Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Michael Olbrich
Rn. 63
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Verbindlichkeiten sind mit ihrem Erfüllungsbetrag zu passivieren. Eine Abzinsung der Verbindlichkeiten oder die Bildung eines aktiven RAP ist in der HB grds. nicht zulässig (Ausnahme: Rentenverpflichtungen). Der mit dem Zinsvorteil verbundene Erfolgsbeitrag darf nicht vorzeitig vereinnahmt werden (gemäß Realisationsprinzip; vgl. ebenso BFH, Urteil vom 30.11.2005, I R 1/05, DB 2006, S. 871 (871)). Eine Un- bzw. Unterverzinslichkeit kann aber auch darin begründet sein, dass ein Disagio vereinbart wurde und der Erfüllungsbetrag der Verbindlichkeit daher den entsprechenden Ausgabebetrag übersteigt. Der so entstandene Unterschiedsbetrag darf in einen aktiven RAP aufgenommen werden, der dann planmäßig über die Laufzeit der Verbindlichkeit zu verteilen ist (vgl. § 250 Abs. 3). Alternativ kann der Unterschiedsbetrag aber auch direkt aufwandswirksam als Zinsaufwand erfasst werden.
Rn. 64
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bei längerfristigen, nominell unverzinslichen Kaufpreisverbindlichkeiten ist im Nominalwert häufig ein verdeckter Zinsanteil enthalten. Der Kaufpreis wäre bei sofortiger Zahlung im Regelfall niedriger gewesen, weshalb eine höhere längerfristige Verbindlichkeit nicht zinslos erscheint. Der erworbene VG ist demzufolge lediglich mit dem Barwert der Kaufpreisschuld (zzgl. evtl. anfallender Anschaffungsnebenkosten) zu aktivieren. Hinsichtlich der Bilanzierung der Verbindlichkeit wird vorgeschlagen, diese mit dem Nennbetrag, d. h. nicht um den Zinsanteil gekürzt, zu passivieren und den Zinsanteil wie ein Disagio zu behandeln (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 82; Knobbe-Keuk (1993), S. 233). Damit bestünde jedoch in der HB auch die Möglichkeit einer sofortigen Aufwandsverrechnung des Unterschiedsbetrags, da gemäß § 250 Abs. 3 für ein Disagio ein Aktivierungswahlrecht gilt. Eine sofortige Aufwandsverrechnung hätte zur Folge, dass während der übrigen Laufzeit kein Zinsaufwand verrechnet werden kann. Daher erscheint es angebracht, die Verbindlichkeit zum Barwert anzusetzen. Der jeweils noch auf die künftigen Perioden entfallende Zinsanteil darf als Verpflichtung i. R.e. schwebenden Kreditgeschäfts nicht passiviert werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 66).
Die Verbindlichkeit mit dem jeweiligen Barwert anzusetzen heißt, sie während der Laufzeit sukzessive bis zum Nennbetrag aufzuzinsen (vgl. auch Groh, BB 1988, S. 30f., der ebenfalls den Barwertansatz befürwortet, sowie Clemm, in: StbJb (1987/88), S. 67 (73ff.) und Döllerer, BB 1987, Beilage Nr. 12 zu Heft 16, S. 1 (10f.), die sowohl den Barwert- als auch den Nominalwertansatz mit aktivischer Abgrenzung für zulässig erachten).
Rn. 65
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Der für die Barwertberechnungen relevante Zinssatz sollte unter Berücksichtiung der tatsächlichen Verhältnisse im Entstehungszeitpunkt der Schuld sowie unter Beachtung von Fristigkeit und Bonität des Schuldners bestimmt werden (vgl. Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 29). § 253 Abs. 2 ist zwar für die Abzinsung zuvor genannter Verbindlichkeiten nicht einschlägig. Die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten durchschnittlichen Marktzinssätze der vergangenen sieben Jahre können aus Vereinfachungsgründen aber herangezogen werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 66).
Rn. 66
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Auch im Falle des Ratenkaufs ist, wenn keine Zinszahlungen vereinbart sind, i. d. R. davon auszugehen, dass die Raten einen verdeckten Zinsanteil enthalten. Der erworbene VG ist folglich mit dem Barwert aller Ratenzahlungen zum Zeitpunkt des Erwerbs (zzgl. etwaiger Anschaffungsnebenkosten) anzusetzen. Die Verbindlichkeit sollte während der Laufzeit mit dem Barwert der jeweils noch ausstehenden Raten passiviert werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 67). Die in den einzelnen Jahren bezahlten Kaufpreisraten enthalten damit sowohl erfolgsneutrale Tilgungs- als auch erfolgswirksame Zinsbestandteile. Der Auffassung, dass auch eine unabgezinste Passivierung der Verbindlichkeit bei gleichzeitiger Einbuchung eines aktiven RAP zulässig sein soll (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 83), kann hingegen nicht gefolgt werden, da in diesem Fall ein Verstoß gegen § 253 Abs. 2 Satz 3 gegeben wäre (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 67).
Rn. 67
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Bei Zero-Bonds, d. h. bei Anleihen, für die keine laufenden Zinszahlungen vereinbart werden, drückt sich die Verzinsung durch einen gegenüber dem Ausgabe- bzw. Emissionsbetrag deutlich höheren Rücknahmebetrag am Ende der Laufzeit aus. Eine Bilanzierung der Zero-Bonds zum späteren Rücknahmebetrag (Bruttomethode) würde demnach zu einer Passivierung der gesamten Zinsschuld für die zukünftige Laufzeit zum Zugangszeitpunkt der Schuld führen. Deshalb ist die Bruttomethode abzulehnen. Die Zinsverpflichtung des Emittenten entsteht erst durch die Kap.-Nutzung. Da der auf das einzelne "Geschäftsjahr entfallende Zinsbetrag nicht ausgezahlt, sondern dem Emittenten sozusagen als zusätzl...