Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. David Markworth
Rn. 59
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Einen getrennt zu betrachtenden Sonderfall stellen Konzern- oder Kostenumlagen dar (vgl. zu ihrer praktischen Relevanz HdR-E, AktG § 311, Rn. 31). Darunter versteht man i. A. die Inrechnungstellung von Leistungen des herrschenden an das abhängige UN (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.1999, II ZR 312/97, BGHZ 141, S. 79 (85)). Hinzu kommen steuerrechtliche Umlagen zur gleichmäßigen Verteilung des steuerlichen Aufwands bei Organschaften unabhängig vom jeweiligen Steuerschuldner (vgl. zur GewSt BGH, Urteil vom 01.03.1999, II ZR 312/97, BGHZ 141, S. 79 (85)). Ihre Besonderheit liegt darin, dass die Abrechnung nicht isoliert, sondern durch eine zusammengefasste Bewertung verschiedener Einzelposten vorgenommen wird. Hauptanwendungsfälle bilden die verwaltungs- und forschungsbezogenen Leistungen im UN-Verbund (vgl. Wiedemann/Fleischer, JZ 2000, S. 159ff., m. w. N.).
a) Allgemeines
Rn. 60
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Aktienrechtlich ist die Zulässigkeit einer Konzernumlage an dem Grundsatz des Drittvergleichs (vgl. HdR-E, AktG § 311, Rn. 41) zu messen. Es können nur solche Konzernumlagen von dem TU gewährt werden, die auch einem Dritten zugestanden würden. Dies gilt insbesondere für Leistungen, die zu einem entsprechenden Preis auch von einem Dritten hätten erbracht werden können (sog. Assistenzleistungen; vgl. Wiedemann/Strohn, AG 1979, S. 113). Demgegenüber sind Management- und Kontrollleistungen des MU nicht umlagefähig (vgl. Wiedemann/Strohn, AG 1979, S. 113 (116ff.); BeckOGK-AktG (2022), § 311, Rn. 107; HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 86). Es handelt sich insoweit um Kosten, die erst aufgrund der Eingliederung in den Konzern entstehen. Aufgrund ihrer Geltendmachung sind sie kein bloßer Passiveffekt der Eingliederung, der keinen Nachteil darstellen würde. Soweit umlagefähige Kosten vorliegen, sind diese – wie dies auch gegenüber einem Dritten geschehen würde – grds. einzeln abzurechnen. Lediglich in dem Fall, dass auch mit einem Dritten eine Pauschalvergütung vernünftigerweise vereinbart worden wäre, ist auch eine Pauschalierung der Umlage zulässig (vgl. ADS (1997), § 311 AktG, Rn. 48). Ein Umlageschlüssel hat sich daher auch an den konkreten Leistungen an die abhängige Gesellschaft zu orientieren. Ein Gewinn des MU ist bei der Umlage insoweit zulässig, als die in Rechnung gestellten Kosten einem Drittvergleich standhalten (vgl. KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 49).
b) Steuerumlagen
Rn. 61
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Seit das Bestehen einer steuerlichen Organschaft zwingend vom Abschluss eines GAV abhängig gemacht wird (vgl. § 14 Abs. 1 KStG; § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG), ist für eine Anwendung der §§ 311ff. AktG praktisch kein Raum mehr. Inwieweit ein Nachteil i. S. d. § 311 AktG darin zu sehen ist, dass ein Ausgleich für die steuerrechtlich bei dem MU, dem Organträger, als Steuerschuldner anfallende GewSt vorgenommen wird, für die das TU als Organgesellschaft lediglich gemäß § 73 AO haftet, obwohl der Gewinn, auf dem die Steuerbelastung beruht, (teilweise) bei der Organgesellschaft angefallen ist, hat daher allenfalls für Altfälle Bedeutung (vgl. HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 86; KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 50; Habersack, BB 2007, S. 1397; Hüttemann, ZHR 2007, S. 451 (455)).
Der BGH hat insoweit mit überzeugender Begründung anerkannt, dass zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft in Höhe des jeweiligen Anteils an der Steuerschuld ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB besteht (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992, IX ZR 244/91, BGHZ 120, S. 50 (54ff.), m. w. N., auch zu abweichenden Auffassungen); BGH, Urteil vom 01.12.2003, II ZR 202/01, DStR 2003, S. 468f.; Müller, in: FS Beisse (1997), S. 363 (368ff.)). Aufgrund dieses gesetzlichen Ausgleichsanspruchs begründet die Zahlung einer entsprechenden Steuerumlage an den Organträger auch keinen Nachteil i. S. d. § 311 AktG. Es kommt insoweit auch nicht auf einen Drittvergleich an, da es an einem Vergleichsmaßstab mangelt (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.1999, II ZR 312/97, BGHZ 141, S. 79 (84); Wiedemann/Fleischer, JZ 2000, S. 159 (160)).
Rn. 62
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Problematisch ist die Berechnung der zulässigen Höhe der Steuerumlage, also des Anteils der Organgesellschaft an der Steuerschuld. Grds. kommen zwei Methoden in Betracht, die (hypothetische) Belastungsmethode und die Verteilungsmethode (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992, IX ZR 244/91, BGHZ 120, S. 50 (59f.), m. w. N.). Bei ersterer wird die Steuerbelastung der Organgesellschaft berechnet und umgelegt, die ohne die Organschaft entstanden wäre (Stand-alone-Methode), bei der letztgenannten wird die tatsächlich entstandene GewSt auf die verschiedenen Organgesellschaften entsprechend ihrem Gewinnanteil verteilt. Der BGH hat allein die letztgenannte Methode als mit § 311 AktG vereinbar angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.1999, II ZR 312/97, BGHZ 141, S. 79 (85); ebenso KonzernR (2022), § 311 AktG, Rn. 50a; Habersack, BB 2007, S. 1397 (1401ff.); BeckOGK-AktG (2022), § 311, Rn. 108; z. T. a. A. MünchKomm. AktG (2020...