Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 674
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Aufgrund des Gebots der "vernünftigen kaufmännischen Beurteilung" (§ 253 Abs. 1 Satz 2) müssen voraussichtliche künftige Anhebungen der Versorgung für Versorgungsanwartschaften und vermutliche künftige Erhöhungen laufender Rentenzahlungen realitätsnah abgeschätzt werden. Derartige Anhebungen können sich aus Lohn- und Gehaltssteigerungen ergeben, wenn die Versorgungsanwartschaft an diese Größen gebunden ist. Die laufenden Rentenzahlungen können der Anpassungsprüfungspflicht des § 16 Abs. 1f. BetrAVG unterliegen, wonach die gezahlten Renten alle drei Jahre auf die Möglichkeit einer Anhebung in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verbraucherindexes oder der Nettolohnentwicklung anzupassen sind, wenn die wirtschaftliche Lage des UN dies zulässt.
Die Literatur geht einhellig davon aus, dass bei der Bewertung der Versorgungsverpflichtungen die voraussichtlichen künftigen Erhöhungen der Versorgungslasten bereits am BilSt durch Trendannahmen zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu Lucius BetrAV 2009, S. 520 (520); Höfer/Rhiel/Veit, DB 2009, S. 1605 (1607); Schu, BetrAV 2009, S. 190 (194); Thaut, WPg 2009, 723 (723); Herzig, BetrAV 2009, S. 289 (297); Hasenburg/Hausen, DB 2009, Beilage Nr. 5 zu Heft 23, S. 38 (38); Lüdenbach/Hoffmann, StuB 2009, S. 287 (287); Meier, BB 2009, S. 998 (999)).
Allerdings ist das Ausmaß der voraussichtlichen künftigen Anhebungen der Versorgungszahlungen nur dann bei der Bewertung der Versorgungsverpflichtungen zu beachten, wenn auch davon ausgegangen werden muss, dass diese Einflussgrößen greifen können. Sie sind aber nicht relevant, wenn z. B. Kap.-Zusagen auf einen festen Euro-Betrag lauten, denn dann kann sich weder eine künftige Gehaltssteigerung auf die Höhe der Versorgungsanwartschaft auswirken noch ist die Anpassungsprüfungspflicht aus § 16 Abs. 1f. BetrAVG einschlägig.
Rn. 675
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Die Trendannahmen werden häufig aus den Erfahrungen der Vergangenheit abgeleitet. Dabei ist es regelmäßig zweckmäßig, sie aus einem Mehrjahresdurchschnitt zu ermitteln. Es bietet sich an, bei der Durchschnittsbildung auf den Zehn- bzw. Siebenjahreszeitraum abzustellen, den der Gesetzgeber auch für die Festlegung des Abzinsungszinssatzes heranzieht (vgl. § 253 Abs. 2 Satz 1). Dies gilt sowohl für Gehalts- als auch für Indexsteigerungen i. S. d. § 16 Abs. 2 BetrAVG.
Ebenfalls wird man häufig den sog. Karrieretrend berücksichtigen müssen, also die Tatsache, dass AN wegen beruflichen Aufstiegs ein höheres Versorgungsniveau erreichen können.