Thomas Richter, Thomas Richter
Rn. 7
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Treuhandverhältnisse können entweder durch Rechtsgeschäft oder Hoheitsakt begründet werden. Im ersten Fall wird zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder ein Treuhandvertrag abgeschlossen, für den das allg. Vertragsrecht gilt. Für diese Treuhandverträge gibt es viele Spielarten. So kann der Treugeber dem Treuhänder die vollen Eigentumsrechte am Treugut mit der Verpflichtung übertragen, davon nur i. R.d. vertraglich vereinbarten Beziehungen Gebrauch zu machen oder er kann – wie beim Eigentumsvorbehalt – nur einen Teil der Rechtsstellung unter Vorbehalt des anderen Teils übertragen. Bei der Sicherungsübertragung darf der Sicherungsnehmer (Kreditgeber) von seinen Rechten als Treuhänder nur i. R.d. Sicherungszwecks oder mit Zustimmung des Sicherungsgebers (Kreditnehmers) Gebrauch machen.
Eine erschöpfende Systematisierung rechtsgeschäftlicher Treuhandverhältnisse ist nicht möglich, da jeder Treuhandvertrag durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des zugrunde liegenden Einzelfalls bestimmt wird. Generell ist festzulegen, welche wirtschaftlichen Ziele mit der Treuhandschaft verfolgt werden und welche Rechtsstellung der Treuhänder erhalten soll, d. h. ob er z. B. im Außenverhältnis Eigentümer oder nur Verwalter des Treuhandvermögens werden soll und ob er im Innenverhältnis Weisungen des Treugebers oder eines Dritten, z. B. eines Kreditgebers, zu befolgen hat oder seine Entscheidungen nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen treffen kann (vgl. auch IDW (2020), Rn. A 3).
Rn. 8
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Hoheitliche Treuhandverhältnisse werden durch das Gesetz, durch einen Verwaltungsakt oder eine gerichtliche Anordnung begründet. Sie werden gewöhnlich unter dem Oberbegriff "gesetzliche Treuhandverhältnisse" zusammengefasst. Bei diesen gibt es keine vertraglichen Beziehungen zwischen Treugeber und Treuhänder. Letzterer erwirbt kein Eigentum am Treugut, sondern nur eine Verwaltungs- oder Verfügungsberechtigung (vgl. Liebich/Mathews (1983), S. 46).
Allg. können die Aufgaben des gesetzlichen Treuhänders mit Sicherung der unter Kontrolle gestellten Werte bzw. Schutz dieser Werte im Interesse von Personen, die über diese Werte nicht selbst verfügen können, umschrieben werden. Liegt der Schwerpunkt des Zwecks der gesetzlichen Treuhandschaft auf der Überwachung, so darf der Treugeber Rechtshandlungen nur mit der Zustimmung des Treuhänders ausführen. Liegt der Schwerpunkt auf der geschäftsführenden Tätigkeit, so nimmt der Treuhänder die Rechtshandlungen an Stelle des "Betroffenen" vor. Der gesetzliche Treuhänder darf alle Geschäfte abschließen, die eine ordentliche Verwaltung mit sich bringt. Er kann jedoch durch Dienstanweisungen der Aufsicht führenden Behörde oder durch die Bestallungsurkunde in seinen Befugnissen beschränkt werden.
Auch die gesetzlichen Verwalter (z. B. Insolvenzverwalter, Vergleichsverwalter, Abwickler, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker) zählen zu den gesetzlichen Treuhändern (vgl. Palandt (2023), Einführung vor § 164 BGB, Rn. 9). Ihnen stehen zwar die Rechte an den verwalteten VG nicht zu, sie besitzen aber aufgrund gesetzlicher Vorschriften die amtlichen Befugnisse, diese Rechte im eigenen Namen auszuüben.