Rn. 54

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Wenn von der Fortführung der UN-Tätigkeit nicht mehr ausgegangen werden kann, muss dies gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 bei der Bewertung berücksichtigt werden. § 252 Abs. 1 Nr. 2 regelt allerdings nicht, wie dann genau bei der Bewertung zu verfahren ist. Weil sich § 252 Abs. 1 nicht konsequent auf die Bewertung beschränkt, sondern auch Fragen des Bilanzansatzes berührt (vgl. HdR-E, HGB § 252, Rn. 3, 11), lässt sich zudem nicht ausschließen, dass ein Wegfall der Annahme über die UN-Fortführung auch beim Bilanzansatz zu berücksichtigen ist. Rückwirkungen, z. B. auf den Ansatz von bestimmten Entwicklungsaufwendungen nach § 248 oder aktiven latenten Steuern nach § 274, wären eine mögliche Folge.

 

Rn. 55

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Die Aufgabe der Going Concern-Prämisse bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass von der Fortführung des regulären Geschäftsbetriebs nicht mehr ausgegangen werden kann. Inwieweit sich dies auf die Bewertung auswirken kann und ggf. auswirken muss, hängt i.W. davon ab,

(1) was nach kaufmännisch vernünftiger Beurteilung an deren Stelle tritt,
(2) mit welchem Zeithorizont für die Alternative zu rechnen ist und
(3) wie weit dieser Zeithorizont innerhalb des bei Going Concern-Bewertung angenommenen Zeitablaufs liegt.

Zu (1): An die Stelle der uneingeschränkten Fortführung des Geschäftsbetriebs im UN können typischerweise treten:

  • Fortsetzung der Nutzung bzw. Verwertung von Vermögen sowie Erfüllung der Verpflichtungen, bis die vorhandenen Vermögensbestände abgebaut sind. Es findet in diesem Fall keine Reinvestition statt. Damit erfolgt eine auslaufende Produktion bzw. Leistungserstellung, evtl. auch nur eine auslaufende Leistungsverwertung nach den bisherigen Grundprinzipien des Geschäftsbetriebs (= Abwicklung im betriebswirtschaftlichen Sinn);
  • Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben als Ganzes gegen einen Gesamtverkaufspreis (= Teil- oder Gesamtveräußerung);
  • Einzelveräußerung der VG durch eine außerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs liegende Aktion (= Zerschlagung).

Für die Bewertung in der Bilanz des UN muss eine Annahme darüber getroffen werden, mit welcher Verwertungsalternative zu rechnen ist. Dabei sind Kombinationen aus der Sicht des Gesamtvermögens nicht ausgeschlossen. Im Zweifel ist mit Bezug auf das allg. Vorsichtsprinzip von der Alternative auszugehen, welche die niedrigeren Vermögenswerte zur Folge hat. Dabei sind alle Argumente zu berücksichtigen, die für und gegen die Verwirklichung der Alternativen sprechen. Je nach Vermögensverwertungsalternative ist auch die Existenz von Spezialregelungen zu beachten. So ist z. B. für den Fall der Abwicklung/Liquidation von KapG § 270 Abs. 1f. AktG sowie § 71 Abs. 1f. GmbHG anzuwenden (vgl. hierzu weitergehend Beck HB-S (2021), Kap. T, Rn. 145ff.).

Zu (2): Mit der Annahme über die Art der alternativ zum laufenden Geschäftsbetrieb zu vollziehenden Vermögensverwertung ist festzulegen, über welchen Zeitraum sich diese Verwertung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung voraussichtlich erstrecken wird. Es erscheint durchaus möglich, dass sich für einzelne VG oder Vermögensgruppen unterschiedliche Zeiten ergeben. Dies dürfte bei nebeneinander verwirklichten Alternativen die Regel sein.

Zu (3): Bewertungskonsequenzen treten überhaupt nur dann auf, wenn die Verwertungsalternativen in einem Zeitraum verwirklicht werden sollen, der die bei der Going Concern-Bewertung zugrunde gelegte Zeit unterschreitet. Das bedeutet, dass bei den VG und Verpflichtungen, die im laufenden Geschäftsbetrieb verwertet bzw. erfüllt werden (= Abwicklung im betriebswirtschaftlichen Sinn), durch die Aufgabe der Going Concern-Prämisse keine unmittelbare Bewertungsänderung eintritt. Nur bei den VG und Verpflichtungen, deren Nutzung, Verwertung bzw. Erfüllung sich im laufenden Geschäftsbetrieb über einen längeren Zeitraum erstrecken würde, als er für die Verwirklichung der Verwertungsalternative zur Verfügung steht, kommen Bewertungsänderungen in Betracht. Solche Änderungen erstrecken sich zunächst nur auf die Verkürzung der betreffenden Zeitspanne mit der Folge z. B. verkürzter Abschreibungsdauern oder verminderter Zeitspannen bei der Barwertberechnung i. R.d. Folgebewertung (vgl. § 253).

Das Unterschreiten der bei laufendem Geschäftsbetrieb verfügbaren Zeit durch die alternativen Maßnahmen ist regelmäßig auch mit einer veränderten Form der Verwertung von Vermögen verbunden, sei es, dass anstelle der Nutzung eine Teilveräußerung oder Zerschlagung stattfindet. Bei der Teilveräußerung erscheint es geboten, die VG und Verpflichtungen des UN ungeachtet ihrer Zuordnung zu Bilanzpositionen zusammenzufassen und zusammen zu bewerten, soweit sie zu dem betreffenden Teilbetrieb gehören. Jedenfalls entspräche dies eher den tatsächlichen Verhältnissen als eine fortgeführte Einzelbewertung. Der in der Bilanz angesetzte Gesamtwert des als Ganzes zu verkaufenden Betriebs oder Teilbetriebs dürfte – unter Beachtung des Anschaffungswertprinzips wegen bisher n...

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