Dr. Raphael Eichenlaub, Prof. Dr. Claus-Peter Weber
Rn. 1
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
§ 258 entspricht dem früheren § 45 (i. d. F. vom 10.05.1897 (RGBl. 1897, S. 229)), der im Zuge des sog. Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.) in den Dritten Unterabschnitt "Aufbewahrung und Vorlage" integriert wurde. Dabei ist lediglich die Überschrift ergänzt worden, weshalb der Gesetzeswortlaut seit 1897 unverändert fortbesteht. § 258 Abs. 1 geht ursprünglich auf den inhaltlich ähnlichen Art. 37 Satz 1 ADHGB 1869 zurück.
Rn. 2
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
§ 258 regelt in Abs. 1 die Vorlage der Handelsbücher in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Die Vorlage kann "auf Antrag oder von Amts wegen" seitens des Gerichts angeordnet werden. Unter bürgerliche Rechtsstreitigkeiten sind nicht nur Rechtsstreitigkeiten in Handelssachen zu subsumieren, sondern u. a. auch solche vor Arbeits- und Schiedsgerichten (vgl. ausführlich HdR-E, HGB § 258, Rn. 5). Die Vorschrift begründet eine eigenständige zivilprozessuale (erleichterte) Vorlagepflicht, die über die Angaben der allg. Vorschriften der ZPO z. T. hinausgeht bzw. diese ergänzt (vgl. ADS (1995), § 258, Rn. 1). Gemäß § 258 Abs. 2 bleiben die Vorschriften der ZPO davon unberührt.
Ratio legis dieser Sonderregelung ist die nicht ausreichende Möglichkeit des Prozessrechts, Handelsbücher einer Partei als Beweismittel zu verwenden (vgl. ADS (1995), § 258, Rn. 1).
Rn. 3
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
§ 258 ist unmittelbar mit der Buchführungspflicht, der Führung der Handelsbücher sowie der Aufbewahrung von Unterlagen verbunden (vgl. §§ 238, 239, 257). Grds. Voraussetzung ist demgemäß, dass eine Pflicht zur Führung von Handelsbüchern besteht. Dementsprechend muss es sich um einen Kaufmann i. S. d. §§ 1ff. handeln (vgl. ausführlich hierzu HdR-E, HGB § 238, Rn. 4). Kann der Kaufmann die mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009 (BGBl. I 2009, S. 1102ff.) neu eingefügte größenabhängige Befreiung gemäß § 241a in Anspruch nehmen und entscheidet sich dieser tatsächlich dafür, keine Handelsbücher zu führen (vgl. HdR-E, HGB § 241a, Rn. 13), so kann er auch nicht zur Vorlage verpflichtet werden.
Weiter ist § 258 im Zusammenhang mit den §§ 259f. zu sehen, die jeweils den Umfang der Vorlage bestimmen (vgl. HdR-E, HGB § 259, Rn. 1ff.; HdR-E, HGB § 260, Rn. 1ff.). Die Vorlage von Unterlagen auf Bild- oder Datenträgern wird in § 261 geregelt (vgl. HdR-E, HGB § 261, Rn. 1ff.). Darüber hinaus steht die Vorschrift des § 258 im Kontext mit den zivilprozessualen Vorgaben (insbesondere der §§ 422f. ZPO). Auf die entsprechenden Vorschriften das Tagebuch eines Handelsmaklers betreffend (vgl. §§ 100ff.) sei an dieser Stelle lediglich hingewiesen.