Dr. Karl Petersen, Prof. Dr. Christian Zwirner
Rn. 20
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Für die Praxis bedeutet dies, dass ein Netzwerk notwendigerweise über organisatorische Strukturen verfügen muss, die die Abfrage bzw. das Erkennen von Ausschlusstatbeständen ordnungsgemäß und in einem angemessenen zeitlichen Rahmen gewährleisten können (vgl. Bonner-HdR (2015), § 319b HGB, Rn. 35). Ohne ein wirksames Konfliktüberwachungssystem (sog. Conflict Check) besteht das Risiko, dass Netzwerkmitglieder Aufträge zur Durchführung von AP annehmen, obwohl sie nicht unabhängig i. S. d. Gesetzes sind und somit die Prüfung nicht durchführen dürfen (vgl. zu den Rechtsfolgen HdR-E, § 319b, Rn. 37ff.).
Rn. 21
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Explizit betont der Gesetzgeber allerdings in der Begründung des RegE zum BilMoG, dass die Bildung eines Netzwerks nicht von vornherein schädlich ist (vgl. BR-Drs. 344/08, S. 197; Fölsing, ZCG 2009, S. 76 (77); Bonner-HdR (2015), § 319b HGB, Rn. 3); vielmehr stellt er deutlich heraus, dass das Erbringen von Prüfungs- und Beratungsleistungen durch Netzwerkmitglieder sehr wohl möglich ist, ohne dass der zum Netzwerk gehörende AP deswegen von der AP ausgeschlossen ist. Zur Beurteilung kommt es allein darauf an, ob sich das Ergebnis des Tätigwerdens eines Netzwerkmitglieds in wesentlicher Form im JA bzw. KA widerspiegelt oder nicht. Angabegemäß hat sich der Gesetzgeber bewusst für diese Möglichkeit entschieden, um so mittelständischen AP bzw. Prüfungsgesellschaften den Zusammenschluss mit Spezialisten in einem Netzwerk und damit einhergehend das Angebot einer breiten Produktpalette nicht zu verwehren (vgl. Fölsing, ZCG 2009, S. 76 (77)). Alles andere würde die Lebenswirklichkeit verkennen. Gleichzeitig soll damit einer weiteren Konzentration auf dem Prüfungsmarkt (vgl. zur Konzentrationsentwicklung im Zeitablauf Petersen/Zwirner, KoR 2007, Beilage Nr. 1 zu Heft 12, S. 3ff.; Boecker/Hartmann/Zwirner, KoR 2013, S. 156ff.; Zwirner/Boecker, IRZ 2017, S. 393ff.) entgegengewirkt werden, indem der Kreis möglicher Mandanten für mittelständische AP bzw. Prüfungsgesellschaften nicht weiter eingeengt wird. Gleichwohl sind die Anforderungen an eine Auftragsannahme in der Praxis hoch. Wenngleich dies vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war, führte § 319b bei kleinen und mittelständischen Prüfungsgesellschaften, die aufgrund der stetig zunehmenden (regulatorischen) Komplexität viel mehr auf die Zusammenarbeit in einem Netzwerk angewiesen sind als große Gesellschaften, zu Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Auftragsannahme ebenso wie Auftragsdurchführung.