Thomas Richter, Thomas Richter
Rn. 27
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Verwaltet der Treuhänder Gelder oder Wertpapiere, so bietet sich die Führung von Treuhandkonten an. Besonders wichtig sind Treuhandkonten, wenn der Treuhänder von mehreren Treugebern beauftragt wird, für sie die gesamten zur Realisierung und Finanzierung bestimmter Vorhaben erforderlichen Zahlungen durchzuführen (z. B. bei Bauherrenmodellen). Je nach rechtlicher Ausgestaltung können verdeckte und offene Treuhandkonten sowie Anderkonten unterschieden werden.
aa) Verdeckte Treuhandkonten
Rn. 28
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Wird bei der Eröffnung des Treuhandkontos das Treuhandverhältnis nicht nach außen offenkundig, so handelt es sich um ein verdecktes Treuhandkonto. Treuhandkonten dieser Art werden als reine Privatkonten des Errichters betrachtet. Mit der Qualifizierung als Privatkonto verliert der Treugeber wichtige Rechte, um sein Treugut zu schützen. Die Bank behält in diesem Fall das Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht sowie das Pfandrecht (vgl. Canaris, NJW 1973, S. 825). Der Ausschluss der Rechte nach den AGB der Banken kann auch durch Offenlegung des Treuhandverhältnisses nicht mehr erreicht werden, sofern dies erst kurz vor dem Wirksamwerden der einzelnen Rechte geschieht (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 14.07.1982, 12 O 95/82 (nicht rechtskräftig), DB 1982, S. 2181f.). Damit dem Treuhänder kein Verstoß gegen das Gebot, Treuhandvermögen nicht mit eigenem Vermögen zu vermischen, nachgewiesen werden kann, ist es wichtig, die Berechtigung zur Eröffnung eines verdeckten Treuhandkontos vertraglich zu verankern. Eröffnet ein Treuhänder ohne ausdrücklichen Auftrag ein verdecktes Treuhandkonto, verletzt er seine Verpflichtungen, weil er in ungetreuer Weise über das Treugut verfügt. Dabei handelt es sich nach Ansicht des BGH nicht nur um eine formelle Ordnungswidrigkeit, sondern um eine Verletzung der materiellen Pflichten des Treuhänders (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1955, III ZR 203/53, NJW 1955, S. 986ff.).
bb) Offene Treuhandkonten
Rn. 29
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Im Gegensatz zu verdeckten Treuhandkonten wird bei offenen Treuhandkonten der Treuhandcharakter des Kontos vom Treuhänder gegenüber dem Kreditinstitut offengelegt. Dabei reicht es aus, wenn mit der Bank eine besondere Zweckbindung für das Konto vereinbart wird (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.1979, VIII ZR 96/78, DB 1979, S. 1353f.). Die Klarstellung des Treuhandverhältnisses ist besonders wichtig, da die Bank nur in diesem Fall auf ihre Aufrechnungsrechte sowie auf Pfand- und Zurückbehaltungsrechte verzichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.1973, II ZR 104/71, DB 1973, S. 2041f.). Die Einschränkung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Treugebers über das Treugut hängt von der Art der Übertragung ab. Liegt nur eine Ermächtigungstreuhand vor, kann der Treugeber grds. jederzeit den Widerruf aussprechen, während er bei der Vollrechtstreuhand lediglich einen Anspruch auf Rückübertragung hat, den er u. U. sogar im Klageweg durchsetzen muss (vgl. Canaris, NJW 1973, S. 825 (830)). Kontrastierend zu Anderkonten können Treuhandkonten von jedermann eingerichtet werden. Da für Treuhandkonten die Anderkonten-AGB nur in Sonderfällen Gültigkeit haben, sind hier weitgehende vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten offen (z. B. schließen Mineralölgesellschaften mit ihren Tankstellenpächtern oft besonders gestaltete Treuhandverträge für die Einrichtung von Tankstellenkonten; vgl. Aepfelbach, BI 1984, Heft 8, S. 14ff.).
cc) Anderkonten
Rn. 30
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Anderkonten dürfen nur von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen eröffnet werden. Hierzu zählen RA, Notare, WP, StB und Steuerbevollmächtigte sowie WPG und Steuerberatungsgesellschaften. Diese Berufsgruppen wurden noch um Patentanwälte (vgl. Schebesta, BI 1979, Heft 2, S. 32ff.) und um Rechtsbeistände (vgl. Schebesta, BI 1984, Heft 5, S. 54f.), die eine Mitgliedschaft in einer RA-Kammer erworben haben, erweitert. Einzelheiten über die Bedingungen zur Eröffnung dieser Konten sind für die einzelnen Berufsgruppen jeweils gesondert in den AGB der Banken enthalten. Bei Angehörigen der genannten Berufsgruppen wird unterstellt, dass ihre berufliche und persönliche Qualifikation sowie die Standes- und Berufsaufsicht durch die einzelnen Kammern einen Missbrauch der Treuhänderstellung ausschließen (vgl. Mathews (1978), S. 23). Eine Minderung der AGB ist nicht zulässig, so dass die Treuhänder sowie das jeweilige Kreditinstitut an die Bedingungen gebunden sind.