Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
a) Begriff und Wirkungsweise einer "zugriffsfreien" Auslagerung (Outsourcing)
Rn. 660
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Das BilMoG hat den in § 246 Abs. 2 Satz 1 festgelegten Grundsatz, dass VG nicht mit Schulden verrechnet werden dürfen, beibehalten. Allerdings fügte es sogleich in Satz 2 des § 246 Abs. 2 eine bemerkenswerte Ausnahme von diesem Grundsatz ein, indem es für "Altersversorgungsverpflichtungen" und "vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen" ein Verrechnungsgebot dieser Schulden mit VG dekretiert, wenn diese VG dem "Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen". Mit dieser Ausnahmevorschrift reagierte der Gesetzgeber auf (jüngere) Entwicklungen, die durch die Übernahme internationaler RL-Grundsätze (IFRS) in die KB kap.-marktorientierter Konzerne bereits stattfanden. Nach diesen Grundsätzen ist eine Versorgungsverpflichtung insoweit nicht in der Bilanz zu erfassen, wie sie durch zugriffsfrei ausgelagertes Vermögen gedeckt ist (Outsourcing).
Diese Rechtsfolge soll nicht auf die KB kap.-marktorientierter Konzerne beschränkt bleiben, sondern auch für die einzelnen JA gelten. Vor der Anwendung des BilMoG war im einzelnen JA das "zugriffsfrei" ausgelagerte Vermögen zu aktivieren und die Schuld aus den Altersversorgungsverpflichtungen zu passivieren.
Rn. 661
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Durch die "zugriffsfreie Auslagerung" soll sichergestellt werden, dass die VG grds. nur der Deckung der korrespondierenden Verpflichtungen dienen und dass insbesondere keine Dritten und auch kein Insolvenzverwalter auf diese VG zugreifen können. Die Praxis bedient sich hierbei "Contractual Trust Arrangements" (CTA), der Verpfändung von Rückdeckungsversicherungen, aber auch anderer Instrumente, wie z. B. der Verpfändung von Wertpapieren (vgl. zu diesen Sicherungsinstrumenten BetrAVG-Komm. (2018), Kap. 12, Rn. 41ff., 97ff.).
Die Gesetzesmaterialien gehen davon aus, dass eine zugriffsfreie Auslagerung sowohl bei einem Absonderungs- als auch bei einem Aussonderungsrecht vorliegt (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 48; ferner auch Hasenburg/Hausen, DB 2009, Beilage Nr. 5 zu Heft 23, S. 38 (42)). Allerdings weisen sie darauf hin, dass das zugriffsfrei ausgelagerte Vermögen jederzeit zur Erfüllung der Altersversorgungsverpflichtungen verwertbar sein müsse und dass sich deshalb betriebsnotwendiges Vermögen hierfür nicht eigne (vgl. BT-Drs. 16/12407, S. 85; zur Kritik an dieser Auffassung BetrAVG-Komm. (2010/II), Kap. 48, Rn. 37).
b) Über- und Unterdeckung von Altersversorgungsverpflichtungen durch Vermögensgegenstände
Rn. 662
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Die Altersversorgungsverpflichtungen können am BilSt durch das "zugriffsfrei" ausgelagerte Vermögen, das mit seinem beizulegenden Zeitwert zu bewerten ist (vgl. § 253 Abs. 1 Satz 4), mehr als gedeckt sein (Überdeckung) oder es kann eine Unterdeckung vorliegen. Im Fall der Überdeckung ist der überschießende Teil in der Bilanz unter dem Sonderposten "Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung" gemäß § 266 Abs. 2 E. zu erfassen.
Bei einer Unterdeckung wird die Differenz zwischen dem Wert der Versorgungsverpflichtung und dem geringeren beizulegenden Zeitwert der ausgelagerten VG in der Bilanz unter der Position "Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen" (§ 266 Abs. 3 B. 1.) passiviert. Die Versorgungsverpflichtung wird versicherungsmathematisch gemäß § 253 Abs. 2 bewertet. Wenn sich allerdings die Versorgungsverpflichtung auch nach dem beizulegenden Zeitwert eines Wertpapiers richtet, gilt als Verpflichtungswert der beizulegende Zeitwert insoweit, wie er einen garantierten Mindestbetrag an Versorgung (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG (Beitragszusage mit Mindestleistung)) übersteigt.
Das übergedeckte Vermögen unterliegt bei einer Überdeckung gemäß § 268 Abs. 8 Satz 3 i. V. m. Satz 1 einer Ausschüttungssperre (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 251ff.), wobei passive latente Steuern (vgl. HdR-E, HGB § 274) zu berücksichtigen sind.
c) Verrechnungsgebot für Erträge aus dem ausgelagerten Vermögen und den Altersversorgungsaufwendungen
Rn. 663
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Laut § 246 Abs. 2 Satz 2 (letzter Halbsatz) gilt das Verrechnungsgebot entsprechend für die Aufwendungen und Erträge aus den Altersversorgungsverpflichtungen und dem korrespondierenden ausgelagerten Vermögen. Nur ein Saldo aus beiden Größen berührt noch die GuV des UN. Sind die Aufwendungen größer als der Vermögensertrag, so ist der Saldo in der GuV gewinnmindernd zu buchen. Übersteigen die Vermögenserträge die Altersversorgungsaufwendungen, so entsteht in der GuV insoweit ein Ertrag.
Rn. 664
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Die Formulierung des letzten Halbsatzes des Satz 2 von § 246 Abs. 2 darf nicht missverstanden werden. Sie spricht zwar von "Aufwendungen" aus der "Abzinsung". Damit ist aber nicht nur der in der Zuführung zur Pensionsrückstellung enthaltene Zinsaufwand gemeint. Vielmehr unterliegt auch der in der Zuführung enthaltene Personalaufwand (die fiktiv für den Versorgungsanwärter aufgewendete jährliche Prämie) dem Verrechnungsgebot. Der Gesetzgeber hat diese Formulierung am Ende des Gesetzgebungsverfahrens nur gewählt, um klarzustellen, das...