnet. Der Anschaffungsvorgang ist beendet, sofern der nämliche VG erstmals in den für den gedachten Zweck geeigneten betriebsbereiten Zustand versetzt ist (vgl. BFH, Beschluß vom 12.06.1978, GrS 1/77, BStBl. II 1978, S. 620ff.). Veränderungen, die nach diesem Zeitpunkt an dem Gegenstand vorgenommen werden, können daher nur dazu dienen, ihn in dem übernommenen Zustand zu erhalten oder zu verändern. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Aufwendungen sind daraufhin zu untersuchen, ob es sich um Erhaltungsaufwand oder HK (für einen neuen, mit dem Gegenstand, der erworben wurde, nicht identischen Gegenstand) handelt (vgl. BFH, Beschluß vom 22.08.1966, GrS 2/66, BStBl. III 1966, S. 672 (674)). Aus diesem Grund wird es nachträglichen Anschaffungsaufwand nur in sehr begrenzten Fällen geben können:
(1) |
Der Grund für den Aufwand war bis zur Beendigung der Anschaffung entstanden, Kenntnis der entstandenen Aufwendungen hinsichtlich Grund und/oder Höhe wurde aber erst später erlangt. |
(2) |
Für einen angeschafften Gegenstand fallen nachträglich Aufwendungen an, die dem Charakter nach Erhaltungsaufwand darstellen, weil die Nämlichkeit des Gegenstands nicht verändert wird (sonst wären es HK). Allerdings nimmt der Erwerber jene Aufwendungen bewusst im Zusammenhang mit der Anschaffung auf sich, um den Gegenstand erstmals in den beabsichtigten betriebsbereiten Zustand zu versetzen. |
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Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Im Gegensatz zu dem eher zeitpunktorientierten Anschaffungsvorgang sind die HK zeitraumbezogen. Nach allg. Auffassung ist die Herstellung beendet, wenn...