Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Christoph Hell
I. Allgemeines
Rn. 1
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Nach § 2 Abs. 1 WPO haben WP die berufliche Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere solche von JA wirtschaftlicher UN, durchzuführen und BV über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen. Die gesetzlichen Regelungen zum BV sind in § 322 verankert und bilden die Grundlagen des BV sowohl für HGB-JA, IFRS-EA sowie KA nach HGB oder IFRS als auch für ggf. erstellte (Konzern-)Lageberichte (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 1). Des Weiteren wird im IDW-Prüfungsstandard "Bildung eines Prüfungsurteils und Erteilung eines Bestätigungsvermerks" (IDW PS 400 (2021)) nicht nur die Berufsauffassung dargelegt, nach der WP als AP unbeschadet ihrer Eigenverantwortlichkeit Prüfungsurteile zum Abschluss und – sofern einschlägig – zum Lagebericht sowie zu sonstigen Prüfungsgegenständen zu bilden haben, sondern er behandelt zudem Form und Inhalt des BV, der als Ergebnis einer AP erteilt wird, und enthält neben dem Ziel auch Definitionen, Anforderungen, Anwendungshinweise und sonstige Erläuterungen sowie als Anlagen beigefügte Formulierungsbeispiele für BV (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. 1). IDW PS 400 (2021) versteht sich als Rahmenkonzept (RK), das u. a. die Grundlagen für einen BV mit nicht modifiziertem Urteil beinhaltet, und insbesondere durch
- IDW PS 401 (2021): "Mitteilung besonders wichtiger Prüfungssachverhalte im Bestätigungsvermerk",
- IDW PS 405 (2021): "Modifizierungen des Prüfungsurteils im Bestätigungsvermerk" und
- IDW PS 406 (2021): "Hinweise im Bestätigungsvermerk" (Anmerkung: IDW PS 400, 401, 405 und 406 bilden insgesamt die sog. IDW PS 400er-Reihe) sowie
- IDW PS 270 (2021): "Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung" und
- IDW PS 350 (2021): "Prüfung des Lageberichts im Rahmen der Abschlussprüfung"
ergänzt wird, aber auch für IDW PS 480 ((2014); "Prüfung von Abschlüssen, die nach Rechnungslegungsgrundsätzen für einen speziellen Zweck aufgestellt wurden") und IDW PS 490 ((2014); "Prüfung von Finanzaufstellungen und deren Bestandteilen") Geltung hat (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. 2f.; überdies WP-HB (2023), Rn. M 777).
Rn. 1a
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die vom IDW herausgegebenen PS vom AP bei der Bildung von Prüfungsurteilen zu einem HGB-JA, IFRS-EA (i. S. v. § 325 Abs. 2a) und KA sowie ggf. zu einem (Konzern-)Lagebericht und zu sonstigen Prüfungsgegenständen als GoA zwar grds. zu beachten sind, in Ausnahmefällen aber auch davon abgewichen werden kann, wenn nicht sogar abgewichen werden muss (vgl. hierzu ISA [DE] 200 (2020), Rn. 23). Denn in der Praxis können sich Situationen einstellen, die dazu führen, dass der AP i. R.d. zwingend gebotenen Eigenverantwortlichkeit Prüfungsurteile bildet, die zwar den gesetzlichen Vorgaben des § 322 entsprechen, aber von der in den PS dargelegten Berufsauffassung mehr oder minder stark abweichen. Dies ist nicht zu beanstanden, sondern der gebotenen Eigenverantwortlichkeit geschuldet. Das Anfertigen einer aussagefähigen Dokumentation, die einem sachverständigen Dritten nachvollziehbar die Gründe für die gewählte Vorgehensweise darlegt, ist in diesen Fällen nicht nur empfehlenswert, sondern im Gesamtkontext obligatorisch (vgl. zu den Dokumentationsanforderungen ISA [DE] 230 (2020), Rn. 12, A18f.).
Rn. 2
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Mit Verabschiedung des sog. Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. I 1998, S. 786ff.) hat der Gesetzgeber die Regelungen zum BV nach § 322 neu gefasst. Abgesehen von Mindestbestandteilen (sog. Eckdaten), die enthalten sein müssen, ist der BV seither grds. frei zu formulieren (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 2). Das bis zur Verabschiedung des KonTraG vorgeschriebene Formeltestat ist einem deutlich bescheideneren Kernsatz gewichen (vgl. § 322 Abs. 3 Satz 1; BT-Drs. 13/9712, S. 29). In der Praxis ist jedoch festzustellen, dass trotz fehlender gesetzlicher Vorgabe nahezu alle BV im Kern wortgleich, nämlich gemäß den Empfehlungen des IDW PS 400 (2021), formuliert sind (vgl. NK-AP (2022), § 322 HGB, Rn. 4; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 2f.).
Nach den gesetzlichen Regelungen des § 322 muss der BV folgende Mindestinhalte enthalten:
- Schriftliche Zusammenfassung des Ergebnisses der Prüfung in einem BV zum HGB-JA, IFRS-EA (i. S. v. § 325 Abs. 2a) oder KA (vgl. § 322 Abs. 1 Satz 1);
- Beschreibung von Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung sowie Angabe der angewandten RL- und Prüfungsgrundsätze (vgl. § 322 Abs. 1 Satz 2 (1. Halbsatz));
- Beurteilung des Prüfungsergebnisses (vgl. § 322 Abs. 1 Satz 2 (2. Halbsatz));
- Notwendigkeit eines einleitenden Abschn., in dem – entsprechend der bisherigen ganz überwiegenden Praxis – zumindest der Gegenstand der Prüfung beschrieben und die angewandten RL-Grundätze angegeben werden müssen (vgl. § 322 Abs. 1 Satz 3; BT-Drs. 18/4050, S. 77);
- Berichterstattung über das Ergebnis der Prüfung nach § 317 Abs. 3a und Abs....