Dr. Matthias Heiden, Dr. Christian F. Bosse
Rn. 1
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Formell entstanden durch die Einfügung des Abs. 2 blieb Abs. 1 inhaltlich unverändert und entsprach wörtlich den Formulierungen in § 82 AktG 1937 (vgl. schon Schmidt (1939), § 82 AktG) und § 91 AktG 1965. Es handelt sich um eine der ältesten Vorstandspflichten, da sie wortlautgleich bereits in Art. 239 Abs. 1 Satz 1 ADHGB 1861 enthalten war (vgl. BeckOGK-AktG (2023), § 91, Rn. 2).
Demgegenüber wurde mit Abs. 2 eine Verpflichtung zur Einrichtung eines Risikofrühwarnsystems durch Art. 1 Nr. 9 des sog. Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. I 1998, S. 786ff.) neu eingeführt. Hierdurch wurde § 91 AktG gleichsam in der Überschrift geändert und um den Zusatz "Organisation" ergänzt, welche mit Einführung des Abs. 3 unverändert geblieben ist.
Rn. 2
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Im Abschlussbericht einer interministeriellen Arbeitsgruppe vom 08.09.1995 war die neu eingefügte Vorschrift zur Risikofrüherkennung zunächst als neuer § 264 Abs. 7 vorgesehen. Dies hätte eine gesellschaftsrechtliche Thematik in Form einer Geschäftsführungspflicht zur internen UN-Organisation im Bilanzrecht platziert. Der Entwurf fand dann inhaltlich Eingang in die Verhandlungen der Koalitionsarbeitsgruppe "Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich/Banken". Diesbezügliche Formulierungen wurden im RefE zum KonTraG vom 22.11.1996 in § 93 Abs. 1 AktG eingestellt, ehe der RegE zum KonTraG eine deutlich verkürzte Formulierung zur Aufnahme in den § 91 Abs. 2 AktG vorsah (vgl. ausführlich Seibert, in: FS Bezzenberger (2000), S. 427ff.). Der neu geschaffene Abs. 2 gilt seit Inkrafttreten des Gesetzes am 01.05.1998 (vgl. HdR-E, AktG § 91, Rn. 60).
Rn. 2a
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§ 91 AktG wurde am 01.07.2021 durch das Inkrafttreten des sog. Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) vom 03.06.2021 (BGBl. I 2021, S. 1534ff.) um einen dritten Abs. erweitert (vgl. HdR-E, AktG § 91, Rn. 145ff.). Das FISG – auch als "Lex Wirecard" bezeichnet – sieht u. a. eine Stärkung der UN-internen Kontrollsysteme und Verantwortungsstrukturen vor, weshalb der Vorstand nunmehr die Pflicht hat, ein "im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit und die Risikolage des Unternehmens angemessenes und wirksames internes Kontrollsystem und Risikomanagementsystem einzurichten."
Rn. 2b
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Auch wenn die Vorschrift des Abs. 3 im Vergleich zum bisherigen Aktienrecht eine Neuerung darstellt, ergeben sich hieraus für die Praxis keine wesentlichen Änderungen. Nach h.M war die Einrichtung entsprechender IKS und Risikomanagementsysteme auch bisher zur Erfüllung der Organisationspflichten des Vorstands erforderlich. Da auch der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) unterstellt, dass der sachgerechte Umgang mit Risiken diese Systeme voraussetzt, verfügen AG, KGaA bzw. SE i. d. R. über diese (vgl. Johannsen-Roth/Kiessling/Raapke, DB 2021, Beilage Nr. 3 zu Heft 51–52, S. 15).
Rn. 3
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Während sich mit Blick auf Abs. 1 eine entsprechende Norm explizit in § 41 GmbHG (vgl. ausführlich Lutter/Hommelhoff (2023), § 41 GmbHG, Rn. 1ff.; Scholz-GmbHG (2021), § 41) findet, wurde auf die Aufnahme einer analogen Norm zu Abs. 2 in das textuell schlank zu haltende GmbHG verzichtet (vgl. Seibert, in: FS Bezzenberger (2000), S. 427 (432)). Dies hat sich mit der Einführung von Abs. 3 nicht geändert.